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Abhängigkeit von Kanada.

      Sie hatten erst eine kleine Weile geruht, als der Häuptling sich erhob, um zunächst einmal, seiner Gewohnheit nach, die nähere Umgebung nach verdächtigen Spuren abzustreifen. »Ich lasse dich nicht allein gehen, Falke«, sagte John, aufstehend und nach der Büchse greifend.

      Der Indianer lächelte: »Schnelle Büchse mag mitkommen. Er sehr klug, scharfes Auge. Vier Augen besser als zwei.«

      Die beiden Männer hielten sich bei ihrem Streifzug nach Westen, um nach einiger Zeit, einen Bogen beschreibend, zum Lager zurückzukehren. Das Holz stand am Fuß der Hügelkette lichter und erlaubte ein ziemlich rüstiges Ausschreiten.

      Sie mochten ein paar Meilen gegangen sein, ohne irgendetwas Verdächtiges zu gewahren, als der Miami, während sie dem Lauf eines seichten Baches folgten, plötzlich zusammenzuckte und einen heiseren Überraschungsruf ausstieß. John stutzte, blieb gleichfalls stehen und faßte die Büchse fester. »Was gibt's, Falke?« flüsterte er.

      »Dort!« zischte der Indianer; seine Augen funkelten gleich denen eines auf Beute lauernden Panthers.

      John folgte dem weisenden Finger seines roten Gefährten mit dem Blick, sah aber nichts. »Was fällt dir auf?« flüsterte er.

      »Irokese hier!« zischte der Indianer.

      John erschrak und blickte sich unruhig um; er gewahrte noch immer nichts.

      »Komm«, raunte der Häuptling und watete durch den Bach. John folgte ihm. Drüben angekommen, wies Ni-kun-tha auf eine Stelle am Boden. John sah nichts.

      »Gras niedergetreten – hier – da – dort«, raunte der Miami. »Irokesenspäher kommen Bach herauf, gehen hier an Land.«

      John starrte auf das Gras; jetzt schien es ihm, als seien hier und da ein paar Hälmchen umgeknickt. Er hätte das nie gesehen, ohne ausdrücklich darauf hingewiesen zu werden.

      »Eben erst hier gewesen, Spur frisch«, flüsterte Ni-kun-tha.

      John, der selbst im Wald aufgewachsen war, ein vorzüglicher Jäger war und über scharfe Augen verfügte, bewunderte den Spürsinn des roten Mannes. Er hatte oft von der unwahrscheinlichen Fähigkeit der Indianer, Spuren zu lesen, gehört; jetzt zum ersten Male erhielt er eine unmittelbare Probe dieser Kunst. »Was beginnen wir?« raunte er.

      »Gehen nach. Töten ihn«, zischte Ni-kun-tha. »Sehr gefährlich!« Und mit unendlicher Vorsicht, dabei doch raschen Schrittes folgte er der nur seinem Auge wahrnehmbaren Spur, bis zu einer Stelle, wo das Gras spärlicher wuchs und wo nun auch John in dem weichen Boden den leichten Eindruck eines Fußes gewahrte.

      Plötzlich fiel irgendwoher ein Schuß; John hörte die Kugel dicht an seinem Ohr vorbeipfeifen; in knapp hundert Schritt Entfernung stieg Pulverdampf auf. Ni-kun-tha sprang, den Tomahawk aus dem Gürtel reißend, mit gellendem Schrei auf die Stelle zu, John folgte ihm, ohne zu zögern. Unmittelbar vor ihnen tauchte ein Indianer auf; er entfernte sich in eiliger Flucht, von John und dem Miami gefolgt. Plötzlich stolperte Ni-kun-tha und fiel. John erkannte zu spät, daß ein ihm geschickt zwischen die Beine geworfener Ast die Ursache dieses Stolperns war. Fast im gleichen Augenblick erhoben sich ringsum an die zwanzig wild bemalte Indianer; ebenso viele Gewehrläufe starrten den beiden entgegen.

      Ni-kun-tha sprang auf; sein Blick flog wie der eines gestellten Wildes in die Runde. Wohin er sah, standen Irokesenkrieger in Kriegsbemalung, die schußbereiten Büchsen erhoben. Der Häuptling ließ die eigene Büchse sinken und blieb hochaufgerichtet, in königlicher Haltung stehen. John stand schwer atmend neben ihm.

      Ein alter Indianer trat vor und redete Ni-kun-tha an: »Mein junger Bruder hatte es sehr eilig bei der Verfolgung eines meiner jungen Leute.«

      Ni-kun-tha antwortete nicht.

      Die anderen Indianer drängten jetzt näher; auf einen Wink des Alten wurden John und dem Miami die Waffen abgenommen.

      »Mein junger Bruder ist ein Shawano, der gleich einem Wolf in den Wäldern heult?« sagte der Irokese, wie Ni-kun-tha auf den ersten Blick gesehen hatte, ein Seneca-Häuptling.

      Ni-kun-thas Gesicht war hoheitsvoll verschlossen und erschien völlig ausdruckslos. Er antwortete immer noch nicht.

      »Der noch sehr junge Krieger schämt sich, seinen Namen zu nennen?« höhnte der Seneca. »Gewiß wurde er noch nie im Rat der Alten genannt; nur die jungen Squaws werden ihn kennen.«

      Ein finsteres Lächeln erschien auf dem Gesicht des jungen Häuptlings. Er hatte nicht alles, aber doch das Wesentliche verstanden. Jetzt antwortete er im Dialekt der Cayuga: »Die Seneca heulen vor Angst und verkriechen sich in den Wäldern, wenn sie meinen Namen hören. Ich bin Ni-kun-tha, der Miami, der Sohn Tana-ca-ris-sons.«

      Jähe Überraschungsrufe wurden laut; gleich darauf setzte wildes Geheul ein; wilder Haß sprühte in den Augen der Indianer.

      Nur der alte Häuptling ließ sich die innere Erregung nicht anmerken. »Oh«, sagte er nach einer kleinen Weile, »Ni-kun-tha, der Miami bist du, der aus dem Hinterhalt den großen Mona-ka-wache tötete.«

      »Er fiel von meiner Kugel; sechs Skalpe seiner Krieger sind in meiner Hand«, versetzte Ni-kun-tha hochmütig. Der Alte hatte Mühe, die Wut seiner Krieger zu zügeln, die Anstalten machten, auf den Miami einzudringen.

      »Gut«, sagte der alte Häuptling schließlich, »der Miami hat Mut. Er wird Gelegenheit haben, es zu beweisen.«

      Ein Wink seiner Hand, und beiden Gefangenen wurden die Arme mit dünnen Riemen auf dem Rücken zusammengeschnürt. Der Krieger, den Ni-kun-tha verfolgt hatte, trat an den Alten heran und flüsterte ihm etwas zu. Der befahl, den Miami fortzuführen und drohte jedem mit schwerster Strafe, der dem Gefangenen ein Leid zufügte. Darauf wandte der Häuptling sich John zu, der bleich, aber gefaßt und in aufrechter Haltung dastand.

      »Das Bleichgesicht ist ein Freund der Miami?« fragte er kurz.

      »Das bin ich«, antwortete John.

      »Gut. Der weiße Mann folgt dem Miami auf dem Kriegspfad?« Der Häuptling hatte John auf Englisch angesprochen, das er mit indianischem Akzent nahezu fehlerfrei sprach.

      »Nein«, antwortete der junge Burns. »Ich bin nicht auf dem Kriegspfad, sondern ziehe friedlich durch die Wälder, meiner Heimat zu.«

      »Sehr gut. Der weiße Mann ist kein Krieger?«

      »Nein.«

      »Aber er nimmt Irokesenskalpe, wo er sie findet.«

      »Kein weißer Mann nimmt Skalpe, Indianer«, versetzte John, »du weißt das sehr gut. Ich füge niemand ein Leid zu, es sei denn zur Verteidigung meines Lebens.«

      »Ich sehe, mein junger Bruder ist friedlichen Sinnes und wandelt nicht auf dem Kriegspfad. Er wird das den großen Häuptlingen sagen, und sie werden ihn mit seinen Begleitern nach seinem Wigwam ziehen lassen.«

      John atmete unwillkürlich auf. Er ahnte die Arglist des Indianers nicht, auch fiel ihm nicht auf, daß der Rote von seinen Begleitern sprach, von denen er eigentlich nichts wissen konnte.

      »Welchen Weg ging mein junger Bruder?« fragte der Indianer.

      Die Frage machte den Jüngling stutzig; mit Schrecken gedachte er seines Vaters. Besonnen antwortete er: »Wir sind vom Onondaga aus durch die Wälder gezogen und wollen zum Genesee, weil der Ontario in der Hand der Franzosen ist.«

      »Es ist gut, mein junger Freund spricht nur mit einer Zunge«, versetzte der Irokese. Er befahl, Johns Fesseln zu lösen, und fuhr fort: »Die anderen weißen Männer werden Sorge haben, wenn das junge Blaßgesicht nicht zurückkehrt. Will er ihnen nicht durch einen meiner Läufer Botschaft senden, daß sie bei den Irokesen willkommen sind?«

      Das war ein wenig plump gefragt. Fuchs! dachte John, der seine Erregung inzwischen einigermaßen niedergekämpft hatte. Mit einer Treuherzigkeit, die geeignet war, selbst den verschlagenen Alten zu täuschen, antwortete er: »Ich würde das dankbar annehmen, Häuptling, wüßte ich nur, wo sie zu finden sind. Mein roter Gefährte und ich

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