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über die deutschen Panzer hinweg, aber ohne zu treffen.

      Unwillkürlich duckte er sich, sodass er noch gerade über den Kuppelrand blicken konnte.

      „Ziel auf elf Uhr, Distanz 500 Meter. Feuern erst, wenn ich den Befehl gebe!“

      Fast gleichzeitig brach heftiges Maschinengewehrfeuer los, und Helmuth sah die Halbraupen von Hauptmann von Löwenburg links und rechts neben der Stellung der russischen Panzerabwehrkanonen auftauchen.

      In voller Fahrt fuhren sie auf die Geschützstellung zu, während sie die russischen Kanoniere mit ihren schweren MG-34-Bordmaschinengewehren unter Beschuss nahmen.

      Die total überraschten Russen waren nicht mehr imstande, ihr Geschütz rechtzeitig umzudrehen, um die leicht gepanzerten Hanomags beschießen zu können.

      „Vollgas und nicht mehr feuern“, ertönte es über das Bordfunkgerät.

      Wolff gab Gas, und etwas später rollten die schweren Panzer über die Geschützstellung, wobei sie die Panzerabwehrkanonen unter ihren Raupenketten zertrümmerten.

      Die Panzer rollten mit einem knirschenden und krächzenden Geräusch von Metall auf Metall über die russischen Kanonen hinweg.

      Zurückblickend sah er, dass die Panzerabwehrkanone von den schweren Raupenketten zu Schrott zermalmt worden war.

      Von seinem Turm aus sah Helmuth auch, dass die letzten flüchtenden russischen Soldaten niedergemäht wurden.

      „In Fahrformation und mir weiter folgen“, ertönte die Stimme von Leutnant Mayer über das Bordfunkgerät. „Wir fahren einfach weiter, die Panzergrenadiere holen uns wieder ein.“

      „Tempo des Leutnants halten, Wolff“, gab Helmuth weiter. „Die anderen können hochkommen, die Luft ist wieder rein.“

      „Geht in Ordnung“, reagierte Wolff von unten her.

      Sepp holte die Scherbengranate wieder aus dem Verschluss der Panzerkanone und schob das Geschoss ins Regal zurück, während Mannfred seine Seitenluke wieder aufwarf und sich in die Öffnung setzte.

      „Da haben die Panzergrenadiere mal ihr Unwesen getrieben“, brüllte er über den Motorlärm hinaus zu Helmuth.

      „Sie haben die ganze Sowjetstellung durch das Flankenmanöver aufgerollt, sodass wir keinen Schuss abzufeuern brauchten.“

      Helmuth grinste und hob zum Zeichen, dass er die Bemerkung verstanden hatte, seinen Daumen.

      Sepp war auch hochgeklettert und reichte Helmuth eine Feldflasche, die dieser annahm und sofort halb leer trank.

      Weil Reden wegen des Lärms fast unmöglich war, konnte nicht viel Anderes gemacht werden als die Gegend im Auge zu behalten.

      Es dauerte nicht lange, bis die Hanomags des Hauptmanns vorbeirasselten und die Spitze der Kolonne wieder übernahmen.

      Es war bereits spät am Nachmittag, als angehalten wurde und der Kommandant seine Offiziere zur Beratung zusammenrief.

      Die Besatzungen verwendeten die Zeit sofort, um nachzutanken, den Ölstand zu prüfen und Schmierstellen zu kontrollieren.

      „Mein Gott!“ rief Horst, der dabei war, die Raupenketten zu prüfen und zu schmieren. „Seht euch das mal an!“

      Wolff und Helmuth gingen nach diesem Schrei auf Horst zu und sahen sofort, was er meinte.

      Ein menschlicher Arm war bei einem der Laufräder zwischen der Aufhängung der Blattfedern eingeklemmt.

      Helmuth bückte sich, um besser zu sehen: „Oh Mann, ist das scheußlich. Ich habe nie bemerkt, dass wir einen überfahren haben. Es muss einer der Geschützbesatzung der Kanone gewesen sein, die wir bei dieser Panzerabwehrstellung flachgefahren haben.“

      Wolff machte ein angewidertes Gesicht: „Denkt nur nicht, dass ich diesen Arm herausstochern werde. Danke fürs Backobst!“

      Mannfred und Sepp waren auf die bestürzten Kameraden zugegangen.

      „Was macht ihr hier für einen Unfug?“ fragte Mannfred.

      Horst zeigte auf den eingeklemmten Arm.

      Sepp sah ihn mit einem Grinsen an: „Macht ihr deswegen so einen Heckmeck? Er bückte sich und zog den Arm mit einem kräftigen Ruck zwischen den Blattfedern hervor und zeigte ihn Mannfred, während er hochkam.

      Dieser streckte seine Hand aus und nahm den Arm an.

      „Echt ein Arm eines Sowjetsoldaten“, grinste er unbeirrt.

      „Woran siehst du das denn?“ fragte Sepp, ohne mit der Wimper zu zucken.

      „Denn wenn wir ehrlich sind, ohne Uniformreste sind die Unterschiede zwischen einem Arm von uns und dem Arm eines toten Iwans ein bisschen schwer auszumachen.“

      „Aber nein, Mensch, der Unterschied ist leicht zu sehen“, reagierte Mannfred. „Der Iwan hat nichts als Bauern und Landsknechte in seinem Heer und diese armen Schlucker tragen keine Uhren. Oder hast du etwa wohl mal einen deutschen Soldaten ohne Uhr gesehen?“

      „Verdammt, da hast du recht. Dann ist dies einfach erbeutetes feindliches Material, und das soll man wie ein braver Soldat seinem Kommandanten übergeben. So sind nun mal die Vorschriften.“

      Nur Mannfred bemerkte das Funkeln in den Augen von Sepps ausdruckslosem Gesicht.

      Er verstand die Anspielung sofort und warf den Arm ohne Warnung zu Helmuth, der mit einem Schrei des Schreckens zurücksprang.

      „Mieses Dreckstück, das hätte ich wissen können. Das werde ich dir noch mal heimzahlen.“

      Auch der laut lachende Wolff bekam sein Fett ab. „Und das gilt auch für dich, du bist genau so ´n Dreckstück wie die beiden dort. Vor zwei Minuten fandst du das genauso scheußlich wie ich und wolltest du den Arm nicht mal wegräumen, aber jetzt lachst du am lautesten von allen.“

      Mannfred und Sepp lachten immer lauter über Helmuths aufrichtige Empörung.

      Sepp haute ihm auf die Schulter: „Reg’ dich nicht auf, Mensch, es wird wohl noch viel schlimmer werden, bevor dieser Feldzug vorbei ist. Wenn du wüsstest, was wir in Frankreich gesehen und erlebt haben. Im Vergleich dazu ist so ‘n Ärmchen nichts mehr als eine Kleinigkeit. Du wirst dich daran gewöhnen müssen, dass ab und an halbe Menschen zwischen den Ketten hängen. Ich habe es in Frankreich innerhalb unserer Panzer riechen können, bevor ich sie sehen konnte, so viel Menschen- und Pferdefleisch war zwischen die Ketten gewalzt worden. Diesen Geruch nach ein paar warmen Tagen vergisst man nie wieder.“

      „Er hat recht, Helmuth“, heuchelte Mannfred mit einem verschlagenen Grinsen. „Wir wollen die Arbeit fertigmachen, dann können wir noch kurz etwas essen, bevor wir weitermüssen. Ein Brötchen mit frischem Fleisch oder so!“

      Helmuth gab auf: „Ihr seid wirklich irre. Und essen mag ich in diesem Moment überhaupt nicht mehr. Mit dieser Art von Idioten muss ich nun Tag und Nacht in einem kleinen Raum zusammenleben. Nicht zu glauben!“

      „Wieso reichst du denn keine Klage bei Onkel Adolf ein? Dann bekommst du vielleicht einen größeren Panzer von ihm, mit einem separaten Schlafwagen dahinter“, lachte Sepp spottend.

      Die Arbeiten waren gerade beendet, als Leutnant Mayer die Besatzungen zusammenrief.

      „Hört, Männer“, fing er an, als sich der ganze Zug gesammelt hatte. „Mehr als ein halbe Stunde Ruhe, um etwas zu essen, ist nicht drin. Wir biegen nachher nach Osten ab und können dann schnell auf die ersten Verteidigungslinien vor der Stadt Roslawl stoßen. Bisher scheint dieser Weg ziemlich frei zu sein, und unsere Division ist bereits im Vormarsch. Aber wisst, dass um die Stadt herum starke Sowjeteinheiten liegen. Unsere Aufgabe ist es, die Stärke der russischen Verteidigung abzutasten, um eine Schwachstelle zu suchen. Unser Vorteil ist, dass sie uns hier noch nicht erwarten werden, und gar nicht aus dieser Richtung, weil wir uns der Stadt vom Südosten her nähern, und nicht vom Nordwesten her, wie es der Iwan erwartet. Die Absicht ist, Panik auszulösen, und deshalb soll

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