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der Her Pfarrer wohl auch von einem satt würde?

      Karl Moislinger ging mal davon aus und legte eines zu der Wurst und dem Schinken. Unter dem Regal lagen Plastiktüten. Er nahm eine und steckte die Sachen hinein. Dann ging er durch die Küche und den Korridor. Die Haustür war verschlossen, aber der Schlüssel steckte. Karl drehte ihn herum und öffnete die Tür. Draußen war keine Menschenseele zu sehen, als er die Haustür hinter sich ins Schloß zog.

      »Vergelt’s Gott«, murmelte er und ging den Weg zur Hauptstraße hinunter.

      Auf der Straße angekommen, schaute er sich rechts und links um und nahm dann den Weg nach Engelsbach.

      *

      Für Carsten Henning wurde es eine schlaflose Nacht. Unablässig wälzte er sich in seinem Bett hin und her. Schließlich stand er auf. Es war kurz nach halb zwei, und er hatte noch kein Auge zugetan.

      Der Grund für Carstens Schlaflosigkeit hieß Elke Kerner.

      Der Hotelkaufmann aus Hamburg saß in dem Sessel am Fenster und ließ den Abend noch einmal Revue passieren.

      Elke hatte sich bei ihm eingehakt, und sie waren nach draußen gegangen. Es war ein ungewöhnlich milder Abend. Aus dem Saal des Hotels drang gedämpfte Musik auf die Straße, und auf dem Parkplatz gegenüber hatten sich ein paar Jugendliche aus dem Dorf versammelt. Offenbar war dort ihr Treffpunkt.

      Elke und Carsten gingen langsam die Straße hinunter, an den wenigen Geschäften vorbei, die es in St. Johann gab.

      »Wie sind Sie gerade darauf gekommen, hier Ihren Urlaub zu verbringen?« fragte die junge Frau.

      Carsten erzählte von dem Koch, der von hier stammt und immer wieder von St. Johann schwärmte.

      »Ich bin neugierig geworden«, meinte er. »Und da ich gerade ein paar Tage Urlaub brauchte, habe ich mich kurz entschlossen in das Auto gesetzt und bin hierher gefahren.«

      Über den Grund für den Urlaub, seine geplatzte Verlobung mit Petra Hagen, sprach er nicht.

      »Und Sie?« fragte er. »Was hat Sie hierher verschlagen?«

      Elke hatte schon vorher überlegt, was sie antworten sollte, wenn diese Frage aufkam. Die Wahrheit konnte sie ihm unmöglich sagen, das würde ihre Loyalität gegenüber ihrem Auftraggeber nicht zulassen. Allerdings gab es auch keinen Grund, diesen jungen Mann, der ihr sehr sympathisch war, zu belügen.

      »Die schöne Gegend hat mich angelockt«, erwiderte sie ausweichend. »Ich wohne in der Nähe von München, meine Anreise war also net ganz so weit, wie die Ihre. Aber, sagen Sie, Ihre Tätigkeit im Hotel – ich stelle sie mir wahnsinnig interessant vor. Bestimmt kommen Sie mit vielen berühmten Menschen zusammen. Ihr Haus gehört ja zu den ersten Adressen.«

      Carsten bestätigte es. Es war ein schöner und anstrengender Beruf, den er hatte. Es gab großartige Anlässe für Feiern, und interesssante Gäste aus aller Welt. Aber es konnte auch nervenaufreibend sein.

      »Ich habe nicht einen Tag bereut«, bekundete er.

      Sie waren beinahe am Ende des Dorfes angekommen. Hier war alles still, lediglich der Wind rauschte in den Bäumen, und irgendwo sang eine Nachtigall.

      Elke hatte seinen Arm nicht losgelassen.

      »So, wie sie das sagen, klingt es, als wären Sie in Ihren Beruf verliebt«, lachte sie. »Ist es Ihre einzige Liebe?«

      Carsten schaute sie einen Moment nachdenklich an.

      »Zur Zeit ja«, gab er dann zu.

      Elke wurde plötzlich bewußt, wie persönlich diese Frage war.

      »Entschuldigen Sie, ich wollte nicht indiskret sein«, sagte sie. »Es geht mich natürlich überhaupt nichts an…, aber Sie sind mir irgendwie so vertraut, als ob wir uns schon seit Jahren kennen.«

      »Ist das wirklich wahr?« freute Carsten sich. »Ich…, ich fühle genau das gleiche…«

      Elke hob den Kopf und bot ihm ihren Mund dar. Carsten sah diese wunderschönen Augen, das verlockende Rot ihrer Lippen, und obwohl er sich geschworen hatte, sich nicht wieder so schnell zu verlieben, wußte er, daß es doch geschehen war.

      Als sich ihre Lippen berührten, zog sich das Liebesband, das das Schicksal um sie gewoben hatte, ganz eng zusammen.

      Und diese Tatsache ließ ihn keinen Schlaf finden. Carsten Henning überlegte hin und her, ob es richtig war, sich seinen Gefühlen hinzugeben, trotz der schlimmen Erfahrung, die er gemacht hatte. Seine Liebe zu Petra Hagen war erloschen. Gestorben an jenem unseligen Abend.

      Konnte er überhaupt jemals wieder einer Frau vertrauen?

      *

      Der junge Mann aus Hamburg ahnte nicht, daß noch jemand in dieser Nacht keine Ruhe fand.

      Elke Kerner warf das Gutachten, in dem sie gelesen hatte, achtlos beiseite. Sie lag im Pyjama auf ihrem Bett, auf dem Nachtkästchen daneben standen ein Kännchen Früchtetee und Tasse, sowie ein Tellerchen mit Keksen. Kurz vor Küchenschluß hatte sie sich diese Sachen noch schnell bestellt. Eigentlich wollte sie die schriftliche Stellungnahme heute abend beenden, doch seit sie wieder auf ihrem Zimmer war, konnte sie keinen klaren Gedanken mehr fassen.

      Es bestand kein Zweifel daran, daß sie Carsten Henning liebte. Doch was würde daraus werden? Vor dem Hotel hatte er sie noch einmal geküßt, aber diese beinahe schüchternen Küsse ließen Zweifel aufkommen. Auch wenn er sagte, daß er ihre Gefühle erwiderte, so spürte Elke doch eine deutliche Distanz, die er zu bewahren schien.

      Da mußte etwas sein, das diese Distanz hervorrief!

      Doch eine andere Frau? Carsten hatte beteuert, daß es diese nicht gäbe. Aber warum wirkte er dann so merkwürdig, fast, als habe er ein schlechtes Gewissen?

      Und wenn sie sich irrte? Wenn da gar nichts war, das ihr Mißtrauen begründete, was würden dann aus ihnen beiden werden? Sollte sie mit ihm nach Hamburg gehen, oder würde er sich eine neue Arbeit in ihrer Nähe suchen? Wenn sie ginge, was würde Reinhard, ihr Bruder, mit dem sie die Firma teilte, sagen?

      Fragen über Fragen, und keine Antworten. Außerdem war immer noch nicht das Problem mit dem Hotelbau gelöst.

      Seufzend nahm die junge Frau das Gutachten und blätterte es auf. Ihre Ansicht über das ganze Projekt war klar. Sie konnte nur negativ ausfallen. Dennoch wollte sie die Entscheidung nicht alleine fällen. Also mußte ihr Bruder hierher kommen.

      Elke schaute auf die Uhr. Zwei vorbei. Dennoch griff sie zum Telefon neben ihrem Bett. Sie wußte aus Erfahrung, daß ihr Bruder, gerade am Wochenende, oft die ganze Nacht über zu Hause arbeitete. Sie wählte die Nummer seines Privatanschlusses. Wenn sie noch länger wartete, würde er schon wieder andere Termine haben und erst wer weiß wann herkommen können, dachte sie dabei.

      »Bei Kerner«, hörte sie kurz darauf die Stimme ihrer Schwägerin Marina.

      »Hallo, ich bin’s, Elke. Grüß’ dich, Marina. Sag’ der Reinhard arbeitet doch sicher noch, oder?«

      Die Frau am anderen Ende der Leitung lachte.

      »Du kennst deinen Bruder ganz genau«, antwortete sie. »Aber heut’ abend ist’s eine Ausnahme. Wir hatten Gäste, und die letzten sind gerade gegangen. Wart’, Reinhard steht schon ungeduldig neben mir, ich geb’ den Hörer weiter.«

      »Hallo, Schwesterherz«, rief ihr Bruder gleich darauf. »Wie kommst du voran? Ich hoffe, du bist bald fertig dort unten. Ich brauch’ dich hier dringend. Es wartet eine ganze Menge Arbeit auf dich.«

      »Da muß ich dich enttäuschen«, erwiderte sie. »Ich komme überhaupt nicht weiter. Am besten wird’s sein, wenn du dir’s hier vor Ort selbst anschaust.«

      Sie konnte sich vorstellen, was für ein Gesicht Reinhard jetzt machte, aber sie sah keine andere Möglichkeit, die Sache hier abzuwickeln. Immerhin hing an diesem Auftrag auch immens viel Geld, daß sie für das Fremdenverkehrs-Gutachten verlangen würden. Da mußte alles Hand und

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