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      „Sag mir den Namen, und ich arrangiere es für dich.“

      „Du alte Kupplerin“, sagte Heidi lachend, „glaubst du wirklich, dass es einen Sinn hat?“

      Veronika nickte. „Und ob es Sinn hat. Ich werde es für dich herausfinden. Sag mir den Namen!“

      Heidi zögerte noch, doch dann schrieb sie Veronika den Namen auf: Dr. Hans Berring.

      „Dr. Berring?“, fragte Veronika überrascht. „Und sagtest du nicht, der Wagen hätte ein Kölner Kennzeichen gehabt?“

      Heidi nickte. „Wieso? Warum siehst du mich so an?“

      „Ich glaube, ich kenne deinen Dr. Berring, zumindest habe ich von ihm gehört. Oberarzt Dr. Hans Berring von der Universitätsklinik.“

      „Ja, ich glaube, das stimmt. So etwas stand unter dem Bild.“

      Veronika lachte. „Dein Dr. Berring und mein Walterchen, die sitzen vermutlich morgen zusammen und reden über irgendein Medikament, das sie gemeinsam ausprobieren wollen. Jedenfalls habe ich so etwas gehört. Und der Name Dr. Hans Berring ist da mehrmals vorgekommen. Außerdem war er aufgeschrieben mit der ganzen Adresse auf Walters Block.“

      „Das gibt es nicht. Das kann doch nicht wahr sein. Das würde ja bedeuten, dass Dieter ...“ Heidi sprach es nicht aus.

      Veronika nickte. „Ja, das bedeutet es. Er ist doch auch dabei heute?“

      „Wenn ich das so genau wüsste. Er hat gesagt, er hätte eine Dienstreise.“

      „Ich kann Walter ja fragen, ob er mitfährt. Jedenfalls ganz gleich, ob er mitfährt oder nicht, Tatsache ist, dass es zwar völlig unmöglich klingt, aber offensichtlich wahr ist: Dein Geliebter und dein Mann werden künftig gemeinsam arbeiten, ohne voneinander zu wissen, welche Rolle sie in deinem Leben spielen. Ist das nicht phantastisch?“

      „Es ist nur eine Frage der Zeit, wann alles herauskommen wird.“

      „Herauskommen wird? Du tust ja gerade so, als hättest du eine Straftat begangen. Du liebst einen Menschen, und er liebt dich. Was ist daran verbrecherisch? Wie kann Liebe ein Verbrechen sein?“

      „Mein Mann ist Dieter und nicht Hans.“

      Veronika schüttelte den Kopf. „Du hast nur ein Leben, ein einziges Leben. Es kann lang, es kann kurz sein. Aber keiner weiß, wann es zu Ende ist. Ich weiß nicht, ob man die Zeit, das einzige, was unwiederbringlich ist, einfach vergeuden sollte. Du hast erkannt, dass du ihn mehr liebst als deinen Mann.“

      „Ich weiß es eben nicht. Du, Veronika, es ist ganz eigenartig. Es hat mich erfasst wie ein Bazillus, wie eine Krankheit, gegen die ich machtlos bin. Oder könnte es so etwas wie Hypnose sein?“

      „Ach, Unsinn“, widersprach Veronika. „Ich sagte dir, es ist mir mit Walters Sohn genauso gegangen. Jens und ich, wir haben uns gesehen und waren einander verfallen. Wenn es so ist, wie es bei uns war, kommst du nie mehr von ihm los und er nicht mehr von dir. Es ist das seltene Glück der sogenannten großen Liebe. Das ist wie ein Erdbeben, es ist ein Naturereignis. Es kann natürlich eine Katastrophe sein. Wir haben uns bemüht, daraus keine Katastrophe zu machen. Es wäre eine geworden, und es würde auch eine, wenn ich mich von Walter trennte. Walter und ich, das sagte ich dir schon, haben ein Abkommen miteinander, und wir leben gut damit. Nach außen sind wir ein Ehepaar. Er liebt es, mich vorzuzeigen. Noch sehe ich einigermaßen gut aus. Eines Tages werde ich auch kein Ausstellungsstück mehr für ihn sein. Aber er ist viel älter als ich. Meine Mutter hatte mich damals gewarnt. Sie sagte: ,Er ist einfach zu alt.' Und sie hatte recht.“

      „Bei mir ist das alles ganz anders mit Dieter. Ich komme mir wie eine Verräterin vor.“

      „Du kannst nicht gegen dich selbst an. Gegen deine Gefühle bist du machtlos.“

      „Ich kann mich aber zusammennehmen, und ich versuche es, aber es gelingt mir nicht. Ich gebe mir Mühe, so zu sein wie immer. Aber ich habe das Gefühl, dass es nichts weiter als eine Maske ist.“

      „Lass etwas Zeit vergehen! Wenn es sich nicht ändert, dann musst du ihn wiedersehen. Und ich werde dir dabei helfen. Ich bin deine Freundin. Ich sehe nicht zu, wie du hier verkümmerst. Ich sehe dir an, dass es so ist. Du leidest furchtbar darunter.“

      „Ja, das tue ich. Vielleicht wäre alles ganz anders, hätten wir uns länger, viel intensiver gekannt. Vielleicht wären mir mittlerweile Fehler von ihm ...“

      Veronika schüttelte ungläubig den Kopf. „Das genau habe ich auch gedacht. Aber so ist es nicht, ganz und gar nicht. Du wirst sehen. Warte ein paar Tage. Dann reden wir noch einmal darüber. Am besten wäre, du würdest wegfahren. Irgendeine Fahrt machen, wie du nach Salzburg gefahren bist. Fahr einfach irgendwohin! Sag Dieter, dass du Kostüme vorführen müsstest. Vielleicht helf ich dir. Mir fällt da etwas ein. Ich habe einen guten Kunden in Zürich. Wenn ich mit ihm spreche, könntest du ihn tatsächlich mal einige deiner Entwürfe zeigen. Falls es ihn interessiert, hätten wir das Angenehme mit dem Nützlichen verbunden.“

      „Ach, ich weiß nicht. Es war letztens schon so ein fürchterliches Durcheinander bei uns. Dann zwinge ich ihn ja gerade dazu, sich gehenzulassen, und er glaubt dann ...“

      „Ja, er glaubt, dass du ihm untreu werden könntest. Mach dir keine Sorgen! Du musst ganz einfach mal weg von ihm. Diese Heuchelei steht dir nicht. Früher oder später verrätst du dich, wenn er’s nicht jetzt schon gemerkt hat.“

      „Das ist ja meine Angst, dass er es gemerkt hat. Ich träume von einem Phantom, einem Mann, von dem wir beide jetzt den Namen kennen, wir sogar wissen, wo er ist, aber niemand kann uns sagen, ob er je frei sein wird. Und ich kann nicht frei sein. Dieter ist mein Mann. Ich hätte nicht den geringsten Grund, mich von ihm scheiden zu lassen. Abgesehen davon, es sind immerhin vier glückliche Jahre gewesen, und sechs, die wir uns kennen.“

      „Alles hat einmal ein Ende. Das Bessere ist der Feind des Guten.“

      „So kannst du doch nicht von einer Ehe reden, Veronika. Du hast da freie Ansichten. Ich weiß. Aber ich bin da furchtbar altmodisch.“

      „Und du liebst einen Mann, von dem du weißt, dass du ihn nie vergessen wirst. Der Mensch soll nicht Illusionen nachhängen. Die Wirklichkeit zählt. Du kannst das verwirklichen. Du kannst dein Glück packen. Fahr erst einmal nach Zürich! Ich werde das arrangieren. Vielleicht regelt sich vieles von selbst, bis du wieder da bist, und du kommst womöglich mit dir selbst ins Reine. Die Sache flaut ab, und du findest auch von innen her wieder zu Dieter zurück.“

      „Ich wünschte, ich könnte es.“

      11

      „Das ist Herr Dr. Gstaad aus Frankfurt“, sagte die Sekretärin zu Dr. Berring und wies auf einen korpulenten, kahlköpfigen Mann, der durch die starken Gläser seiner dunklen Brille Dr. Berring musterte. Hans begrüßte seinen Besuch aus Frankfurt, nickte dann der Sekretärin zu und sagte: „Herzlichen Dank. Ich werde mich um meinen Besuch kümmern.“ Dann begrüßten sich Dr. Gstaad und Dr. Berring im großen Foyer der chirurgischen Klinik.

      Die Sekretärin wandte sich noch einmal Dr. Berring zu und sagte: „Der Chef hat das Besucherzimmer für Sie beide freimachen lassen, und Sie können ja, wenn Sie wünschen, auch noch die anderen Herren hinzurufen.“

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