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kann sie nicht bewegen. Hilflos muss ich zulassen, dass jemand zu mir tritt und das Schwert aus meiner Hand zieht. Ich starre ihn an, doch er erwidert den Blick nur grinsend.

      „Das war es für dich, Kleines“, sagt er. Er ist groß und muskulös. Seine grüne Augen wirken kalt.

      Ich antworte nicht, sondern sehe mich um, soweit es in meiner Lage überhaupt möglich ist. Zumindest kann ich den Kopf drehen und so erkennen, dass mehrere Männer auf mich zukommen, unter anderem einer, der eindeutig das Sagen hier hat. Sowohl seine Kleidung als auch seine Körperhaltung verraten es.

      Unterdessen sind weitere Männer neben den Grünäugigen getreten und mustern mich unverhohlen.

      „Vor der haben Sakumos Leute so eine Angst?“, fragt einer ungläubig. „Ist ja ein Mädchen!“

      Grünauge schüttelt den Kopf. „Hast du gesehen, wie sie sich mit Schwert und Schinken verteidigt hat? Sie ist zwar nur ein kleines Mädchen, aber trotzdem nicht ungefährlich. Eine Wildkatze.“

      Ich versuche ihn anzuspucken, aber in meiner Lage ist es schwierig, das zu treffen, was ich treffen will. Zumal er lachend zurückspringt.

      „Ob ihre Spucke giftig ist?“, meint ein weiterer lachend. „Vielleicht sollten wir ihr ihr Kleid in den Mund stopfen!“

      „Das reicht jetzt!“, sagt der Befehlshaber. Dieselbe Stimme, die mich vorhin lebend haben wollte. „Holt sie runter und fesselt ihre Hände!“

      Jemand schneidet das Seil durch, mit dem das Netz aufgehängt wurde. Ich falle auf den Boden, was mir den Atem raubt. Bis ich wieder klar denken kann, sind meine Hände auf dem Rücken gefesselt. Das lange Ende der Fessel hält jemand in der Hand. Als ich auf ihn losstürmen will, richten sich mehrere Schwertspitzen auf mich.

      Ich erstarre.

      „Du hast die Wahl“, sagt der Befehlshaber. „Du läufst freiwillig mit oder wir fesseln dir auch die Füße und schleifen dich hinterher. Wie ist es dir lieber?“

      „Laufen.“

      „Gut. Holt die Pferde!“

      Die Soldaten steigen alle auf Pferde, ich nicht. Ich soll hinter einem herlaufen. Da meine Hände hinten gefesselt sind, muss ich darauf achten, dass das Seil sich nicht spannt, sonst werde ich von den Füßen gerissen. Einmal passiert es mir. Die Männer lassen ihre Pferde sofort anhalten und warten, bis ich aufgestanden bin.

      „Lauf schneller!“, sagt der Befehlshaber. „Weiter.“

      Ich muss schnell gehen, aber nicht rennen. Zwischendurch kann ich sogar die Männer beobachten. Der Grünäugige reitet zusammen mit sechs anderen etwas abseits. Der Befehlshaber hat kurze, schwarze Haare. Er ist nicht viel größer als ich, aber kräftig gebaut. Er ist es vermutlich nicht gewohnt, dass er Widerworte kriegt. Ich habe das Gefühl, dass er nicht gemein ist, im Gegensatz zu dem Grünäugigen, den seine Gefährten Moyto nennen.

      Wir überqueren die Brücke, was etwas schmerzhaft ist, denn die Pferde werden nicht langsamer. Das führt zu blutenden Füßen. Der Befehlshaber bemerkt das etwas später, lässt alle anhalten und kommt zu mir.

      „Was ist los?“

      „Die Brücke“, erwidere ich und konzentriere mich darauf, die Tränen zu unterdrücken.

      Er steigt ab und schaut sich meine Füße an. Dann steigt er wieder auf und bemerkt: „Nur kleine Kratzer. Davon stirbst du nicht. Weiter.“

      Vielleicht ist er doch gemein. Aber er hat recht, denn bald blutet es nicht mehr und die Schmerzen lassen nach. Außerdem bin ich beschäftigt, denn wir erreichen die Häuser. Die Menschen bestaunen uns, insbesondere mich. Ich vermeide es, sie anzusehen.

      Die Häuser werden immer größer und die Menschen mehr. Mir fällt es zunehmend schwer, die Leute zu ignorieren. Einige Kinder laufen mit und schmeißen Steine nach mir, bis der Befehlshaber dafür sorgt, dass sie damit aufhören.

      Schließlich erreichen wir ein sehr großes Gebäude, das von einer Mauer umgeben ist. Durch ein Tor gelangen wir auf die andere Seite der Mauer.

      Vor dem Eingang ins Gebäude stehen einige Männer herum und warten. Anscheinend auf uns, denn einer von ihnen kommt jetzt auf uns zu und baut sich vor mir auf. Er mustert mich mit unverhohlenem Ekel.

      „Dieses Mädchen soll meine Soldaten so eingeschüchtert haben?“

      Das ist also Lord Sakumo. Ich erwidere seinen Blick, dann trete ich nach ihm. Er weicht aus und mein Fuß streift ihn nur. Sofort danach werde ich von mehreren Männern gepackt und auf den Boden gedrückt. Ich versuche, mich zu wehren, doch es ist aussichtslos.

      „Genug!“, ruft eine Stimme, die ich noch nicht kenne. Sie ist ähnlich durchdringend wie die des Befehlshabers, aber es ist einer der Männer, die auf uns gewartet haben. Er trägt schwarze Kleidung und wirkt sehr groß.

      „Lasst sie aufstehen!“

      Die Männer lassen von mir ab, bleiben aber bei mir. Einige haben ihre Schwerter gezogen. Ich richte mich auf und starre den Mann, der vielleicht sogar der König ist. Selbst Lord Sakumo wagt es nicht, ihm zu widersprechen.

      „Wir sollten sie sofort hinrichten, öffentlich“, sagt der Lord jetzt leidenschaftlich. „Damit dieses Gesindel ein für alle Mal lernt, dass hier Recht und Ordnung herrschen!“

      „Nein“, erwidert große Mann. „Sie blutet im Gesicht. Wischt ihr das Blut ab.“ Nachdem einer der Männer mein Gesicht gesäubert hat, betrachtet der Mann mich. „Ich bin König Askan. Wie ist dein Name?“

      „Kyo.“

      Er lächelt jetzt. „Der Name scheint zu passen. Ist es wahr, dass Du Lord Sakumos Männer grundlos getötet hast?“

      Ich schüttele den Kopf.

      „Du hast sie nicht getötet?“

      „Nicht grundlos.“

      „Ich verstehe.“ Er wendet sich an den Mann mit der tiefen Stimme. „Gaskama, sorge dafür, dass sie in den Kerker kommt. Aber allein. Sie soll Wasser und was zu essen bekommen. Die Fesseln werden ihr abgenommen. Und, Lord Sakumo, wenn ihr was zustößt, verantwortet Ihr das persönlich. Habt Ihr das verstanden?“

      „Ja, mein Herr“, erwidert der Lord und wirft mir einen hasserfüllten Blick zu.

      Gaskama, der Mann mit der tiefen Stimme, gibt zwei Männern einen Wink, die mich daraufhin in den Kerker bringen. Er begleitet uns. In der Zelle schneidet er meine Fesseln durch, während die beiden Männer mir ihre Schwerter an den Hals halten. Dann gehen sie, aber schon nach kurzer Zeit kommt jemand mit Wasser und Brot. Er legt beides so hin, dass ich es mir holen kann, und geht wieder, ohne etwas zu sagen.

      Es wird still. Sehr still.

      Ich setze mich an die Wand gegenüber der Tür und starre die Schalen an. Die Tränen wollen wieder mit aller Macht nach draußen, doch ich will nicht weinen. Jetzt nicht und niemals wieder.

      Leider gehorchen sie mir nicht. Es dauert eine Weile, bis sie versiegen. Ich erhebe mich schließlich und hole die Schalen mit Wasser und Brot, denn ich habe noch mehr Hunger als vorhin. Während ich die letzten Bissen mit Wasser herunterspüle, erklingen Schritte.

      Es ist der König, und er ist allein. Er bleibt vor der Tür stehen und mustert mich nachdenklich.

      Ich rühre mich nicht.

      „Warum hast du die Männer des Lords getötet?“, fragt er nach einer Weile.

      Ich denke darüber nach, ob ich ihm erzählen soll, was passiert ist. Aber ich bezweifle, dass er das verstehen wird. Er ist ein Mann und hat ein Ding. Er kann es nicht verstehen.

      „Du redest also nicht mit mir“, sagt er seufzend. „Ich komme in der nächsten Num wieder. Bis dahin kannst du ja darüber nachdenken.“

      Er geht wieder und die grauenvolle Stille senkt sich über mich. Ich atme tief durch.

      „Ich

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