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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347036659
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
„Du willst meinen Hengst zum Decken?“ Ancus lachte ob der direkten Art der Frau, dachte kurz nach und entschloss sich auf Zeit zu spielen.
„Deckt dein Hengst vier meiner Stuten, gehört das beste Ergebnis dir oder du bekommst vier Tiere deiner Wahl dafür… Was hältst du davon?“ Das Weib ließ nicht locker. Sie wusste, was sie wollte und knauserte nicht mit einem Angebot, denn sie erkannte die Pracht seines Hengstes schon auf deren ersten Blick.
„Das sind großzügige Angebote…“ lenkte Ancus ein und grinste Mamercus an. In seinem Inneren wusste er bereits, dass er mit dieser Züchterin ins Reine kommen würde. Das Gespräch zwischen dem Weib und ihm entwickelte sich zwar in eine merkwürdige Richtung, doch die Art ihres Verhaltens sagte ihm zu.
Noch die Antwort vermeidend, ging er zu einem Angriff über. „Was hältst du davon, mir deine Ställe, dein Futter, deine Weiden und deine Stallburschen zu zeigen…“ Ancus Seronatus begann sein Spiel.
„Ich habe auch Stallmädchen…“ grinste sie die beiden Römer an. „Doch solltet ihr nicht denken, dass diese Freiwild wären… Wer sich dort nähert, muss um sein Prachtstück fürchten… Ich bin Manns genug, mir solchen Körperteil zu holen, sollte es nötig werden…“ Die Frau grinste unverhohlen und in ihrem Blick lag Wahrheit.
Der Fürst der Treverer wurde von diesem Augenblick an unwichtig, zumal Ancus, in der Frau, die Schwester des Fürst und somit Tutors Mutter erkannte. „Also, zuerst die Ställe!“ entschied er und wandte sich an Albanus Betto: „Ich fürchte, der Rest des Tages vergeht unter Pferden… Es wird dich sicher ermüden und du hast, wie du sagtest, andere Sorgen… Mein Dank für deine Freundlichkeit sei dir gewiss…“
„Pahhh Freundlichkeit!“ warf die Frau zwischen Ancus höflich eingeleiteten Abschied des Fürst der Treverer. „Mein Bruder ist alles Andere als freundlich… Eher das Gegenteil! Ein Griesgram ist er und ein Gauner! Es wundert mich, dass er dir nicht deine Ohren abschnitt oder gar noch andere nützliche Teile… Sein letzter Zwischenfall mit Römern brachte ihm einen verhassten Schwur ein und sieh dir seine linke Hand an…“ Sie lachte auf ihre Art laut und herausfordernd. Damit zeigte sie wenig Respekt gegenüber ihrem Fürst.
„Den Schwur leistete er mit seiner Hand in ein Messer… und der Hund, der das forderte, war ein römischer Legat… Denkst du etwa, dass er den Schwur und den Schmerz der Hand, aber weit mehr noch den seiner Seele, vergaß?“
„Halt dein Maul, selbstsüchtiges Weib!“ brauste diesmal der Fürst auf. „Immerhin verdanke ich diesen Schwur deinem nichtsnutzigen Sohn! Einen Kerl, der seinen Stamm betrügt, hätte ich längst jagen lassen, wärest du nicht meine Schwester… Glaube mir, erteile ich einmal den Befehl, wird Tutor zur Strecke gebracht…“ Der Alte Mann schwang sich, mit einem Sprung, verärgert auf sein Pferd und trabte, weitere Worte der Wut vermeidend, davon.
„Auch ich brauche dich jetzt nicht mehr… Also reite in deine Höhle zurück, Bruder!“ rief sie ihm nach.
Ancus erkannte ihre Wut auf die Bekundung des Hasses, den der Bruder ihrem Sohn gegenüber empfand. Einen Teil davon konnte sie nachempfinden, so glaubte Ancus zu erkennen. Der Verrat Tutors traf auch sie, weil der Vorwurf nicht nur auf leeren Worten zu beruhen schien… Die Anklage des Bruders stützte sich wohl auf Beweise. Doch welcher davon würde reichen, einen Keil zwischen Mutter und Sohn zu schieben? Ancus erkannte, dass die Stärke der Mutter auch ein Teil der Stärke des Sohnes sein musste und egal was dieser tat, würde nichts die Liebe der Mutter erschüttern. Außerhalb dieser Beziehung, vermutete der Evocati, besaß nichts nur annähernd so viel Wert, wie die Liebe der Mutter, von der dieser Sohn sicherlich wusste…
„Fürst nennt er sich und ist nichts anderes als ein Gauner und selbst ein Verräter… Den zehnten Teil aus jedem Geschäft nimmt er mir ab! Ein Fürst… das ich nicht lache…“ Ihre Wut war noch nicht verraucht.
„Du magst den eigenen Bruder nicht?“ stieß Ancus weiter in die aufgebrochene Wunde.
„Das verstehst du nicht, Römer!“ Sie zögerte. Weil der eigene Zorn ein nur schlechter Berater ist und zu schwer kontrolliert werden kann, setzte sie ihr Schimpfen fort.
„Mir gegenüber zeigt er ja Geduld und Führsorge, meinen Sohn aber verflucht er… Welche Mutter stellt einen Bruder über den Sohn? Ich nicht!“ Sie begleitete ihre Feststellung mit einer zornigen Bewegung ihrer rechten Hand, als ob sie einen Gladius schwingen würde…
„Vielleicht ist dein Sohn, in seinen Augen, nicht so gut gelungen…“ warf Ancus einlenkend ein.
„Wie kann das sein, wenn mein Sohn Rom, euch verfluchten Römern, dient und es sogar schaffte, bis zu einem Präfekt aufzusteigen? Bist du Römer, solltest du meinen Sohn achten, sonst kannst du…“
„Halt ein, Frau…“ rief Ancus „… du begibst dich auf einen zu schmalen Pfad… Ich kenne deinen Sohn nicht und deshalb maße ich mir auch kein Urteil an… Dein Bruder allerdings erschien mir schon etwas eigenwillig… Ich sehe keine Veranlassung sein Urteil über deinen Sohn aufzunehmen…“ Ancus begriff schnell, dass die verletzte Eitelkeit der Mutter und deren Liebe zum Sohn zum schnellen Hindernis einer neuen Geschäftsbeziehung werden könnte. Er schien diese Gefahr richtig erkannt zu haben.
Kam er ohne Erwartungen zum Fürst der Treverer und bot diesem mit dem Pferdehandel nur einen ausreichenden Grund zum Eingehen einer Bekanntschaft an, so sah er inzwischen, dass die Schwester des Mannes eine starke Frau war, die zwar unter dem Schutz ihres Bruders, aber dennoch nicht ohne eigenen Willen und auch deshalb über ein selbst geschaffenes Reich verfügte. Es beeindruckte ihn, dass die Frau über Pferde herrschte, wie der Bruder über seinen Teil des Stammes der Treverer. Beide würden sich niemals in ihr Tun hineinreden lassen und wenn es nicht im Guten miteinander ging, dann flackerte eben Zorn auf. Das dieser Zorn nicht alle Teile ihres Daseins überstrahlte, davon zeugte das zuvor Erlebte.
Ancus verstand die Lage, in der die Geschwister und der Sohn auskommen mussten. Einen Mann schien dieses Weib nicht mehr zu besitzen… Vielleicht war das genau der Punkt, an dem ihre überbordende Selbstständigkeit ausbrach.
Der Evocati wollte sich nicht in Vermutungen verlieren. Er war hier um das Verhältnis zwischen dem Onkel Albanus Betto und seinem Neffen Julius Tutor zu ergründen. Tutor war ihm als Feind benannt. Der Treverer Betto schien ein Ekel zu sein, dessen Schwester eine herrische Ziege und dennoch war er der Frau weit mehr zugeneigt. Dieses verstärkte sich, je mehr er von deren Besitzungen erfuhr.
Die Ställe waren klein, aber zweckmäßig angelegt und wurden sauber gehalten. Ein Blick auf das Futter und den Umgang der Bediensteten sagte ihm, dass die Haltung der Tiere im Mittelpunkt aller Bemühungen standen. Als er sich den Pferden und diesen eigentümlichen Hunden auf der Koppel zuwandte, überzeugte ihn auch diese Vorgehensweise.
Pferde fürchteten sich vor Hunden. In dieser Beziehung schienen beide Tiere wohl zu wissen, was sie durften und lassen sollten… Die Hunde bissen nicht und die Pferde keilten mit den Hinterbeinen nicht aus. Kläffte der Hund, wusste das Pferd wo sich dieser befand. Die Ohren der Pferde richteten sich nach dem Gekläff aus und das Pferd bewegte sich vom Lärm weg. Ein recht einfacher Vorgang, so stellte Ancus für sich fest.
Er sah in seiner Erinnerung Schafhirten und ihre treuen Begleiter vor sich. Die Treverer wandten das gleiche Verfahren für ihre Pferde an. Er wusste nicht, ob dieses gleichartig, in jeder Pferdezucht unter Treverern üblich war, oder nur durch die Mutter des Tutor betrieben wurde. Als er sie danach fragte, knurrte sie nur, dass sie nicht wüsste, was Andere taten.
Ancus beließ es bei der Antwort. Ihm gefielen die Pferde in den Koppeln. Auf dem Weg, zurück zu ihrer Hütte, zwang sie ihn zu einem Bekenntnis. „Was ist nun, Römer? Gefallen dir meine Tiere? Willst du welche kaufen und wie ist es mit deinem Hengst?“
„Du sprachst von vier rossigen Stuten… Das schafft der Hengst nicht in zwei Tagen… Also hole eine der Stuten