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      Der Name, von seinem Munde gerufen, brachte sie zum Bewußtsein.

      Mit wirren Augen sah sie um sich, fühlte, wie er sie umfaßt hielt, zum Wagen führte, bis in das Haus brachte, zu dem Ruhebett geleitete.

      Und da saß er neben ihr und hielt ihre Hand und streichelte ihr Gesicht und sprach zu ihr. Den Kopf dicht an ihrem Gesicht. Und wie wenn ein Zauberer neben ihr säße, wandelte sich alles in ihrer Seele … bis die Schreckensbilder verflogen, bis sie wieder das Wachs wurde, das er in seinen Händen knetete. Bis ihr die Sprache wiederkam. Und dann sprach er immer wieder zu ihr. Ihre Sinne wurden schärfer von Satz zu Satz.

      Er brauchte sie wieder … sein Werkzeug.

      »Ich fahre fort von hier, Juanita. Nur ein paar Stunden noch kann ich bleiben. Fort aus den Staaten! Längst hätte ich sie hinter mir, wenn ich nicht dich noch hätte sprechen müssen.«

      Eine kurze Freude war ihr der Gedanke, mit ihm wegzugehen, zu fliehen.

      »Du mußt bleiben, Juanita! Für mich wirken … arbeiten … nicht hier in den Bergen, du mußt nach Washington. Spätestens morgen.«

      Mit abwehrenden Händen hatte sie sich weggewandt.

      »Nein! Nein! Nimm mich mit. Ich kann nicht mehr …«

      »Doch, Juanita! Du wirst bleiben, du wirst stark sein. Du mußt tun, was geschehen muß.«

      Und dann brachte er den Mund ganz nahe an ihr Ohr und sprach zu ihr.

      Von James Smith, den man verhaftet hatte, sprach er, von der kommenden Gerichtsverhandlung, von den Aussagen des verhafteten Chefingenieurs vor den Richtern, sprach von seiner Angst, daß dieser unter dem Druck des Geschehenen schwach werden könne … sagte, wie sie zu Smith eilen müsse, mit ihm reden, ihn festhalten in dem Rausch, daß er standhaft blieb … ein Zufall war’s gewesen, der alle Minen gleichzeitig zur Explosion brachte …

      Und sie sank unter seinen Worten zusammen … ihr Leib wand sich wie unter martervollen Mißhandlungen. Ihre Seele schrie unablässig nein!

      Nein … zuviel! Zuviel! Die gerungenen Hände streckten sich ihm entgegen in tiefster Qual. Er griff sie, und die zusammengekrampften Finger lösten sich. Er küßte sie, streichelte sie. Die Augen, die blicken konnten wie die keines anderen Menschen, senkten sich in ihre. Wie eine schwere Decke legte es sich über ihre Stirn.

      Er beugte sich über sie. Seine Lippen berührten die ihren. Ein Zucken ging über ihre Gestalt, als wolle sie ihn zurückstoßen. Dann flüsterte sie:

      »Ja! Ich werde gehen!«

      Mit geschlossenen Augen lag sie da. Er war hinausgegangen. Sie hörte die Tür hinter ihm ins Schloß fallen. Langsam richtete sie sich empor.

      Ihre Hand griff zur Brust. Da war es wieder … der Schmerz … der brennende Schmerz.

      Ein kurzes Husten erschütterte ihren Leib. Sie führte das Tuch zum Munde, ihn aufzuhalten, den Lebensstrom, der da sich lösen wollte. Mit aller Willenskraft kämpfte sie, sich aufrecht zu halten, und es gelang.

      Der Anfall verging.

      Langsam schritt sie zum Spiegel! Wie eine Fremde starrte sie das Bild an, das der ihr entgegenwarf. Und dann fiel ihr Blick auf das Taschentuch, das der Spiegel zeigte. Die roten Flecke dann, sie waren wieder da.

      Christie Harlessen stand am Kai von Valparaiso. Ihre Augen hingen mit verzehrender Ungeduld an einer Turbinenjacht, die draußen von einer Boje losmachte. Ihr Fuß stampfte ungeduldig auf die Steinplatten.

      »Schneller! Schneller!« murmelten ihre Lippen. Sie riß das Glas an die Augen und richtete es auf den Horizont. Da! Da drüben, da fuhren sie … die beiden Simmons-Schiffen mit ihrer kostbaren Kobaltladung. Eben noch hatte sie die Farben der amerikanischen Flagge am Heck der Schiffe erkennen können. Jetzt nicht mehr. Ihre Rechte ballte sich, schlug an die Ledertasche, Papiere knisterten darin.

      »Hier hab’ ich sie! Die Dokumente, die die Schiffe, die Ladung in meine Hand geben.«

      Ihre Augen flogen zurück zu der Jacht. Diese hatte losgemacht und schob sich langsam durch das Gewirr der großen und kleinen Fahrzeuge.

      »Endlich! Endlich, Herr Mönkeberg!«

      »Ruhig Blut, mein liebes Fräulein Harlessen.« Das breite, freundliche Gesicht des jungen Hamburgers lachte ihr zu.

      »Wir kriegen sie doch noch.« Er reichte ihr die Hand und riß die Springende an Bord.

      »Los! Los, Herr Mönkeberg!«

      »Immer noch nicht, Fräulein Harlessen. Der Señor da drüben, der Vertreter der heiligen Hermandad, muß auch noch mit.«

      »Hallo, Señor! Vamos! Andelante! Los!«

      »Sofort! Sofort, Señor.«

      Christie sah, wie der sich eben noch eine Zigarette drehte.

      »Vorwärts! Los, los!« Christie war auf dem Sprung zum Land zurück.

      »Ich bin schon da … schon da, Señorita!«

      Tatsächlich kam er endlich in beschleunigtem Tempo an Bord.

      »Los!«

      Die »Hirundo« drehte vom Kai ab. Langsam ging’s durch das Gewimmel des Hafens.

      »Halbe Kraft voraus«, schrie Mönkeberg, der auf der Brücke stand und das Steuer selbst führte. Mit einem Ruck zog die Jacht an.

      Schneller, immer schneller schoß ihr Kiel durch die leichte See.

      Minuten später, und die letzten Landmarken lagen zurück. Da!

      »Volle Kraft voraus!«

      Das Summen der Maschinen ging in helles Klingen über. Schneller, immer schneller wurde die Fahrt. Dann, als wenn das Boot Flügel bekäme, fing es an, sich zu heben. Höher … höher … Der Bug schien das Wasser zu verlassen.

      »Höchstgeschwindigkeit!« gab Mönkeberg das Kommando. Aus dem Maschinenraum klang’s wie das Spiel höchstgestimmter Saiten. Und dann … ein Gleiten … ein Schweben. Wie ein Schlitten über Schnee fuhr der breite Kiel über das Wasser.

      Hirundo … die Schwalbe! Wie das Spiel der Schwalben über dem Wasser war die Fahrt des Gleitbootes. Christie stand neben Mönkeberg.

      Das Gesicht des Hamburgers war verwandelt. Verschwunden das behäbige, gemütliche Lächeln. Die Augen starr über den Steven nach vorn, zwei tiefe Falten über der Nasenwurzel, die Lippen zusammengekniffen, die Hände um das Steuer gekrampft. Sportsmann in jeder Faser. Vergessen war alles, was ihn zu dieser Fahrt gebracht.

      Nur der eine Gedanke … sie einholen, abfangen vor dem Ziel, der Dreißigmeilengrenze, an der die chilenische Souveränität endete.

      Wieviel Knoten? Sein Blick fuhr zum Zeiger des Tachometers.

      Neunzig Knoten! Nicht genug! Mehr Druck auf die Turbinen, mehr Kompression in die Gaskammer! Dann … wie ein Stöhnen ging es durch den Schiffskörper; die Maschinen heulten auf. Der Bug hob sich wie zum Sprung.

      Christie taumelte zur Rückwand.

      Der Vordersteven, hoch aus dem Wasser gehoben, schien, wie von Flügeln getragen, den ganzen Schiffskörper mit sich zu reißen. Kaum daß noch das Heck im Wasser blieb, die Schrauben im Wasser schlugen.

      Mönkeberg blickte aufs Tachometer. Er nickte. Achtundneunzig … neunundneunzig … hundert … hundertundeinhalb … Sein Gesicht flog zu Christie herum.

      »Eine knappe Viertelstunde, zehn Minuten noch, und wir haben sie …«

      Christie starrte hinüber zu den Simmons-Schiffen, jede Faser ihres Körpers bebte.

      Bei Tagesgrauen war sie in Valparaiso angekommen … nach einem Eilflug von zwölf Stunden. Ihr erster Schritt war zum Hafen gewesen.

      Die beiden Schiffe lagen klar zur Abfahrt.

      Sie

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