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sackt der Körper in sich zusammen.

      Ich krieche auf allen Vieren zu ihm. Er rührt sich nicht, aber er atmet noch. Ich setze mich auf seine Brust, packe mit beiden Händen seine Haare und beginne, den Kopf gegen den Boden zu schlagen. Zuerst macht es ein hartes Geräusch, aber dann wird es immer weicher. Genau wie sein Kopf. Blut und noch etwas verteilt sich auf dem Boden.

      Ich höre erst auf, als sein Kopf in meinen Händen breiartig geworden ist. Ich starre in das, was mal sein Gesicht gewesen ist. Irgendwie sieht es verrutscht aus. Wie ein Lappen.

      Dann geht die Tür auf und zwei Männer stürmen herein. Die anderen weichen alle zurück. Die beiden interessieren sich aber nur für mich. Ich vermute, sie sind Wärter.

      „Was ist denn hier los?“, fragt einer entgeistert und betrachtet die Reste von dem Dreckigen.

      „Er wollte mich nehmen. Ohne meine Erlaubnis“, erwidere ich. Die Sache ist eindeutig: Er war böse, ich habe mich gewehrt. Vielleicht holen sie mich sogar raus?

      „Das glaube ich einfach nicht“, sagt der andere. „Los, wir nehmen sie mit. Und ihr alle, wenn ihr auch nur einen Laut von euch gibt, holen wir den Nächsten!“

      Das hört sich nicht gut an. Ich will mich aufrichten, doch der Erste packt mich an den Haaren und zerrt mich nach draußen. Ich verliere das Gleichgewicht und schaffe es nicht, auf die Füße zu kommen, während er mich hinter sich herzieht.

      Ich höre meine eigenen Schreie, während ich durch enge Korridore geschleift werde. Dann geht es eine Treppe hinauf. Mehrmals stoße ich mit Kopf oder Beinen gegen die harten Stufen, was mir Kraft und Atem raubt.

      Als er mich endlich loslässt, bleibe ich keuchend liegen.

      „Eigentlich schade um sie“, sagt derjenige, der mich hinter sich hergezogen hat.

      Der andere lacht und schiebt mit dem Fuß meine Beine auseinander.

      „Was hat sie eigentlich getan?“, fragt er dabei.

      „Hat wohl ein Kleid gestohlen und ist dann von der Brücke ins Wasser gefallen. Als man sie in die Stadt bringen wollte und sie bewusstlos auf dem Pferd hing, haben einige Kinder sie als Diebin erkannt, also wurde sie hierher gebracht.“

      „Dann ist es doch nicht schade um sie, oder?“

      „Hast recht. Eigentlich nicht. Aber ein hübsches Ding, ohne den ganzen Dreck.“

      „Ja.“

      Sie mustern mich an der Stelle, wo das Kleid hochgerutscht ist. Mein blutiger, nackter Unterleib liegt vor ihnen. Ich spüre Wut in mir hochsteigen.

      „Es wäre schade, die Gelegenheit nicht zu nutzen“, sagt der Erste. Der mich an den Haaren gezogen hat.

      „Auf jeden Fall. Aber zuerst sollten wir sie töten. Sie ist ganz schön wild. Hast du gesehen, wie der Kopf von dem einen aussah?“

      „Allerdings. Richtig übel.“

      Ich setze mich auf und wische Blut aus meinen Augen. Die Wut wird immer stärker. Das ist gut, sie gibt mir Kraft.

      „Sie ist ja richtig zäh“, bemerkt der zweite Kerl und lacht.

      Als ich aufstehe, lacht er nicht mehr. Stattdessen zieht er sein Schwert, genau wie der andere.

      „Das ist mehr als nur zäh“, sagt der Erste. „Wir töten sie besser jetzt sofort.“

      Sie kommen auf mich zu, beide mit blanken Klingen. Ich beobachte sie und balle die Hände zu Fäusten. Eigentlich ballen sie sich von selbst zu Fäusten, ich will das gar nicht. Ich will weglaufen, doch mein Körper gehorcht mir einfach nicht. Ich will weglaufen, doch er geht sogar auf die beiden zu, mit tänzelnden Bewegungen.

      Was geschieht hier?

      Als würde ich mich selbst von außerhalb sehen, beobachte ich meinen Körper dabei, dass er den zuschlagenden Klingen geschmeidig ausweicht, sich wegduckt, dann den Ersten am Arm packt und den Ellbogen gegen ihr hochschnellendes Knie schlägt. Ich höre Knochen brechen und den schrillen Schrei des Wärters.

      Mein Körper macht inzwischen eine Drehung, der Fuß schnellt hoch und trifft den Zweiten im Gesicht. Er fällt nach hinten um, sein Schwert fliegt im hohen Bogen davon.

      Ich entreiße dem Ersten sein Schwert und aus einer Drehbewegung heraus lasse ich die Klinge durch seinen Hals fahren.

      Er verstummt, starrt mich an. Dann, nach einigen Augenblicken, fällt sein Kopf nach vorne herunter und der Rest kippt nach hinten.

      Der Zweite versucht, hastig aufzustehen, doch mein Körper ist schneller. Die bereits blutige Klinge bohrt sich in den Rücken und kommt vorne aus der Brust raus. Der Zweite erstarrt auch, fast so, wie vorhin der andere. Er dreht den Kopf, bis er mich sehen kann. Sein Mund öffnet sich, doch es kommt nur Blut heraus.

      Ich sehe, wie er stirbt und sein Körper erschlafft. Gleichzeitig merke ich, dass ich nicht mehr von außerhalb zuschaue. Ich spüre den Schwertgriff in meinen Händen. Hastig ziehe ich die Klinge aus dem Toten und fahre herum, denn ich höre Lärm.

      Natürlich, die Schreie haben andere Wärter angelockt.

      Ich blicke mich um. Neben mir der Fluss, auf der anderen Seite das Gebäude mit dem Kerker. Aus dem mehrere Wärter gerannt kommen. Einige haben auch Pfeil und Bogen.

      Ich überlege nicht länger, sondern springe ins Wasser. Das Schwert nehme ich mit, obwohl es mich beim Schwimmen behindert. Trotzdem komme ich am anderen Ufer an, bevor die ersten Wärter den Fluss erreichen.

      Hastig klettere ich die Böschung hoch und renne in den Wald. Ich renne, bis ich niemanden mehr hinter mir höre.

      Dann lege ich mich einfach unter einen Strauch, presse das Schwert an mich und beginne zu weinen.

      Ich begrüße die Wärme und stehe mit erhobenen Armen nackt vor meinem Baum. Grauhaar hatte von der kalten Numoa erzählt, wenn mit dem Gongschlag des Dunkelhellwechsels plötzlich kalt wird, Schnee fällt und Wasser hart wird. Jetzt weiß ich auch, was Schnee ist. Weißes Wasser, das wieder flüssig wird, wenn man es in die Hand nimmt. Oder in den Mund. Es ist aber nicht so hart wie das Eis, hartes Wasser, das aber auch wieder weich wird, wenn man es in den Mund nimmt.

      Und man braucht gute Kleidung in der kalten Numoa. Denn es ist wirklich kalt. Zum Glück bin ich ja vorbereitet gewesen und habe mir Kleidung von Soldaten besorgt. Sie haben nach mir gesucht, aber im Wald konnte ich mich gut verstecken. Und ich weiß jetzt, dass ich gegen sie kämpfen kann, auch wenn ich nicht verstehe, wieso. Ich denke, das habe ich mal gelernt und es vergessen, so wie ich alles vergessen habe. Die Soldaten wissen auch, dass ich gegen sie kämpfen kann, und sind vorsichtig, aber eben nicht vorsichtig genug. Das heißt, jetzt schon. Nachdem ich einige von ihnen überwältigt habe, weil ich Kleidung brauchte, sind sie viel vorsichtiger geworden und gehen nur noch in größeren Gruppen durch den Wald. Wenn überhaupt.

      Mir egal.

      Ich verbrachte die kalte Numoa in meiner Baumhöhle, die ich zufällig entdeckt habe. Sie gehörte einem Tier, aber es sah ein, dass ich stärker bin, und suchte sich ein neues Zuhause.

      Nun bin ich froh, dass die kalte Numoa vorbei ist. Mit dem Dunkelhellgongschlag ist der Schnee verschwunden und ich brauche nicht mehr unbedingt Kleidung. Wobei sie sinnvoll ist. Im Wald ist es unangenehm ohne Kleidung, sie schützt vor Dornen und Krallen. Aber wenigstens reicht das Kleid wieder.

      Ich war bei Grauhaar, nachdem ich die Wärter getötet hatte. Sie sagte, ich sollte mich verstecken, sie werden überall nach mir suchen. Ich durfte ihr nicht sagen, wo ich mich verstecken wollte.

      Als Erstes gehe ich im Fluss baden. Das tut nach den vielen Numos gut. Zwischendurch werfe ich einen Blick auf mein Kleid und das Schwert, das auf dem Kleid liegt. In dieser Gegend sind sonst keine Menschen, aber sie werden jetzt, wo es wieder warm ist, sicher erneut nach mir suchen. Ich muss vorsichtig sein.

      Und ich muss nachdenken. Was soll ich tun? Hierbleiben? Woanders wird es doch nicht besser sein. Oder doch? Ich klettere aus dem Wasser und setze

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