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worden. Aber Hunderte von Leitungen führten von ihm bis zur eigentlichen Sprengzone und waren dort mit ebenso vielen Mikrofonen verbunden. Der Donner der Explosion mußte die Membranen dieser Apparate erschüttern, mußte auf diesem Wege die große Sendestation steuern. Die Millionen Radio- und Fernsehgeräte der Welt waren in der kritischen Zeit auf die Wellenlänge der Kanalstation eingestellt. In allen Städten, an allen Verkehrspunkten waren Riesenlautsprecher aufgestellt.

      In allen Großstädten war von elf Uhr fünfundfünfzig Minuten bis zwölf Uhr fünf Minuten eine Verkehrspause angeordnet, um Unfälle zu vermeiden.

      Ein Moment, wahrhaft historisch! Denn tatsächlich mußte diesmal das ganze Erdenrund gleichzeitig Zeuge eines weltbewegenden Vorgangs werden.

      In den Staaten war die Erregung besonders groß. Sie stieg von Stunde zu Stunde. Schon lange vor dem Beginn der Verkehrspause ruhten alle Hände. Je näher die bedeutungsvolle Minute heranrückte, desto mehr verstummte jegliches Geräusch … jeder Alltagslärm. Alle Sinne waren auf das Kommende gerichtet.

      »Noch fünf Minuten!« Der Staatssekretär des Äußeren hatte es mit einem Blick auf die astronomische Uhr gesagt. Einen Augenblick schwieg alles. Die Augen flogen zu dem Präsidenten, der in ein Gespräch mit Guy Rouse vertieft war. Er drehte sich um.

      »Ja! Jawohl! Meine Herren … es ist soweit …«

      Geleitet von Guy Rouse trat er zu dem Tisch unter der Uhr. Ein kleiner goldener Knopf harrte dort des Druckes. Alle Augen hingen an den Zeigern der Uhr. Elf Uhr neunundfünfzig Minuten. Die Blicke folgten dem Sekundenzeiger. Alle Anwesenden drängten zusammen.

      Fünfundfünfzig Sekunden … neunundfünfzig Sekunden …

      Guy Rouse nickte dem Präsidenten zu. Ein Zucken ging durch Austin Parkers Gestalt. Seine Augen flogen zu Guy Rouse. Eine Sekunde des Zögerns. Die Hand fuhr zum Knopf.

      Ein Druck darauf!

      Mit kurzem Aufatmen trat er zurück. Ehe noch ein Menschenwort die Stille gebrochen, erfüllte ein brüllender Schrei den Raum. Der Lautsprecher heulte auf, überschrie sie, ließ alle zusammenfahren.

      Tobendes Krachen unaufhörlich! Machtlos jede Menschenstimme dagegen.

      Unbeschreiblich die Szenen, die das Krachen der Explosion auf Straßen und Plätzen auslöste. In das Heulen der Sirenen, in den Klang der Glocken, die von allen Türmen schwangen, mischte sich das Jubeln und Schreien der Menge. Im Wettstreit damit das Brüllen von Tausenden und aber Tausenden von Lautsprechern.

      Die Fernsehgeräte zeigten nur eine ungeheure Staubwolke, so daß zunächst niemand wußte, was tatsächlich geschehen war. Ein Hexensabbat … ein dämonischer Chor aller Töne, deren Menschen- und Naturstimmen fähig sind. Nur langsam ebbte die Flut ab. Stunden vergingen, bis das Leben wieder den gewohnten Gang zeigte.

      Die Morgensonne des fünften April lag strahlend auf den Wäldern und Bergen der Landenge von Panama. Der Morgen jenes bedeutungsvollen Tages, an dem menschliche Tatkraft und menschlicher Erfindungsgeist dem Weltverkehr einen neuen Weg eröffnen wollten, die Fluten zweier Weltmeere in breiter Front zusammenströmen sollten.

      Die Patrouillenflugzeuge der nordamerikanischen Wehrmacht umsäumten die ganze Kanalroute von Panama im Südosten bis nach Colon im Nordwesten. Seit den frühesten Morgenstunden waren über der fünfundsiebzig Kilometer langen Kanallinie fünfhundert Regierungs-Flugzeuge stationiert und hatten von Stunde zu Stunde einen immer schwereren Stand gegen die allmählich unabsehbar werdende Menge der Flugzeuge, die aus allen Teilen der Welt hier zusammenkamen.

      Da waren die gigantischen Passagiermaschinen von New York, Chikago und San Francisco, von denen jedes einzelne mehrere tausend Schaulustige an Bord hatte, die nach Hunderten zählenden Flugzeuge der südamerikanischen Verkehrslinien, die heute sämtlich nur das eine Ziel hatten: den Kanal.

      Indes, diese großen, dem öffentlichen Verkehr dienenden Flugzeuge machten den Wachmaschinen am wenigsten Arbeit. Ihre Kapitäne hielten sich mehr an die vorsichtigen Weisungen ihrer Fluggesellschaften als an die stürmischen und oft recht unvernünftigen Wünsche der Passagiere. So folgten sie auch strikt den Anordnungen der Regierungsflugzeuge, fünfzehn Kilometer seitlich von der Kanalroute in wenigstens acht Kilometer Höhe zu bleiben.

      Viel schlimmer waren die so überaus zahlreichen Privatflugzeuge mit Foto-, Film- und Fernsehreportern der ganzen Welt an Bord. Die kümmerten sich um keine Anordnung irgendwelcher Stellen und schlugen den Patrouillenflugzeugen bei jeder Gelegenheit ein Schnippchen. Eben von einer Stelle verjagt, tauchten sie wenige Minuten später schon wieder mitten in der Gefahrenzone auf, nur darauf bedacht, möglichst viel zu sehen, zu erhaschen und aufzunehmen.

      Nach dem bekannt gegebenen Programm sollte die Sprengung in der Mitte des Isthmus einsetzen und dann etappenweise nach beiden Seiten weitergehen, so daß in hundertfünfzig Minuten alle Etappen von Panama bis Colon gesprengt sein mußten. Auf dieses Programm beriefen sich die Reporter und Fotografen. Auf keine Weise wollten sie sich beibringen lassen, daß schon jetzt die ganze Strecke der Kanaltrasse freizuhalten sei. Es bedurfte der schärfsten Maßnahmen seitens der Wachflugzeuge, um die befohlenen Absperrungsmaßregeln durchzusetzen. Erst als der Führer der Patrouillenflugzeuge sich zum Äußersten entschloß und zu feuern begann … erst blind, dann scharf … als ein paar Reportermaschinen flügellahm beidrehten und niedergehen mußten … erst als die allzu Neugierigen begriffen, daß sie gar nichts sehen und ihre Maschinen verlieren würden, wenn sie den Anordnungen der Regierungs-Flugzeuge nicht Folge leisteten … erst dann gelang es, Ordnung in die Massen zu bringen.

      In dichten Bändern zogen sich nun die Luftfahrzeuge zu beiden Seiten der Kanaltrasse im vorgeschriebenen Abstand von einem bis zum anderen Ozean. In weiten Halbkreisen lagen viele Hunderte von Wasser- und Luftfahrzeugen vor Panama und Colon auf der See.

      Die Stunden verrannen darüber. und immer näher rückte die bedeutungsvolle Minute heran, in der Austin Parker in Washington auf den Knopf drücken sollte, in der das Feuer in die Minen fliegen mußte, die hier kilometertief in den Eingeweiden des Urwald bewachsenen Isthmus steckten.

      Einen vorzüglichen Ausblick hatten die Passagiere der »Empire Company«, des größten New Yorker Flugzeugs, das in zwölf Kilometer Höhe östlich von der Kanalroute stand. Von Bord der »Empire Company.« aus sah man im Norden den tiefblauen Spiegel des Karibischen Meeres, im Süden die Azurfluten der Bay von Panama.

      Zwischen beiden Meeren den Isthmus. Wälder von tropischem Grün, dazwischen die roten und grauen Zacken der Höhen von Culebra. Und dann die Überreste des alten Kanals. Wasserstreifen, unterbrochen von Felsstürzen, über die stellenweise schon wieder der Urwald hinwegwucherte: die Trümmer der großen Gatunschleuse, die im Anfang des Jahrhunderts als Weltwunder gepriesen wurde. Wo sich damals der große Stausee hinter den Schleusen ausdehnte, stand jetzt ein üppiger Palmenwald.

      Sah man, wie erbarmungslos der vulkanische Boden des Isthmus dem alten Kanal im Laufe der letzten Jahrzehnte mitgespielt hatte, so konnte man es den Amerikanern kaum verdenken, daß sie hier ganze Arbeit machen und einen neuen Kanal schaffen wollten, der gegen alle unterirdischen Kräfte gefeit sein sollte.

      Der Zeiger rückte weiter. Fünf Minuten vor zwölf. Die Passagiere der »Empire Company.« drängten sich an die Fenster, verglichen die Uhren, starrten wie hypnotisiert auf die Mitte der Landenge.

      Vier Minuten vor zwölf … drei Minuten vor zwölf … Ein letztes Mal jagten die Patrouillenmaschinen die Fronten der Luftflotte entlang.

      Eine Minute vor zwölf … dreißig Sekunden vor zwölf.

      Ein Sturmstoß faßte die »Empire Company.« und warf das riesige Flugzeug wie ein dürres Lindenblatt hin und her. Ein Sturmstoß wirbelte die ganze gewaltige Flotte zu beiden Seiten der Sprengung wie einen Haufen welker Blätter durcheinander. Patrouillenmaschinen stürzten ab.

      Wer sich an Bord der »Empire Company.« nicht an Griffen festgeklammert hielt, wurde zu Boden geschleudert.

      Diejenigen, die noch sehen konnten … sahen, wie die ganze Trasse von Colon bis Panama sich gleichzeitig hob … wie die Urwälder dort unten wie wilde See wogten … wie die Erde

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