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Tande heißt, gepackt und in die Höhe gehoben. Da er hinter mir steht, kann ich nicht nach ihm treten.

      Dann wirft er mich auf den Rücken. Ich bleibe benommen liegen. Er setzt sich rittlings auf mich, seine schlanken Finger legen sich um meinen Hals und drücken zu. Immer fester.

      Ich packe seine Handgelenke, aber meine Kraft reicht eindeutig nicht aus. Ich kann ihn auch nicht abwerfen, obwohl ich mich wild hin und her winde. Er ist viel stärker als er aussieht.

      Sein Mund verzieht sich zu einem Grinsen.

      „Ich werde dich töten. Und dann werde ich dich nehmen. Dein Fleisch bleibt noch ein paar Stunden frisch. Werde viel Spaß mit dir haben.“

      Wenn mir nicht etwas einfällt, wird genau das passieren. Das ist mir bewusst. In meiner Wut und Verzweiflung schlage ich nach seinem Kopf. Er lacht nur. Mir kommt eine Idee. Ich packe seine Haare und drücke die Daumen, bevor er etwas dagegen unternehmen kann, in seine Augen. Mit einem wilden Schrei lässt er meinen Hals los und presst die Hände auf seine Augen. Zwischen seinen Händen sickert etwas durch.

      Heftig keuchend greife ich nach seinem Messer. Am liebsten würde ich einfach nur liegenbleiben, aber dann werde ich sterben.

      Ich stoße Tande von mir und verpasse ihm einen Schlag mit dem Messergriff, sodass er umfällt. Jetzt setze ich mich auf ihn. Er wehrt sich, aber mit einem Hieb gegen eins seiner Augen oder was davon noch übrig ist, ersticke ich seine Gegenwehr.

      Dann hole ich aus und ramme das Messer in seine Brust. Doch die Klinge trifft eine Rippe und rutscht ab. Ich falle fast auf Tande, kann mich gerade noch abfangen.

      Er schreit wie am Spieß, denn die Klinge hat sich ein wenig zwischen zwei Rippen gebohrt. Ich drehe sie so, dass ich sie zwischen ihnen hindurch tiefer drücken kann. Der Schrei geht ins Röcheln über, aus dem Mund dringt plötzlich Blut.

      Und dann erstarrt er. Sein Körper bäumt sich auf. Wahrscheinlich ist die Klinge jetzt in sein Herz eingedrungen.

      Es ist still. Unheimlich still.

      Und dann erschlafft sein Körper unter mir.

      Schwer atmend erhebe ich mich und drehe mich um.

      Vor mir steht Zama. Ohne Haare auf dem Kopf, die Haut verkohlt, das Gesicht schwarz. Aber er lebt und brennt darauf, mich zu töten. Mit einer Axt.

      Ich springe zur Seite und lasse meine Klinge durch sein Gesicht fahren. Die Axt saust herab und spaltet den Brustkorb von Tande. Der scheinbar tote Körper bäumt sich erneut auf.

      Hoffentlich zum letzten Mal.

      Zama richtet sich schwerfällig auf. Das holt mich aus der Erstarrung und ich beginne, die Klinge in seine Seite zu rammen. Immer und immer wieder. Sein Blut spritzt, meine Hand ist schon ganz rot, auch etwas anderes hängt daran, vielleicht ein Teil seines Darms. Aber ich höre erst auf, als der unmenschliche Schrei des Kerls endlich verstummt und er langsam umfällt, auf Tande rauf, auf die Axt, die sich noch tiefer in den toten Körper frisst.

      Ich sehe mich nach Raun um. Er liegt auf der Seite, beide Hände zwischen seine Beine gepresst. Gut zu wissen, dass die Männer am Ding so empfindlich sind. Das muss ich mir merken. So kann ich ihnen wehtun und nicht sie mir.

      Richtig wehtun.

      Raun atmet ganz flach, kaum hörbar. Seine Augen sind fast aus ihren Höhlen gequollen. Ob er mich überhaupt sieht?

      Ich atme einige Male tief durch, bevor ich ihm die Kehle durchschneide, ganz so wie bei einem erbeuteten Tier.

      Er röchelt nur leise, sein Körper spannt sich noch mehr an. Doch nur für kurze Zeit, sein Blut spritzt erschreckend schnell aus dem Hals. Mir wird bewusst, dass sein Herz wie verrückt rast.

      Erst als er sich überhaupt nicht mehr bewegt, richte ich mich auf und trete zum Alten.

      Seine Augen starren mich regungslos an.

      Ich unterdrücke die Tränen. Bald werden andere kommen und seine Vorräte plündern. Wahrscheinlich sogar sehr bald schon.

      Ich säubere mich, so gut es geht. Dann gehe ich in das Zimmer, in dem das Bett des Alten steht, und zerre es zur Seite. Darunter befindet sich die Falltür in einen Raum unter dem Haus, in dem er all das gesammelt hat, was er aus dem Haus seines Herrn hat mitnehmen können.

      Ich nehme so viel an mich, wie ich tragen kann: Nahrung, Kerzen, zwei Messer. Ich muss mich beeilen. Die Schreie werden schon in kurzer Zeit andere anlocken und sie werden sich gegenseitig totschlagen.

      Ich kann noch ein zweites Mal etwas mitnehmen, doch als ich das dritte Mal ins Haus gehen will, sind bereits andere da. Ich höre, wie sie sich streiten und ziehe mich hastig zurück.

      In Zukunft werde ich besser einen großen Bogen um dieses Haus machen.

      Ich kehre zurück in mein Versteck. Zünde eine Kerze an. Nach kurzem Überlegen nehme ich eine Flasche, in der sich Wein befindet. Grauhaar liebt Wein. Sie hat auch Wein und mir mal welchen angeboten. Danach ging es mir für eine Weile besser. Und dann schlechter.

      Mit dem Wein gehe ich zu Grauhaar. Dabei nutze ich einen Weg, auf dem ich die Kerze brennen lassen kann, ohne dass mich das Licht verrät.

      Grauhaar sieht auf, als ich ihr Versteck betrete. Hier brennt ein kleines Feuer, doch dieser Raum hat keine Fenster. Es ist ungefährlich.

      „Weißt du, wer so geschrien hat?“

      Ich gehe zu ihr und setze mich neben ihr ans Feuer. Dann halte ich die Flasche hoch.

      „Ich habe Wein.“

      „Von dem Alten?“

      „Er ist tot. Sie haben ihn getötet.“

      Grauhaar mustert mich nachdenklich.

      „Das waren nicht seine Schreie.“

      „Ich habe die Männer getötet, die ihn getötet haben.“

      Sie sieht bestimmt die Blutflecken an meinem Kleid.

      „Wie viele waren es?“

      „Drei.“

      „Und du hast sie getötet? Alle drei?“

      „Ja.“

      Grauhaars Gesichtsausdruck verändert sich, aber ich verstehe nicht, was er bedeutet.

      „Ich würde zu gerne wissen, wer du wirklich bist“, murmelt sie.

      „Ich auch“, erwidere ich. „Trinken wir jetzt den Wein?“

      Grauhaar nickt. „Ja. Der Alte wird bestimmt nichts dagegen haben.“

      „Er ist tot.“

      „Ja.“ Sie nimmt die Flasche und trinkt aus ihr. „Er ist tot, du sagst es.“

      Ich beobachte sie beim Trinken. Und frage mich, warum sie das sagt. Eigentlich war es gar nicht so schwer, die drei Männer zu töten. Ob Grauhaar das spürt und sich deswegen so seltsam verhält?

      Ich beschließe, dass es mir egal ist. Jetzt ist nur wichtig, vom Wein zu trinken.

      Dann geht es mir gut.

      Zumindest für kurze Zeit.

      Kyo.

      Kyo klingt gut. Das ist mein neuer Name. Sicher nicht mein richtiger. Aber irgendein Name ist besser als gar kein Name.

      Grauhaar hat ihn mir gegeben. Weil ich kämpfen kann wie ein Kyo, die wilde Raubkatze. Da hat sie wohl recht. Der Name fällt ihr ein, nachdem ich ihr endlich erzähle, was in der Hütte vom Alten passiert ist.

      Ja, Kyo klingt gut. Gefällt mir.

      Es ist noch nicht viel Zeit seit dem letzten Gongschlag, der die Helligkeit verkündet hat, vergangen. Ich beeile mich, denn ich habe viel vor und muss es schaffen, bevor es wieder dunkel wird. Die Zeit zwischen den Gongschlägen ist immer gleich lang, sagt die Alte. Ich bin mir da nicht so sicher, aber es kann schon sein, dass ich es nur unterschiedlich empfinde,

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