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junge Arzt geseufzt. Gleich darauf zwang er sich zu einem Lächeln.

      »Sie können mich wirklich begleiten. Wir werden so gehen, dass Sie die Ankunft jedes Autos wahrnehmen. Einverstanden?«

      »Warum, Herr Doktor? Ich bin Ihnen nur im Weg. Der Park ist groß, ich will mich wirklich nicht weit entfernen.«

      »Das habe ich verstanden. Ich finde es nur nicht richtig, eine schöne Frau warten zu lassen. Wissen Sie eigentlich, dass Sie bereits über zwei Stunden hier herumstehen? Es tut Ihnen sicher gut, einige Schritte an der frischen Luft zu tun. Holen Sie sich eine Jacke. Die Sonne täuscht, es weht ein kühler Wind.«

      Sonja brachte es nicht fertig, erneut abzulehnen. Dr. Bernau war ihr sehr sympathisch, und unter normalen Umständen hätte sie sich gern mit ihm unterhalten. Sie drehte sich um. Dr. Bernau rief ihr nach: »Aber beeilen Sie sich, ich warte nämlich hier auf Sie und allzu lange habe ich nicht mehr Mittagspause.«

      Sie wandte den Kopf nach ihm, jetzt lächelte sie. »Ich bin gleich wieder hier!«

      Sonja beeilte sich wirklich. Dr. Bernau stand in der Nähe der Portierloge, als sie wieder hinunterkam. Er bemerkte, dass ihr Blick suchend durch die Halle glitt. »Er ist noch nicht gekommen«, sagte er.

      »Sind Sie ganz sicher?« Ihre großen blauen Augen flackerten unruhig.

      Dr. Bernau nickte. »Es hat niemand die Klinik betreten, seit Sie nach oben gegangen sind.«

      »Danke!« Verlegen fuhr Sonja sich über die Stirn. »Jetzt wird mein Mann sicher bald hier sein.« Mit diesen Worten wollte sie sich eigentlich selbst beruhigen.

      »Wir bleiben in der Nähe des Parkplatzes«, versicherte Dr. Bernau ihr noch einmal.

      Sonja nickte, und jetzt folgte sie ihm aus der Klinik. Nach ein paar Schritten blieb sie jedoch bereits wieder stehen und ließ ihre Blicke wandern. Dr. Bernau griff nach ihrem Ellbogen. »Dort ist der Parkplatz. Wir gehen in diese Richtung.«

      »Ja, danke!« Sie sah ihn an, und ihr Blick löste in Dr. Bernau das Gleiche aus, was Dr. Lindau bereits empfunden hatte. Er wollte, dass diese junge Frau wieder lächelte. Es war einfach nicht richtig, dass sie so unsicher und traurig war. Sonja war eine Frau, der man gern die Sterne vom Himmel holen würde.

      »Finden Sie nicht, dass die Klinik sehr schön liegt?«, begann er das Gespräch. »Sie werden sehen, auch Sie werden sich bei uns noch wohlfühlen.«

      Erschrocken sah Sonja ihn an. »Ich werde nicht lange bleiben. Es ist nur ein kleiner Eingriff. Jedenfalls hat Dr. Lindau mir dies versichert.«

      »Wenn Dr. Lindau das sagt, dann stimmt es auch.« Der Assistenzarzt schenkte ihr ein beruhigendes Lächeln. »Auf den Chef kann man sich immer verlassen. Ich habe es noch nie erlebt, dass er sich bei irgendeiner Diagnose geirrt hätte. Sie können zu ihm volles Vertrauen haben.«

      »Ich weiß.« Leiser und mit einem kleinen Lächeln setzte sie hinzu: »Ich wäre sonst nicht hier.«

      Ihr Lächeln ermutigte ihn weiterzusprechen: »Sie brauchen auch keine Angst zu haben. Wenn Dr. Lindau einen Eingriff vornimmt, dann klappt er auch.«

      »Sie wissen …« Sonja war verwirrt. Sie wollte Abstand zwischen sich und ihn bringen, aber er ließ es nicht zu und griff nach ihrem Arm.

      »Ich gebe zu, ich habe mir Ihr Krankenblatt angesehen. Es wäre nicht nötig gewesen, denn ich bin nicht Ihr behandelnder Arzt. Ich kann nur hoffen, dass Sie mir deswegen nicht allzu böse sind. Sie sind mir bei der ersten Begegnung bereits aufgefallen. Sie machten so einen traurigen Eindruck. Da musste ich einfach wissen, ob Sie schwer krank sind.«

      »Und?«

      »Ich stellte fest, dass es nicht an Ihrem Gesundheitszustand liegen kann, dass Sie so deprimiert sind. Dr. Lin­dau hat Ihnen sicher gesagt, dass es mit dem Myom keine Probleme geben wird. Sie lassen doch den Eingriff vornehmen?«

      »Ja, das heißt, wenn mein Mann damit einverstanden ist.«

      »Aber, Frau Baldau!« Dr. Bernau war nun wirklich bestürzt. Sie waren in Richtung Parkplatz gegangen, jetzt verhielt er seinen Schritt. »Sie haben Glück, Sie können das Myom entfernen lassen. Wie gesagt, ich habe den Krankenbericht gelesen. Sie müssen Beschwerden haben. Deshalb müssen Sie sich unbedingt operieren lassen, egal was Ihr Mann sagt. Männer haben oft kein Verständnis …« Er sprach den Satz nicht zu Ende, denn er sah, wie brennendes Rot ihre Wangen überzog. Da legte er ihr die Hand auf die Schulter. »Bitte, Frau Baldau, ich bin Arzt. Ich habe ständig mit Frauenkrankheiten zu tun, diese sind etwas völlig Natürliches.«

      »Für mich nicht! Ich hatte vorher erst einmal mit einem Frauenarzt zu tun.«

      »Was?« Er war erneut überrascht. »Sie sind noch sehr jung, aber Sie sollten trotzdem hin und wieder einen Frauenarzt aufsuchen.«

      »Es war wirklich nicht nötig.«

      »Warum haben Sie eigentlich Angst vor uns Ärzten? Wir wollen doch nur helfen. Besonders Dr. Lindau hat es sich zur Aufgabe gemacht, den Frauen zu helfen.«

      »Eine Frau ist aber keine Frau mehr …« Sonja senkte den Blick.

      »Hat Ihnen Dr. Lindau das noch immer nicht ausreden können?« Dr. Bernau schob seine Hand unter ihr Kinn und hob es an. Jetzt musste sie ihn ansehen. »Da haben wir es! Sie haben einfach kein Vertrauen, noch nicht einmal zum Chef.«

      »Schon …« Sonja biss sich auf die Unterlippe. »Ich weiß nur nicht recht …«

      »Sie haben es nicht! Geben Sie es nur zu!«

      »Wahrscheinlich haben Sie recht. Ich würde ja gern …« Sie brach wieder ab.

      »Wir wollen offen miteinander sprechen, Frau Baldau.« Er legte ihr seine Hände auf die Schultern. »Falls Sie noch irgendwelche Bedenken haben, werde ich versuchen, Ihnen diese zu nehmen. Und vergessen Sie nicht, ich bin Arzt. Wir können über alles sprechen.«

      Sonja sah ihn an. Ja, sie hatte Fragen! Ein dankbares Lächeln erschien auf ihrem Gesicht. Sie hatte das Gefühl, mit ihm reden zu können. Es war das erste Mal seit gestern, dass sie nicht an ihren Mann dachte, und gerade in diesem Moment fuhr er auf den Parkplatz, der zur Klinik am See gehörte.

      Moritz stieg aus. Er hatte unterwegs angehalten und noch einmal über den Anruf nachgedacht. Er verstand es nicht, und im Grunde gab er sich auch keine Mühe, es zu verstehen. Warum sollte Sonja Beschwerden haben? Jetzt hatte sie sogar noch Dr. Lindau mit hineingezogen. Seine Miene wurde finster. Natürlich glaubte er nicht, dass der Chefarzt ein Verhältnis mit ihr hatte. Doch warum war sie dann ausgerechnet nach Auefelden gefahren? Die ganze Zeit hatte er sich schon den Kopf darüber zerbrochen, wen sie in Auefelden noch kennen konnte. Mit gesenktem Kopf schritt er über den Parkplatz, dann sah er hoch, und was er sah, ließ die Adern an seinen Schläfen anschwellen. Hatte er es doch geahnt! Sonja hatte einen Grund gehabt, nach Auefelden zu fahren.

      Moritz sah nur das Lächeln, das Sonja in diesem Moment dem Assistenzarzt schenkte. Die Eifersucht brachte sein Blut in Wallung. Er konnte nicht mehr vernünftig denken. Er starrte auf das Paar. Wie vertraut sie miteinander umgingen! Dieser Mann, er verschlang seine Frau geradezu mit den Blicken.

      Moritz’ Hände ballten sich. Er verließ den Parkplatz, ging mitten durch das Blumenbeet durch. »So sieht das also aus!«, sagte er scharf.

      Sonja und Dr. Bernau erschraken. Der Arzt wandte den Kopf, auch Sonja sah ihren Mann erst jetzt.

      »Moritz! Ich warte schon seit Stunden auf dich.«

      »Das sehe ich!« Moritz’ Miene blieb finster. »Du hast dich hier untersuchen lassen, sagte Dr. Lindau. Ich sollte dies auch noch glauben.« Moritz lachte auf. Das Lachen kannte Sonja. Es hatte ihr bereits vor Tagen wehgetan.

      Moritz wandte sich von ihr ab. Er fixierte nun Dr. Bernau. »Natürlich, jetzt begreife ich! Sie sind Arzt hier, deswegen hat meine Frau plötzlich Beschwerden.«

      »Moment!« Dr. Bernau hob die Hände. »Ich bin nicht der behandelnde Arzt Ihrer Frau.«

      »Stellen

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