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und Heulsuse möchte er schließlich nicht gelten und das wahre Bild seines Konzentrationslagers kann er nicht zeichnen, ohne einzugestehen, dass er in den letzten dreizehn Wochen ein bleicher, zitternder, tränenverschmierter, unterwürfiger Sklave gewesen ist. Wir alle zeigen gern die Narben vor, die wir in der Schlacht empfangen haben; doch auf die Wunden des Strafhauses sind wir weniger stolz.

      Mein Vater trägt nicht die Schuld an unseren vergeudeten und unglücklichen Jahren bei Oldie. Doch nun will ich, um mit Dante zu sprechen, „vom Guten berichten, das ich dort fand“.

      Erstens lernte ich, wenn nicht die Freundschaft, so doch die Kameradschaft kennen. Es hatte so manche Schikanen unter den Schülern gegeben, als mein Bruder dorthin kam. Während meiner ersten Trimester genoss ich den Schutz meines Bruders (danach wechselte er auf eine Schule, die wir Wyvern nennen wollen), aber ich bezweifle, dass das nötig war. Während jener letzten Jahre des Niedergangs waren wir Interne zu wenige und wurden zu schlecht behandelt, als dass wir uns auch noch gegenseitig hätten schikanieren mögen. Außerdem kamen nach einer gewissen Zeit keine neuen Jungen mehr dazu. Wir hatten zwar unsere Streitigkeiten, die im jeweiligen Augenblick schlimm genug erschienen; doch lange bevor das Ende kam, kannten wir einander zu lange und hatten zu viel gemeinsam erlitten, um nicht zumindest uralte Bekannte zu sein.

      Das ist, glaube ich, der Grund, warum Belsen mir auf lange Sicht so wenig geschadet hat. Auch die schwerste Unterdrückung von oben kann kaum so niederschmetternd für einen Jungen sein wie die Unterdrückung durch seine Kameraden.

      Wir fünf verbliebenen Internen verbrachten gemeinsam viele angenehme Stunden. Die Abschaffung des organisierten Sports war für uns damals ein großer Segen, obwohl sie eine schlechte Vorbereitung auf das Leben in einer Public School war, das vor den meisten von uns lag. An freien Nachmittagen wurden wir allein auf Wanderungen geschickt. Aus dem Wandern wurde nicht viel. Stattdessen kauften wir uns Süßigkeiten in verschlafenen Dorfläden und streunten am Kanalufer umher oder setzten uns an eine Bahnstrecke, um vor einer Tunnelöffnung auf die Züge zu lauern. Allmählich sah Hertfordshire weniger feindselig aus.

      Unsere Gespräche beschränkten sich nicht auf die eng gefassten Interessen, mit denen sich Public-School-Jungen zufriedengeben; wir hatten immer noch eine kindliche Neugier an uns. Ich erinnere mich sogar an ein Gespräch aus jenen Tagen, das wohl die erste metaphysische Debatte gewesen sein muss, an der ich mich je beteiligte. Wir diskutierten darüber, ob die Zukunft wie eine Linie ist, die man noch nicht sehen kann, oder wie eine Linie, die überhaupt noch nicht gezeichnet ist. Ich habe vergessen, auf welchen Standpunkt ich mich stellte, aber ich weiß noch, dass ich ihn mit großem Eifer vertrat. Und immer war da, in Chestertons Worten, „das langsame Reifen alter Witze“.

      Der Leser wird bemerken, dass sich somit in der Schule ein Muster wiederholte, das ich bereits in meinem Leben zu Hause erlebt hatte. Zu Hause hatten die schlechten Zeiten meinen Bruder und mich näher zueinander getrieben; hier, wo die Zeiten immer schlecht waren, hatte die Furcht und der Abscheu vor Oldie ungefähr die gleiche Wirkung auf uns alle. Seine Schule hatte vieles mit Dr. Grimstones Schule in Vice Versa gemein; doch im Gegensatz zu dieser gab es unter uns keinen Spitzel. Wir standen Seite an Seite geschlossen gegen den gemeinsamen Feind.

      Ich vermute, dass dieses Muster, das gleich zwei Mal und schon so früh in meinem Leben auftrat, meine ganze Einstellung über Gebühr in eine bestimmte Richtung beeinflusst hat. Bis heute geht mir eine Vision der Welt am leichtesten ein, in der „wir zwei“ oder „wir wenigen“ (und zwar in gewissem Sinn „wir wenigen Glücklichen“) zusammen gegen eine stärkere und größere Macht stehen. Die Lage, in der England sich 1940 befand, war für mich keine Überraschung; gerade so etwas ist es, womit ich ständig rechne.

      Daher haben mir Bekanntschaften oder lose gesellschaftliche Kontakte von jeher wenig bedeutet, obgleich die Freundschaft für mich die wichtigste Quelle des Glücks war; und ich kann nicht ganz verstehen, warum ein Mensch sich wünschen sollte, mehr Leute zu kennen, als er sich zu echten Freunden machen kann. Daher wohl auch mein sehr mangelndes, vielleicht sträflich mangelndes Interesse an großen, unpersönlichen Bewegungen, gesellschaftlichen Anliegen und dergleichen. Die Stärke der Anteilnahme, die ein Kampf in mir erregt (sei es in einer Geschichte oder in der Wirklichkeit), ist beinahe umgekehrt proportional zur Anzahl der Kämpfenden.

      Noch in einer weiteren Hinsicht sollte sich meine Erfahrung im Elternhaus in Oldies Schule wiederholen. Oldies Frau starb, und zwar während eines Trimesters. Er reagierte auf den Verlust, indem er noch gewalttätiger wurde als zuvor; in einem solchen Ausmaß, dass Wee Wee vor den Jungen sogar eine Art Entschuldigung für ihn vorbrachte. Sie erinnern sich, dass ich bereits gelernt hatte, Emotionen zu fürchten und zu hassen; dies gab mir weiteren Grund dazu.

      Doch ich habe noch nicht das Wichtigste erwähnt, das mir bei Oldie widerfuhr. Dort wurde ich zum ersten Mal wirklich gläubig. Soweit ich weiß, war das Werkzeug dazu die Kirche, in die wir jeden Sonntag zwei Mal gebracht wurden. Es war eine hochkirchliche „anglo-katholische“ Gemeinde. Auf der Bewusstseinsebene reagierte ich mit starker Abneigung gegen ihre Besonderheit – war ich denn nicht ein Protestant aus Ulster und waren diese fremden Rituale nicht ein wesentlicher Bestandteil der verhassten englischen Atmosphäre?

      Doch im Unbewussten übten wohl, wie ich vermute, die Kerzen und der Weihrauch, die Roben und die auf den Knien gesungenen Choräle eine beträchtliche Wirkung in der anderen Richtung auf mich aus.

      Doch ich glaube nicht, dass sie das Entscheidende waren. Was wirklich zählte, war, dass ich hier die Lehren des Christentums (nicht zu verwechseln mit allgemeiner „Auferbauung“) hörte, vorgetragen von Männern, die offensichtlich daran glaubten. Da keine Skepsis in mir war, erweckte das in mir die Dinge zum Leben, von denen ich schon vorher gesagt hätte, dass ich sie glaubte.

      Bei dieser Erfahrung spielte Furcht eine große Rolle. Ich glaube nicht, dass ich mehr Furcht empfand, als gut und notwendig war; doch falls ich in meinen Büchern zu viel über die Hölle gesagt haben sollte und falls die Kritiker nach einer historischen Erklärung für diese Tatsache suchen, dann sollten sie diese nicht in dem angeblichen Puritanismus meiner Kindheit in Ulster suchen, sondern in dem Anglo-Katholizismus der Kirche von Belsen. Ich fürchtete um meine Seele; besonders in gewissen mondhellen Nächten in jenem gardinenlosen Schlafsaal – wie mir das Atmen der schlafenden Jungen wieder im Ohr klingt!

      Soweit ich es beurteilen kann, war es eine ausschließlich heilsame Wirkung. Ich fing an, ernsthaft zu beten, meine Bibel zu lesen und, so gut ich konnte, meinem Gewissen zu gehorchen. Religion gehörte zu den Themen, über die wir oft diskutierten; und zwar, wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, auf durchaus gesunde und nützliche Weise, mit großem Ernst, ohne Hysterie und ohne die Schamhaftigkeit älterer Jungen. Wie ich von diesem beginnenden Glauben wieder abfiel, werden Sie später erfahren.

      Für meine intellektuelle Entwicklung war die Zeit bei Oldie fast völlig vergeudet; wäre die Schule nicht eingegangen und ich hätte zwei weitere Jahre dort zubringen müssen, mein Schicksal als Gelehrter wäre endgültig besiegelt gewesen. Die Geometrie und ein paar Seiten aus Wests English Grammar (und selbst die, glaube ich, fand ich alleine) sind die einzigen Posten auf der Habenseite. Ansonsten ragt aus dem Ozean der Arithmetik nichts hervor als ein Dschungel von Geschichtsdaten, Schlachten, Exporten, Importen und dergleichen, die ich vergaß, sobald ich sie gelernt hatte, und die, hätte ich sie behalten, vollkommen nutzlos gewesen wären.

      Auch mein imaginatives Leben befand sich im Niedergang. Für viele Jahre war die Freude (so, wie ich sie definiert habe) nicht nur abwesend, sondern gar vergessen. Meine Lektüre bestand nun hauptsächlich aus Schund, aber da es in der Schule keine Bücherei gab, dürfen wir Oldie nicht dafür verantwortlich machen. Ich las törichte Schulgeschichten im Captain. Das Vergnügen, das sie mir verschafften, bestand aus nichts als Wunscherfüllung und Tagträumerei; man genoss die stellvertretenden Triumphe des Helden.

      Wenn ein Junge von Kinderliteratur zu Schulgeschichten übergeht, ist das ein Abstieg, kein Aufstieg. Peter Rabbit befriedigt eine selbstlose Imagination, denn das Kind will ja nicht ein Kaninchen sein, auch wenn es vielleicht gern Kaninchen spielt, wie es später vielleicht gern Hamlet spielt; doch die Geschichte von dem aussichtslosen Jungen, der zum Kapitän der Ersten Mannschaft aufsteigt, existiert zu keinem anderen Zweck, als dem wirklichen Ehrgeiz

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