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den Büschen zu, die sie bald erreichten.

      Paul und Bill folgten.

      Wie gewöhnlich in diesen Steppenoasen fanden sie auch hier bald einen Quell, dessen Wasser Mensch und Tier sehr willkommen war. Sie ließen die Pferde weiden und stärkten sich an den mitgeführten Nahrungsmitteln. Der Trapper gab dem Büffeljäger während des Mahles einen kurzen Abriß seiner jüngsten Abenteuer, ein Bericht, dem Walker mit hohem Erstaunen lauschte.

      "Hat euch Gott mir in den Weg geführt, Grizzly", sagte Walker, "wäre sonst den blutigen Schurken in die Fänge gelaufen. Gott steh uns bei, die Sioux auf dem Kriegspfade?"

      "Haben die Kiowas und Cheyennes näher auf dem Halse, als die Roten weiter im Norden. Müssen Wachen ausstellen, Puck, denn kreuzen die Kiowas unsre Spur, sind sie gleich Bluthunden hinter uns her. Die Hufe meines Thunder sagen ihnen deutlich genug, wen sie vor sich haben. Hoffe einzig, daß unsre Freunde, die Cheyennes, bald von sich hören lassen."

      "Gut, Oheim, ich werde Wache halten. Paul ist todmüde und ebenso der Büchsenschmied, und du mußt Ruhe haben nach dem langen Ritt."

      "Und du?"

      "Ich bin nicht müde."

      "Wenn euer Puck auf dieser Seite auf die Prairie schauen will, Grizzly", sagte Walker, "so will ich das Gleiche nach Osten hin thun. Ich bin ausgeruht, könnt ruhig schlafen, so lange Sam Walker wacht."

      "Ist recht, Mann, haben Ruhe nötig. Fühle doch, daß acht Tage gebunden in einer Höhle liegen die Körperkraft nicht stärkt. Seht nach Osten aus, Puck wacht hier. Will etwas schlafen, Junge, löse dich hernach ab. Kommt etwas Verdächtiges, laß den Eulenschrei hören."

      Walker nahm seine Büchse und ging an den östlichen Rand des Gehölzes.

      Der Trapper, Bill und Paul streckten sich im Grase aus und waren rasch entschlummert.

      Puck aber nahm seine Büchse, Bogen und Pfeil und ging zum Rande des Holzes, um auf ihrer Spur zurückzuschauen. Er erkletterte einen Baum, der ihm zwischen den Ästen einen erträglichen Sitz bot, hockte dort nieder und ließ den Blick über die Ebene schweifen.

      Dort saß der so mißgestaltete Jüngling, in dessen Körper eine Seele von seltener Reinheit und Schönheit wohnte, und schaute schweigend über seine Heimat, wie er die endlose Prairie nannte, hinweg. Für ihn gab es nichts auf dieser Welt als die Steppe, in der er, wenn auch nicht geboren, doch zu neuem physischen und vor allem zu geistigem Leben erwacht war, und den alten Trapper, dessen rauhe Zärtlichkeit ihn vom Beginn seines neuen Daseins fürsorgend umgeben hatte. Alles, was dieses Herz an Liebe hatte, konzentrierte sich auf den "Oheim", der ihm Vater und Mutter ersetzte. Er kannte ja nichts andres. Von seiner so unglücklichen Körpergestalt, besonders seinem häßlichen Gesicht, wußte er wenig, denn in der Einsamkeit der Wüste kam es ihm kaum zu Bewußtsein. Beides verursachte ihm keinen Kummer. Die Zuneigung des Trappers beeinträchtigte es nicht, und was war ihm an andern gelegen? Ja, er freute sich sogar, wenn Weiße, besonders aber, wenn Indianer vor seiner Erscheinung erschraken. Auch war er an diesen Eindruck seiner Persönlichkeit von Jugend auf gewöhnt. Pauls schöne Gestalt und hübsches Gesicht bewunderte er, ohne es zu beneiden. Auch liebte er den Jüngling und gönnte ihm die Gunst des Trappers, da sich Paul derer nicht lange erfreuen sollte, während er sonst wohl eifersüchtig gewesen wäre.

      Die Zuneigung Grizzlys wollte er mit niemand teilen.

      Der Ideenkreis Pucks war beschränkt. Der Trapper hatte ihn in unsrer Religion unterrichtet und ihm den festen Glauben an Gott und den Heiland gegeben. In der Bibel las Puck mit Andacht die heilige Geschichte. Vorstellungen von den Erscheinungen der Welt hatte ihm sein Pflegevater hervorzurufen gesucht, doch beim Mangel der Anschauung nicht mit Erfolg. Er hatte von der Welt außerhalb der Steppe seine eigenen Ansichten. Puck lebte ein Geistesleben für sich und war glücklich darin. Sorge kannte er so wenig wie Furcht. Der erste gewaltige Schmerz erschütterte seine Seele, als ihm sein Oheim geraubt worden war und in Todesnot schwebte. Doch das war überwunden, unter ihm im Dickicht schlief der alte Mann, bewacht von ihm, und Puck war glücklich.

      Seine Gedanken, während er auf dem hohen Wachtposten weilte, beschäftigten sich nur mit den Gefahren, die den Oheim bedrohen könnten, und unablässig durchmaß sein Auge, scharf gleich dem des Adlers, die weite Fläche vor ihm, die nur selten durch ein Gehölz unterbrochen wurde, ähnlich dem, in welchem sie Schutz gefunden hatten.

      Stundenlang saß er so unbeweglich, unermüdet in seiner Wachsamkeit.

      Da tauchte im Süden etwas auf, was seine ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahm. Durch einen Eulenschrei lockte er rasch den Trapper herbei, dem Bill und Paul und gleich darauf Walker folgten.

      "Was giebt's, Junge?" fragte Grizzly leise.

      "Eine Rothaut kommt dort von Süden heran."

      "Nur eine?"

      "Sehe nur die eine."

      Grizzly und die andern erkletterten Bäume, da von unten der Wilde zunächst nicht zu sehen war. Von höherem Standpunkte erblickten sie ihn, wie er in leichtem Galopp einhersprengte.

      "Ist es ein Kiowa oder ein Cheyenne, Puck?" fragte der Trapper.

      "Kann es nicht erkennen."

      "Was thun wir, Puck? Er wird auf unsre Spur treffen."

      "Ich will nach ihm sehen, Oheim, und ihn fangen, wenn er ein Kiowa ist."

      Und mit großer Gewandtheit stieg Puck herab.

      "Wie willst du das anfangen, Kind?"

      "Ich schleiche mich an ihn; er ist ganz sorglos, und ist er ein Kiowa, hole ich ihn vom Pferde."

      "Gefährliche Sache."

      "Gefährlich? Für mich?" Puck lachte.

      "Geh, Junge, geh; bist ihm gewachsen, weiß es; geh, es ist wichtig, zu erfahren, ob wir Freund oder Feind vor uns haben. Geh, ehe er davonjagt."

      Puck nahm seinen Lasso, Bogen und Pfeil; die Büchse ließ er zurück.

      Zu Paul sagte er: "Sattle den Blitz und führ ihn hierher. Wenn du siehst, daß der Indianer davonjagt, reite im vollen Laufe auf mich zu und bringe mir das Pferd; haben müssen wir ihn, oder wir sind verraten."

      Paul gehorchte sofort, und Puck ging an den Rand des Gehölzes, warf sich dort nieder und kroch hinaus, lief dann mit großer Schnelligkeit, gedeckt durch eine leichte Erdwelle vor dem Auge des noch entfernten Indianers, nach der Stelle zu, wo der Fremde ihre Spur treffen mußte, und entschwand den Blicken der aufgeregt Nachschauenden. Paul war auf dem gesattelten Blitz erschienen.

      Jetzt wurde den mit gespannter Aufmerksamkeit auf die Prairie Hinausschauenden der Indianer sichtbar. Sorglos, wie es schien, sprengte er in leichtem Galopp dahin. Von Puck war nichts zu gewahren.

      Je mehr sich der Indianer der Stelle näherte, wo Puck liegen mußte, desto größer wurde die Aufregung der Zuschauer.

      Der Wilde hielt sein Roß an und schaute zur Erde nieder, er war an der Stelle angelangt, wo sein Weg die Spur der Flüchtlinge kreuzte. Obgleich es zu weit für einen Schuß war, hob der Trapper unwillkürlich seine Büchse.

      Aller Augen waren mit fieberhafter Spannung auf den roten Krieger gerichtet.

      Jetzt - jählings verschwand der Mann vom Pferde im Grase; nur das Pferd allein war noch sichtbar.

      "Er hat ihn", jubelte der Trapper - "der Goldjunge! Hinaus, Paul, hilf ihm, aber halte die Büchse bereit."

      Und hinaus jagte der Jüngling auf dem Blitz.

      "By Jove!" sagte Walker, "ist der Bursche ein Prairiekrieger."

      "'s ist ein Mann, der kleine Gentleman", lachte Bill Stone, "kenne ihn, 's ist ein richtiger Medizinmann."

      In wenigen Minuten hatte Paul, die gespannte Büchse in der Hand die Stelle erreicht, wo der Indianer verschwunden war.

      "Puck!" rief er.

      "Hier, Junge", hallte es zurück, und der Zwerg erhob sich aus dem Grase. "Komm."

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