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Das Äußerste, was sie ihm abzuringen vermochte, daß er die Abfahrt um ein paar Stunden verzögern wolle.

      Zwei Uhr nachmittags spätestens in See! Am Hafen hatte sie ein Taxi genommen, war zum Konsulat gefahren, hatte lange mit dem Mißtrauen des Konsuls zu kämpfen gehabt, der sie schließlich an die Gerichtsbehörde verwies, einen Anwalt empfahl. Diesen hatte sie aufgesucht. Er war nicht zu Hause, war im Gerichtsgebäude. Dorthin!

      Langes Suchen, endlich fand sie ihn. Ein kluger, ein ehrlicher Mann!

      Sie gingen zum Richter, trugen die Sachlage vor. Christies Kenntnis der spanischen Sprache erleichterte die Verhandlung.

      Der Richter zögerte, konnte oder wollte nicht an den ungeheuren Betrug glauben und lehnte jede gerichtliche Verfügung ohne Anhörung der Gegenseite ab.

      Ein Expreßbote wurde geschickt, den Vertreter zu laden. Der war nicht aufzufinden …

      Wieder begann der Kampf um einen Gerichtsbeschluß. Ein Funkgespräch mit der Hamburger Stammfirma! Das war die äußerste Konzession des Richters. Die Verbindung versagte … atmosphärische Störungen.

      Christie war verzweifelt. Sie ließ den Anwalt bei Gericht zurück und raste im Wagen zum Hafen. Zwei Uhr!

      Schon von weitem suchte ihr Blick die Schiffe. Sie hielt am Kai. Von der Stadt her kam der Ton der schlagenden Uhren. Das Herz drohte stillzustehen.

      Der Kapitän … würde er? Da! Ja! Die Anker gingen hoch, die Schlepper zogen an. Ein Schrei kam aus Christies Kehle. Ihre Hände streckten sich nach den Schiffen aus, als wollte sie sie halten. Halt!

      Halt! Zu spät … zu spät … !

      Sie taumelte, wäre fast von der Kaimauer abgestürzt, als eine starke Hand sie faßte.

      »Halt, mein Fräulein … Mein Fräulein aus Deutschland … Erst mal selber halt. Viel fehlte nicht, und Sie lägen da unten im Nassen.« Der Klang der deutsch gesprochenen Worte ließ Christie zusammenzucken.

      »Ein Deutscher?«

      »Hermann Mönkeberg aus Hamburg.«

      »Mein Name ist Harlessen. Ich kam hierher, um …«

      »Etwa gar Firma Harlessen & Uhlenkort?«

      »Ja! Ja!« Mit fliegenden Worten erzählte sie ihm, was geschehen war.

      Er horchte, hörte, nickte.

      »Haben Sie die Vollmachten bei sich?« unterbrach er sie. »Ich kenne Uhlenkorts Handschrift.«

      Christie riß die Vollmacht aus ihrer Tasche und gab sie ihm. Er überflog sie prüfend. Dann drehte er sich um, der See zu.

      »Da fahren sie … fünfundzwanzig Knoten mindestens … sie einholen, ehe sie die Dreißigmeilenzone überschreiten … Ja, hätten Sie den Gerichtsbeschluß! Noch wär’s Zeit. Zurück zum Gericht, das ist das einzige …«

      Er rief seinen Chauffeur heran und gab ihm einen kurzen Auftrag.

      »Kommen Sie, Fräulein Harlessen. Ich fahre mit Ihnen in Ihrem Wagen zum Gericht. Vielleicht, daß ein günstiger Himmel Ihnen wohl will … die Funkverbindung mit Hamburg geglückt ist.«

      Sie rasten zur Stadt. Mönkeberg fuhr selbst. Am Eingang des Gerichts trafen sie den Anwalt. Seine Miene verriet, daß es gut stand.

      »Verbindung geglückt! Beschluß erwirkt! Noch ein paar Minuten für die Ausfertigung … Sind die Schiffe noch da?«

      »Sind weg, aber wir kriegen sie!« rief Mönkeberg. Er winkte ein Auto heran und erklärte den beiden in hastigen Worten seinen Plan.

      Er wolle zum Hafen zurück, seine Turbinenjacht, ein Gleitschiff neuester Konstruktion, klarmachen. Fräulein Harlessen mit einem Gerichtsbeamten solle sofort nachkommen, sobald das Dokument in ihrer Hand sei. Und nun stand sie hier auf der »Hirundo« an Mönkebergs Seite. Schon längst sah sie wieder die Farben der Heckflaggen. Die Aufbauten wuchsen vor ihren Blicken von Minute zu Minute. Sie sah, wie von deren Bord sich Ferngläser auf sie richteten, wie Menschen verwundert an die Reling drängten. Ihre Rechte ließ das Glas und fuhr winkend in die Höhe.

      »Halt! Halt!« Unbewußt kam der Schrei von ihren Lippen.

      »Flaggen ’raus!« schrie Mönkeberg. »Verflucht, daß wir ohne Sender fahren mußten. Flaggen ’raus!«

      Hinter dem Aufbau am Stern tauchte der Signalgast auf. Seine Arme spreizten die chilenische Flagge an zwei Stäben auseinander. Er streckte sie hoch. Zerrissen flogen im selben Augenblick ihre Fetzen nach hinten. Mönkeberg lachte.

      »Der Deubel soll bei der Fahrt signalisieren … Sie entgehen uns auch so nicht.«

      Da! Der singende Ton im Maschinenraum wurde eine Nuance tiefer.

      Mönkebergs Stirn krauste sich. Sein geübtes Ohr hatte den geringen Tonunterschied in der Sekunde erfaßt.

      »Hallo! Was gibt’s?« brüllte er hinunter.

      »Kammern zu heiß! Kein Druck mehr!« klang es aus der Maschine zurück.

      Tiefer wurde der Turbinenton. Die Geschwindigkeit der Jacht fiel ab.

      Christie starrte angstvoll in das Gesicht Mönkebergs. Sah, wie dessen Lippen sich fester preßten, wie sein ganzer Körper angespannt war, dem Maschinenton zu lauschen. Christie riß ihr Glas nach vorn, ließ es sinken, hob es wieder.

      »Die Schiffe laufen schneller … Die Heckflaggen! Wie Bretter stehen sie im Fahrtwind …«

      Mönkeberg ließ die Linke vom Steuer, entriß ihr das Glas. Er blickte hindurch. Ein Fluch brach von seinen Lippen … es war konzentriertes St. Pauli.

      »Können Sie steuern?« herrschte er Christie an. Statt einer Antwort sprang sie ans Steuerrad und griff sofort in die Speichen.

      Mönkeberg stand einen Augenblick, sah, wie ihre Hände sich spannten, sicher das Steuer führten.

      »Weiter so!«

      Mit ein paar Riesensätzen verschwand er in der Luke nach unten, stand bei den Maschinen, übersah mit einem Blick, was war.

      Die Gaskammern überhitzt, die Luftzufuhr gehemmt.

      »Her mit der Flasche! Der Sauerstoffflasche!« Die Maschinisten starrten ihn mit großen Augen an. »Her damit! Schnell, zum Donnerwetter!«

      Da brachten sie sie heran.

      Er nahm einen Schlüssel, öffnete das Ventil. Zischend drang der komprimierte Sauerstoff in die Verbrennungskammern.

      Mönkebergs Augen hingen am Tachometer. Der Zeiger ruckte an.

      Stieg, stieg weiter … hundert … hundertfünf … hundertzehn … Der Maschinist trat zu ihm.

      »Herr! Wie lange soll das dauern? Die Maschine muß brechen!«

      »Wann? Wie lange?« schrie ihn Mönkeberg an. Der zuckte mit den Achseln.

      »Eine Viertelstunde höchstens! Dann ist sie kaputt!«

      Mönkeberg nickte. »Gut! Eine Viertelstunde? Gut … Mag sie zum Teufel gehen … mag sie niederbrechen, wenn sie durchs Ziel ist … noch fünf Minuten …«

      Er sah nach der Schiffsuhr. »Noch fünf Minuten! Wenn sie die noch hält, haben wir sie.«

      Noch einen kurzen Blick auf die stöhnenden Turbinen. Er stand wieder auf der Brücke. Da waren sie … Backbord voraus.

      Er nickte Christie zu.

      »Gut, gut, Fräulein Harlessen! Her mit dem Steuer! Holen Sie den Chilenen! Wir haben sie.«

      Christie ließ ihm das Steuer. Schon lagen sie quer zu den Schiffen.

      Taumelnd schritt sie die Treppe zum Kajütenraum hinab. Auf der letzten Stufe schlug sie mit Gewalt gegen die Seitenwand. Die Fahrt ging hart Steuerbord auf neuen Kurs, verlegte den beiden Schiffen den Weg.

      »Kommen

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