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Die besten Wildwestromane & Seegeschichten. Franz Treller
Читать онлайн.Название Die besten Wildwestromane & Seegeschichten
Год выпуска 0
isbn 9788027238613
Автор произведения Franz Treller
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
»Gut«, versetzte der Indianer, »aber wie will mein junger Bruder seine Freunde wissen lassen, daß die Wälder sicher sind?«
»Wir wollten zurückgehen und am Nordufer des Cayugasees mit ihnen zusammentreffen«, antwortete John schlagfertig. Er wußte, daß es hier irgendwo einen See dieses Namens gab, hatte allerdings von seiner Lage keine Ahnung.
Er vermochte nicht zu erkennen, ob der Irokese ihm glaubte. Der antwortete nur: »Gut, meine jungen Leute werden nach ihnen suchen.« Mit unverkennbarer Drohung im Ton fuhr er fort: »Mein junger Freund versuche nicht zu fliehen. Er ist bewacht, und eine Kugel eilt schneller als sein Fuß.« Er rief einigen jungen Kriegern ein paar Worte zu, die daraufhin im Wald untertauchten, und winkte den übrigen zu gehen.
Neben John gingen zwei schwerbewaffnete Indianer, die jede seiner Bewegungen belauerten. Aber der junge Mann dachte gar nicht an Flucht, wußte er doch, daß sie völlig aussichtslos war. Was ihn innerlich quälte, war eigentlich nur die Unruhe um seinen Vater. Der Marsch verlief schweigsam, nach etwa zwei Stunden erreichten sie ein Irokesenlager, das mehr als zweihundert Krieger vereinigte. John sah sich nach Ni-kun-tha um und fand ihn alsbald an einem Baum festgebunden. Er warf dem roten Freund einen schnellen Blick zu, den dieser wohl verstand, aber nicht erwiderte. Ni-kun-thas Gesicht war so hochmütig verschlossen, als sei er nicht ein gebundener Gefangener, sondern der oberste Häuptling der hier versammelten Indianer.
Die Indianer lagerten an mehreren Feuern, über denen Fleischstücke brieten. Ungefähr in der Mitte des ziemlich regellosen Haufens saßen auf einer kleinen Lichtung mehrere ältere Männer, deren reicher Knochen- und Perlenschmuck auf hohen Häuptlingsrang schließen ließ. Zu ihnen begab sich der alte Irokese, der die beiden jungen Männer gefangengenommen hatte, und erstattete Bericht.
Von John schien kein Mensch Notiz zu nehmen, doch der junge Weiße wußte sehr wohl, daß das eine Täuschung war, daß er unter ständiger Beobachtung stand. Er wollte auf den gebundenen Miamihäuptling zugehen und sah sich schon nach den ersten Schritten in dieser Richtung von einem Krieger zurückgehalten. Er ließ sich achselzuckend im Gras nieder. Übrigens schien man auch den gebundenen Ni-kun-tha kaum zu beachten.
Nach kurzer Beratung gingen zwei Krieger auf den Baum zu, an dem der Miami stand, und schnitten ihn los. Zwei andere Krieger bedeuteten John, ihnen zu folgen; bald darauf standen beide Gefangene vor der Gruppe der alten Häuptlinge, um sie schloß sich ein Ring von waffenstarrenden Kriegern.
Ein alter Häuptling mit narbenzerrissenem Gesicht richtete die Augen auf Ni-kun-tha, der in stolzer Haltung aufrecht vor ihm stand, und sagte:
»Mein junger Bruder ist Ni-kun-tha, der Sohn Tana-ca-ris-sons, des obersten Sagamoren der Miami?«
»Du weißt es, Häuptling«, antwortete Ni-kun-tha unbewegten Gesichts.
»Die Miami sind bekannt dafür, große Worte zu machen«, sagte der Alte. »Der junge Häuptling hat Mona-ka-wache, den großen Kriegshäuptling der Seneca, getötet?«
In Ni-kun-thas Augen blitzte es auf. »Ja, Seneca«, antwortete er, »im Angesicht von zweihundert seiner Krieger schoß ich ihn nieder.«
Wutgeheul brandete auf. Der alte Häuptling aber wandte sich ruhig und gleichmütig John zu, der neben dem Miami stand. »Das junge Blaßgesicht hat die Waffen gegen meine Krieger erhoben«, sagte er.
»Ich bin friedlich durch die Wälder gezogen und habe mich gewehrt, als ich angegriffen wurde«, entgegnete John.
»Er hat am Canadaigafluß einen meiner Krieger erschlagen«, sagte der Seneca.
Die Huronen, die im Auftrage Hothams der Besatzung der Molly folgten, hatten die Leiche des von John erschossenen Seneca gefunden und Johns Spur gemessen.
Der junge Mann zögerte einen Augenblick mit der Antwort, dann sagte er: »Der Mann griff mich verräterisch aus dem Hinterhalt an; meine Büchse war schneller als die seine.«
»Der junge weiße Krieger ist tapfer, er sagt die Wahrheit; es ist gut«, versetzte der Häuptling. Er erhob sich mit schneller Bewegung und sprach mit weithin schallender Stimme: »Die Völker der Sechs Nationen bis auf die abgefallenen Hunde der Onondaga und Mohawk, sind weit verstreut in den Wäldern, um gegen die Yengeese und ihre Verbündeten zu kämpfen. Von Osten ziehen Krieger heran, andere ziehen nach Süden; wir stehen in der Mitte. Der Miami hat Mona-ka-wache, den großen Häuptling, getötet. Er stirbt am Marterpfahl. Er soll zu den Dörfern der Seneca geführt und gut bewacht werden, bis die Krieger, mit Skalpen beladen, zurückkehren. Alle sollen den Mörder Mona-ka-waches sterben sehen.« Dumpfes Beifallsgemurmel erhob sich rundum.
»Das Blaßgesicht hier hat verräterischerweise einen Krieger getötet«, fuhr der Alte fort. »Auch er soll vor der großen Ratshütte am Pfahl sterben. Er soll ebenfalls zu den Dörfern gebracht werden. Ich habe gesprochen.«
Es erhob sich kein Einwand, die Krieger gingen zu ihren Feuern zurück. John wurde gebunden und zusammen mit Ni-kun-tha zu dem Baum geführt, an dem der Miami bisher gefesselt gestanden hatte.
Ni-kun-tha hatte den wesentlichen Inhalt der Rede des Alten verstanden, John dagegen nicht. Deshalb fragte er jetzt: »Was wird mit uns geschehen?«
»Sie schicken uns zu den Dörfern der Seneca. Wir sollen dort später am Marterpfahl sterben«, antwortete Ni-kun-tha.
John fuhr unwillkürlich zusammen. Der Miami sagte leise: »Mein Bruder fürchte nichts. Der Weg zu den Dörfern der Seneca ist lang. Wir stehen noch nicht am Marterpfahl.«
»Aber mein Vater –«, flüsterte John.
»Hoffen – ihn nicht finden. Haben Fährte gut versteckt in Wasser und auf Stein.«
»Gott gebe es!« flüsterte John.
Ein paar Krieger erschienen und brachten den Gefangenen zu essen. Sie lösten ihnen zu diesem Zweck die Fesseln. Ni-kun-tha aß mit augenscheinlichem Appetit; er würdigte die Irokesen rundum nicht eines Blickes. John dagegen mußte sich zum Essen zwingen.
Nachdem sie ihre Mahlzeit beendet hatten, wurden beide Gefangene wieder gefesselt. Sechs Krieger nahmen sie in die Mitte. Unter den finster drohenden Blicken der umherstehenden Indianer traten sie den Marsch an, der nach dem Willen der Feinde ihr letzter sein sollte.
IN DER HAND DER HURONEN
Burns, Richard Waltham und Bob warteten mit dem Mann, der sich Way-te-ta nannte, vor dem Eingang der Höhle auf die Rückkehr der jungen Leute. Die Zeit verstrich, Stunden vergingen, und nichts rührte sich. Der Männer bemächtigte sich allmählich heftige Unruhe, die sich von Stunde zu Stunde steigerte. Vor allem Burns wurde von furchtbarer Sorge gequält. Bob suchte ihn zu trösten. »Der Falke ist ein geriebener Bursche«, sagte er, »und er ist ebenso tapfer wie klug. Sie werden schon wiederkommen. Wahrscheinlich sind sie irgendwo auf Irokesenspuren gestoßen und müssen einen weiten Umweg machen, um zurückzukommen. Ängstigt Euch nicht, sie werden nicht mehr lange auf sich warten lassen.«
Doch die Stunden verrannen, und die Vermißten kamen nicht. Dem alten Burns sträubten sich bei dem Gedanken, John möchte in die Hände der Roten gefallen sein, die Haare auf dem Kopf.
»Möcht Euch gerne helfen, Mr. Burns«, sagte Richard Waltham, »wüßt' ich mich nur besser im Wald zu bewegen.«
»Bleibt um Gotteswillen hier«, sagte der Alte. »Wir wenigstens dürfen uns jetzt nicht mehr trennen.«
Stunden der Unruhe und der Sorge vergingen, auch Bob wurde allgemach mißtrauisch. Der Irre, der während der meisten Zeit geschlafen hatte, erwachte eben und sah sich mit seinen scheuen Blicken um. »Wo Junge Tanne? Wo Cayugahäuptling?« fragte er.
»Wollte, weiß Gott, wir wüßten's«, knurrte Bob, »lange genug sind sie weg.«
Der blonde Fremde mit dem seltsamen Wesen sah den bärenstarken Riesen, der ihm von jeher zu gefallen schien, aufmerksam