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g’rad aus Waldeck. Da hat’s vor ein paar Wochen einen ähnlichen Fall gegeben. Ein Obdachloser hat für ein paar Tag’ bei einem Bauern gearbeitet, dem der Knecht krank geworden war. Stall ausmisten, ein Scheunendach reparieren und solche Sachen.

      Dafür hat er im Gesindehaus schlafen dürfen.

      Am letzten Abend hat er sich den Lohn auszahlen lassen, weil er schon früh am nächsten Morgen weiterziehen wollt’. Und in dieser Nacht hat er net nur Brot und Schinken gestohlen, sondern auch das ganze Bargeld, das die Bäuerin im Küchenbüfett aufbewahrt hat.«

      Sophie Tappert sah sich in ihrem Verdacht nur bestätigt, niemand anderer, als dieser Moislinger kam für den Diebstahl in Frage.

      »Und, war’s derselbe Dieb wie hier?« fragte sie. »Warum haben S’ ihn denn noch net verhaftet.«

      »Weil der Bursche längst über alle Berg’ ist«, antwortete der Gendarm. »Und ob’s derselbe ist, ist net gewiß. Obdachlose schau’n doch fast alle gleich aus. Jeder von ihnen kann’s gewesen sein. Nein, nein, Frau Tappert, das Geld ist weg. Vielleicht hätten S’ doch auf meinen Bruder hören sollen und das Geld vom Bankautomat holen, wenn Sie es brauchen. Der ist doch gleich neben dem Supermarkt.«

      »Papperlapapp!« wischte die Haushälterin seinen Rat beiseite. »Ich bewahr’ mein Geld seit ich Haushälterin g’worden bin im Küchenschrank auf, und noch nie ist es gestohlen worden, das hat man nun von seiner Gutmütigkeit. Ich weiß, daß es Christenpflicht ist, einem Menschen, der in einer Notlage ist, zu helfen. Aber wenn’s einem so gedankt wird!«

      Max Trenker hatte durchaus Verständnis für die Frau, dennoch mußte er auch seinem Bruder recht geben, der immer wieder darauf drang, daß seine Haushälterin die Bankkarte benutzte, die er extra für sie hatte ausstellen lassen. Max wußte, daß Sebastian es lästig fand, jeden Freitag Sophie Tappert das Haushaltsgeld für die kommende Woche vorzuzählen. Allerdings hütete der Gendarm sich, sein Wissen auszuposaunen, oder der Frau gar noch mehr Vorwürfe zu machen, wie fahrlässig sie gehandelt habe. Denn er wollte es auf gar keinen Fall mit Sophie Tappert verderben.

      Max, der gerne und häufig Gast im Pfarrhaus war, schielte zum Küchenherd hinüber, auf dem ein großer Topf stand, in dem es leise broddelte. Ein appetitlicher Duft stieg ihm in die Nase.

      Sophie Tappert, sie seinen Blick durchaus bemerkte, zog eine finstere Miene.

      »Es gibt heut’ nur eine Gemüsesuppe«, sagte sie. »Nachdem der Kerl das Geld gestohlen hat, müssen wir sparen!«

      Max vergewisserte sich mit einem Blick in den offenen Topf, daß die Suppe trotzdem für drei Personen reichen würde und atmete erleichtert auf.

      »Ist mein Bruder denn daheim?« fragte er.

      »Hochwürden ist in seinem Arbeitszimmer«, antwortete die Haushälterin.

      Sie sagte nie ›Ihr Bruder‹, sondern immer Hochwürden oder der Herr Pfarrer.

      Der Gendarm nickte ihr zu und ging zu seinem Bruder, der am Fenster stand und nachdenklich hinaussah.

      »Grüß’ dich, Max«, sagte er, als sein Bruder eingetreten war.

      Der Beamte merkte sofort, daß seinen Bruder etwas beschäftigte. Selten hatte er ihn so nachdenklich gesehen.

      »Was gibt’s Neues, im Fall unseres Diebes?« fragte der Geistliche mehr beiläufig.

      Max berichtete, was er auch schon der Haushälterin gesagt hatte. Sebastian Trenker seufzte auf und zuckte mit der Schulter.

      »Also, es wird uns net gleich an den Bettelstab bringen«, meinte er. »Aber ein biß’l enttäuscht bin ich schon. Menschlich enttäuscht, denn, eigentlich hab’ ich den Moislinger-Karl für einen ehrlichen Burschen gehalten. Abgerissen zwar, aber ehrlich. Doch offenbar hat hier meine Menschenkenntnis versagt.«

      Er hatte das alles gesagt, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden. Max indes war neugierig geworden, wonach sein Bruder so intensiv Ausschau hielt.

      »Was gibt’s denn da zu seh’n?« fragte er und trat an Sebastians Seite.

      Schräg gegenüber stand das Rathaus, daneben ein paar Geschäfte, der Metzger, die Apotheke. Ein paar Menschen gingen auf der Straße entlang. Etwas Besonderes konnte Max nicht entdecken.

      »Net viel, im Moment«, antwortete Pfarrer Trenker.

      Er setzte sich in den Bürostuhl, während Max vor dem Schreibtisch Platz nahm.

      »Na los«, forderte der Gendarm seinen Bruder auf. »Das riecht man doch förmlich, daß dich etwas beschäftigt.«

      »Ich hab’ gestern mittag, droben auf der Korber-Alm, die Bekanntschaft einer jungen Dame gemacht«, erzählte Sebastian.

      Er berichtete, worüber er sich mit Elke Kerner unterhalten hatte, und welches Interesse die Frau an der Entwicklung des Tourismus in dieser Gegend zeigte.

      »Und vor ein paar Minuten ist diese Frau Kerner drüben ins Rathaus gegangen«, schloß er.

      Max machte ein ratloses Gesicht. Er wußte nicht, was er von dieser Geschichte halten sollte.

      »Wie du weißt, gibt es Bestrebungen in unserem Dorf, besonders von Seiten des Bürgermeisters und seiner Fraktion, Sankt Johann weiter für den Tourismus zu erschließen«, fuhr Sebastian Trenker fort. »Der Bruckner-Markus möcht’ sich mit dem Ausbau sozusagen ein Denkmal setzen. Wie ich aus sicherer Quelle weiß, ist von einem großen Hotelkomplex die Rede, einer Bergbahn und Skipisten, die angelegt werden sollen.«

      »Bist du sicher?« fragte Max entsetzt. »Das darf doch net wahr sein! Ist der Kerl denn übergeschnappt?«

      Er beugte sich vor und sah seinen Bruder gespannt an.

      »Und was hat diese Frau Kerner mit der ganzen Sach’ zu tun?«

      »Ich weiß net genau«, antwortete der Geistliche. »Ich werd’ nur das unbestimmte Gefühl net los, daß es da einen Zusammenhang gibt, mit den Gerüchten und dem Aufenthalt der Frau in Sankt Johann. So gezielt, wie sie mir gestern ihre Fragen gestellt hat, war es mehr als nur ein allgemeines Interesse.«

      »Du meinst, sie ist auf Bruckners Seite? Aber in welchem Verhältnis stehen die beiden zu einander?«

      Sebastian hob die Hände.

      »Was weiß ich? Vielleicht ist sie mit einer ersten Planung beauftragt. Solch ein Projekt muß schon bis ins Detail geplant sein, wenn es potentiellen Investoren schmackhaft gemacht werden soll. Vielleicht ist die Frau Kerner aber auch vermögend und will hier ihr Geld anlegen. Alles ist möglich.«

      Max Trenker schüttelte den Kopf.

      »Was denkt der Bruckner sich eigentlich? Das bekommen die doch niemals durch.«

      »Solang’ ich hier Pfarrer bin gewiß net«, sagte Sebastian bestimmt.

      *

      Markus Bruckner lief unruhig in seinem Büro auf und ab. Elke Kerner saß indes auf demselben Sessel, auf dem sie schon bei ihrer Ankunft gesessen hatte. Wieder hatte de Bürgermeister Kaffee servieren lassen.

      »Ist es denn wirklich nötig, daß Ihr Bruder noch herkommt?« fragte er. »Die Zeit drängt. Anhand Ihres Gutachtens beginnt die Planungsgruppe ihre Arbeit. Die Modelle der Hotelanlage und der Gletscherbahn sollen in sechs Wochen den Investoren präsentiert werden. Da zählt jeder Tag.«

      Elke trank einen Schluck Kaffee.

      »Mein Bruder ist ja am Freitag pünktlich hier«, sgte sie. »Es handelt sich wirklich nur um ein paar Details, die ich mit ihm abklären muß. Gerade weil es sich um ein solch großes Projekt handelt, verlangt es sorgfältige Arbeit.«

      Sie lächelte ihn charmant an.

      »Abgesehen davon, kostete es ja auch viel Geld, unsere Firma beauftragt zu haben, da erwarten sie doch gewissenhafte Arbeit.«

      Der Bruckner-Markus nickte.

      »Ja, natürlich. Es

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