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Die Legende vom Hermunduren. G. K. Grasse
Читать онлайн.Название Die Legende vom Hermunduren
Год выпуска 0
isbn 9783347036659
Автор произведения G. K. Grasse
Жанр Контркультура
Серия Die Legende vom Hermunduren
Издательство Readbox publishing GmbH
Erst jetzt wich die Anspannung von ihm. Er war müde, aber glücklich. Ihm blieb Zeit, sich seinem Weib zu widmen. Der Fluss würde ihn vorerst zum Bleiben zwingen. Doch bevor er sich der Erholung hingab, hatte er noch eine Pflicht zu erfüllen. Also machte er sich auf den Weg.
Gaidemar hieß ihn willkommen, reichte einen Becher Met und wartete auf kommende Ereignisse. Ihr Verhältnis war nicht immer gut. Es gehörte zum Handel dazu, dass man stritt, egal ob es um die Ware oder den Preis ging. Boiuvario und Gaidemar waren stur, unnahbar, hinterlistig, übervorteilend und weil es beim Handeln so zuging, fanden sie in anderer Art auch nicht zusammen.
„Was treibt Gerwin?“ ließ sich Gaidemar, das Schweigen des Anderen unterbrechend, vernehmen.
„Zieht in Eis und Schnee durch die Alpen… Kennst du sowieso nicht!“ gab der Trierarch Auskunft.
„Ist das wirklich so schlimm? Ich hörte von den Bergen…“ Gaidemar wirkte verwirrt.
„Aber gesehen hast du sie noch nicht?“ blaffte ihn Boiuvario an.
Gaidemar schüttelte sein Haupt.
„Warst du schon einmal in der Gegend aus der ich komme?“ lenkte der Trierarch ein.
„Nein!“
„Dann hast du keinen Begriff von der Höhe der Berge und auch nicht von dem gesamten Gebiet… Ritte ich in seiner Länge hindurch, brauchte ich, wäre es flaches Land, gewiss einen Mond lang. Weil aber Gipfel und Täler den Weg verlegen, würde es eher zwei Monde dauern… Selbst eine Durchquerung in anderer Richtung, den Weg der Sonne kreuzend, brauchte ich wegen der Schroffheit des Gelände, fehlender Wege etwa einen Mond… Und überall dort liegt Schnee, zumeist mannshoch im Winter und selbst im Sommer fehlt Schnee nicht… Denke nicht, dass du dort bequem laufen kannst. Jeder Schritt ist mit Mühe verbunden und je höher du kommst, desto schwerer fällt dir das Atmen. Erreichst du einen ersten Gipfel, folgt zumeist ein Tal, dann der nächste Berg und wieder ein Tal und hast du das dann, zwanzig oder dreißig mal erlebt, verzweifelst du am nächsten Anstieg… Es gibt nur wenige Wege, die an den Gipfeln vorbei, von Tal zu Tal führen oder auf bescheidener Höhe verlaufen… Glaube mir, es ist nicht schön dort zu reisen…“
„Warum tut es Gerwin dann?“ Gaidemar erschrak vor dem Bild seines inneren Auges, auch wenn er dies nur als ein Trugbild, nach gehörten Worten, schuf.
„Er will einen Krieg verhindern…“ knurrte Boiuvario. „…oder so was Ähnliches…“ fügte er an. „Außerdem muss er nicht durch das ganze Gebiet, eigentlich nur am Rande vorbei…“
„Schafft er das?“ Gaidemars Frage wurde von einer Befürchtung begleitet.
„Aber ja! Der schafft, was er sich vornimmt… Die Berge sind das kleinere Übel. Wind, Sturm, Schnee, Eis und dann die verdammten Gallier…“ Boiuvario ließ offen, was er meinte.
„Du kennst die Gallier?“
„Sicher!“ Der Trierarch lachte. „Ich bin doch auch ein Kelte und alle Gallier sind Kelten… Außerdem ging ich als junger Bursche auch diese Wege und kam in eine große Stadt am Meer… Ich soll dir von Gerwin etwas mitteilen.“ schloss Boiuvario diesen Teil ihres Gespräches ab.
Er war nicht geneigt, zu viel zu erzählen… Was gingen Gaidemar seine frühen Erfahrungen an?
„Ich soll dich an den Treverer Tutor erinnern! Er wird bald kommen. Du sollst auf jede Einzelheit achten. Der Mann ist verschlagen, hinterlistig und gefährlich!“ fügte er umgehend, der zuvor gegebenen Erklärung, an.
„Ist das alles?“ fragte Gaidemar misstrauisch.
„Ja und nein…“ grinste der Trierarch.
„Was meinst du?“ Gaidemar schüttelte fragend seinen Kopf.
„So sagte mir Gerwin, würdest du antworten…“ Das Grinsen blieb.
„…und…“
„… und dann wird dir Tutor durch die Fänge gleiten und Gerwin schneidet dir die Eier ab…“
„Was…“ fuhr Gaidemar hoch.
„Genau das sagte er voraus und ich soll dich mit deiner Wut allein lassen, denn dann würdest du das Richtige tun!“
Boiuvario schob seinen leeren Becher zurück zu Gaidemar. „Füll nach! Dein Met ist gut!“ erklärte er nachsichtig.
„Ich denke, du sollst danach gehen?“ fuhr ihn Gaidemar an, goss aber dennoch ein.
„Tust du immer, was dir Andere sagen? Dann müsste ich doch darauf verzichten, deine Verwandlung von Wut in Vernunft zu sehen…“ Boiuvario grinste.
„Du bist ein merkwürdiger Kerl… Was wäre, würde ich dir die Eier abschneiden?“
„Nichts! Wilgard ist schon schwanger und bei dem Umfang des Weibes könnten bis zu drei kleinen Boiuvarios aus ihr kriechen… Das reicht mir dann!“ grinste der Kelte. „Außerdem schaffst du das nicht ohne Hilfe…“
Gaidemar musterte den Gast. Dann lachte er, ohne auf die Antwort einzugehen. „Was hat der Bursche sonst so noch von sich gegeben?“
„Er hat geflucht, wie alle, hat meine Mannschaft herausgefordert, wollte Teile meiner Mannschaft wegjagen und noch so manchen Unsinn… Du kennst ihn doch besser als ich, oder?“
„Früher glaubte ich dies, jetzt aber, bin ich mir nicht sicher… Er hat sich sehr verändert…“ Der Eldermann wurde nachdenklich.
„Nein, er ist noch immer, wie du ihn gebogen hast… Nur seine Umgebung veränderte sich und er hat sich angepasst. Du kennst das nicht und deshalb wirkt er jetzt fremd auf dich! Gerwin ist der Kerl, den du aus ihm gemacht hast… Nur haben die Römer, ich und auch Andere noch ein wenig nachgeholfen… Sieh es mal von dieser Seite! Am Anfang war mir der Bursche so gleichgültig, dass ich ihn hätte sehr leicht zu seinen Göttern geschickt… Jetzt aber, sollte der mich fürchten, der Hand an ihn legt…“ Boiuvario sprach mit offenen und herzlichen Worten. Der Trierarch hatte ausgesprochen, was er zu sagen vorhatte. Er erhob sich, trank seinen Becher aus und dankte dem Gastgeber.
„Vergiss Tutor, den Treverer nicht und sei ruhig wütend auf deinen Zögling…“ Dann ging Boiuvario.
3. Zornige Worte
67 nach Christus - Frühling (2. Aprilis)
Imperium Romanum – Exercitus Germania Inferior
Auch im übrigen Land, nördlich der Alpen, atmeten die Menschen auf, je weiter die Sonne aufstieg, der sie hindernde Schnee hinweg taute und sich als Zeichen des neuen Wachsens und Werdens erste Blumen und Gräser zum Licht schoben.
Ancus Seronatus und sein Gefährte Mamercus Agatopus fanden sich, dank der Unterbringung im Haus der alten Sibilla, mit den widrigen Bedingungen in Germanien ab. Nahmen Schnee und Kälte überhand, verbarg sich Mamercus innerhalb des Hauses oder behielt sich den Verbleib innerhalb der Colonia Claudia Ara Agrippinensium vor.
Ancus jedoch ließ sich, in seinem Tatendrang, nicht beirren. Ihm gefiel die neue Rolle als Pferdehändler, der er sich mit solcher Inbrunst widmete, dass sein Gefährte sich nicht nur wunderte, sondern auch leicht beunruhigt wirkte.
Bot das Wetter jedoch mildere Zeiträume an, schwang sich neben Ancus auch Mamercus auf sein Pferd und begleitete den Gefährten beim Aufsuchen der Züchter, von denen Ancus zukünftige Verkäufe guter Tiere erwartete. Dieses Auftauchen schien zu überraschen und war zumindest ungewöhnlich, vermieden andere Händler doch einen Besuch in der kalten Jahreszeit. Ancus aber pflegte seine einmal begonnenen Beziehungen und weil er nicht nur gelegentlich auftauchte, sondern fast regelmäßig erschien, festigte er seine Verbindungen, die sich nur günstig auswirken konnten. Seine Besuche gingen immer auch damit einher, dass er nicht