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die Bettdecke zurück.

      »Aber, das ist nicht nötig.« Schwester Karin trat nun an das Bett heran. »Ich bringe ein Tablett, und Sie können im Bett frühstücken.«

      »Das will ich nicht! Wenn ich gewusst hätte, dass es schon so spät ist, wäre ich schon lange aufgestanden.«

      »Sie haben geschlafen«, erinnerte Schwester Karin.

      »Ja, das muss es wohl sein. Ich hätte nicht gedacht, dass es schon so spät ist. Ich ziehe mich gleich an.«

      »Das ist nicht nötig. Unsere Patientinnen frühstücken immer im Bett. Was darf ich Ihnen also bringen, Tee oder Kaffee?«

      »Kaffee, bitte! Aber ich ziehe mich an. Ich will nicht im Bett frühstücken. Es ist auch nicht nötig. Ich bin nicht krank.« An der erstaunten Schwester vorbei schlüpfte Sonja aus dem Bett und eilte ins Bad. Achselzuckend verließ Schwester Karin das Zimmer, beinahe wäre sie mit dem Chefarzt zusammengestoßen.

      »Wie geht es Frau Baldau?«, fragte er. »Hat sie schon gefrühstückt?«

      »Nein, bis vorhin hat sie noch geschlafen.« Schwester Karin sah dem Chefarzt ins Gesicht. Sie wusste nicht, was sie von dieser Frage halten sollte. »Schwester Marianne hat gemeint, wir sollten sie schlafen lassen. Jetzt jedoch wollte ich ihr das Frühstück bringen.«

      »Ja, dann machen Sie das mal!« Dr. Lindau ging an der Schwester vorbei.

      »Herr Doktor«, rief Schwester Karin ihm nach. »Die Patientin ist im Bad. Sie ist aufgestanden, sie will nicht im Bett frühstücken.«

      »Schon gut, bringen Sie trotzdem das Frühstück. Ich werde Frau Baldau dabei Gesellschaft leisten.« Dr. Lin­dau drehte sich nicht mehr nach der Schwester um, er betrat das Zimmer, in dem Sonja die Nacht verbracht hatte. Er musste nicht lange warten, da kam diese aus dem Bad. Der Anblick des Chefarztes ließ sie erröten.

      »Herr Doktor, ich habe schon an Sie gedacht. Ich wollte so schnell wie möglich zu Ihnen. Wenn Sie jetzt in Rosenheim anrufen, werden Sie meinen Mann wahrscheinlich erreichen. Wenn Sie sagen, dass ich hier in der Klinik bin, dann muss er dies ja glauben.« Sie hatte hastig gesprochen, sie konnte an nichts anderes denken als an Moritz.

      »Setzen Sie sich, die Schwester wird Ihnen gleich das Frühstück bringen. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen.«

      »Gut? Ich weiß nicht! Mitten in der Nacht wollte ich aufstehen und nach Rosenheim zurückfahren.«

      »Das wäre sehr dumm von Ihnen gewesen.«

      »Ich habe es dann auch nicht getan.« Sonja wich Dr. Lindaus Blick aus. »Und dann, dann muss ich wohl doch noch eingeschlafen sein. Es ist schon neun Uhr vorbei. Bitte, Herr Doktor, ich möchte Sie nicht drängen, aber jetzt müsste mein Mann eigentlich zu Hause sein.«

      »Er ist zu Hause. Ich habe gerade vorhin mit ihm telefoniert.«

      »Sie haben mit ihm gesprochen?« Sonja wurden die Knie weich. Sie sah sich nach einem Stuhl um. Dr. Lindau nahm sie am Arm und führte sie zu dem Tischchen.

      »Ja! Setzen wir uns. Die Schwester wird Ihnen gleich das Frühstück bringen, und während Sie essen, erzähle ich Ihnen von dem Telefongespräch.«

      »Ich kann doch jetzt nichts essen.« Empört wies Sonja dies von sich. Aber sie hatte sich gesetzt.

      »Ich leiste Ihnen beim Frühstück Gesellschaft.« Dr. Lindau sagte es bestimmt. Er wandte den Kopf, sah zur Tür. Seine Stirn war gekräuselt. Das Gespräch mit Herrn Baldau war nicht so verlaufen, wie er es sich vorgestellt hatte. Nun, er würde Gelegenheit haben, mit dem Mann noch einmal zu sprechen, und zwar nicht am Telefon.

      »Sie haben meinen Mann erreicht?« Sonjas Stimme zitterte. Nach einigen Sekunden erst stellte sie die zweite Frage: »Was hat er gesagt?«

      »Nicht viel!« Dr. Lindau wandte sich der jungen Frau zu. »Ihr Mann scheint wirklich sehr misstrauisch zu sein.« Ein kleines Lächeln umspielte seine Lippen. »Wäre ich einige Jahre jünger, hätte er wahrscheinlich mich verdächtigt, Ihr Geliebter zu sein.«

      Sonja schoss das Blut in die Wangen. »Es tut mir leid, Herr Doktor! Ich weiß, man kann mit meinem Mann einfach nicht reden.« Sie brach ab, denn die Schwester brachte auf einem Tablett Kaffee und Brötchen.

      Mit angehaltenem Atem sah sie zu, wie sie die Tasse auf den Tisch stellte, das Messer bereitlegte. Erst als die Schwester das Zimmer wieder verlassen hatte, stieß sie hervor: »Was hat mein Mann gesagt? Er glaubt Ihnen also nicht?«

      »Das kann ich nicht genau sagen.« Dr. Lindau setzte sich, er goss für Sonja Kaffee in die Tasse, schob ihr diese zu. »Jedenfalls weiß Ihr Mann nun, dass Sie hier in der Klinik sind. Er wollte kommen und zwar gleich.«

      »Wie?« Mit beiden Händen umspannte Sonja die Kaffeetasse. »Sie glauben wirklich, dass er herkommt?« Die Erregung spiegelte sich in ihren Gesichtszügen wider.

      »Ich nehme an, dass er bereits unterwegs ist. Er wollte gleich fahren.« Dr. Lindau räusperte sich. »Sonja, ich habe versucht, Ihrem Mann zu erklären, warum Sie hier sind. Ich bin mir nicht sicher, ob er es verstanden hat. Ihr Mann scheint über Frauenkrankheiten nicht viel zu wissen.«

      »Doch! Da sind seine Mutter und seine Schwester, beide hatten große Probleme.« Ohne zu zögern, begann Sonja, ihren Mann zu verteidigen.

      »Dann verstehe ich ihn erst recht nicht!« Dr. Lindau legte seine Fingerspitzen gegeneinander. »Ich habe versucht, ihm Ihre Beschwerden zu erklären. Er meinte, bis zu Ihrer Hochzeitsreise hat es auch immer geklappt. Sie seien sehr glücklich gewesen.«

      »Das stimmt!« Sonjas Kinn sank auf die Brust. »Daher habe ich solche Angst, ihn zu verlieren.«

      Dr. Lindau räusperte sich erneut. Die junge Frau sah wieder so rührend unsicher aus. Das Gefühl, helfen zu müssen, erwachte da in jedem Mann. »Machen Sie sich keine Sorgen, Sonja!« Er tätschelte kurz ihren Handrücken. »Ihr Mann kommt her, und dann werde ich noch einmal mit ihm reden.«

      Sonja atmete tief durch, sie sah hoch, und langsam breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus.

      *

      Über zwei Stunden hielt Sonja sich bereits in der Empfangshalle der Klinik auf. Teilweise saß sie auf einer Bank, den Blick auf den Eingang gerichtet, teilweise ging sie zwischen Bank und Portal hin und her. Auch auf der Eingangstreppe hatte sie schon einige Zeit gestanden. Dr. Lindau hatte versucht, sie zu bewegen, etwas zu Mittag zu essen, doch sie hatte nur kopfschüttelnd abgewehrt und sich nicht aus der Halle entfernt. So traf sie Dr. Bernau an, als er vom Mittagessen kam.

      »Hallo, Sie sind ja noch immer da!« Er blieb neben ihr stehen. »Das bedeutet, dass Ihr Mann noch nicht gekommen ist. Hoffentlich weiß Ihr Mann Ihre lange Ausdauer zu schätzen.«

      »Mein Mann wird nicht gleich losgefahren sein.« Sonja verschlang die Hände ineinander. Sie sah den Assistenzarzt dabei nicht an. »Er kann unterwegs auch angehalten haben.« Ihre Stimme zitterte. Würde ihr Mann überhaupt kommen? Immer wieder hatte sie, während sie hier gewartet hatte, an Hilga Zöllner gedacht. Sie hatte diese Frau nicht allzu oft gesehen, und da hatte sie ihr keine weitere Beachtung geschenkt. Jetzt versuchte sie, sich die Kellnerin vorzustellen.

      »Sie wollen also weiter hier warten?«, fragte Dr. Bernau.

      Sonja nickte.

      »Dann mache ich Ihnen einen Vorschlag: Kommen Sie doch mit ins Freie. Ich will mir nur etwas die Füße vertreten.«

      Sonja sah ihn mit einer naiven Fassungslosigkeit an. »Das geht doch nicht! Wenn mein Mann inzwischen kommt!«

      Dann soll er warten, wollte Dr. Bernau sagen. Er schluckte die Worte jedoch noch rechtzeitig hinunter. »Wir bleiben in der Nähe des Parkplatzes. Sie können dann auch sehen, wenn Ihr Mann kommt.«

      Sonja zögerte.

      »Ihr Mann kommt doch mit dem Auto?«

      »Ja, natürlich!« Sonjas Blick ging über Dr. Bernaus Schulter hinweg zum Eingang.

      Dr.

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