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Ãœberrascht von Freude. C. S. Lewis
Читать онлайн.Название Ãœberrascht von Freude
Год выпуска 0
isbn 9783765571510
Автор произведения C. S. Lewis
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Etwas, das ich in dieser Zeit entdeckte und das mir besser anstand, war das Werk von Rider Haggard; und ebenso die „Scientifiction“ von H. G. Wells. Der Gedanke an andere Planeten übte auf mich damals eine eigentümliche, berauschende Anziehungskraft aus, die sich von all meinen anderen literarischen Interessen völlig unterschied. Vor allem möchte ich betonen, dass sie nichts mit dem romantischen Zauber des Fernen zu tun hatte. Die Freude (in meinem Sinne) traf mich nie vom Mars oder vom Mond aus. Dies war etwas Derberes und Stärkeres. Das Interesse war, wenn es über mich kam, wie ein Heißhunger oder eine Begierde. Inzwischen sehe ich diese derbe Stärke als ein Zeichen, dass das Interesse dahinter psychisch bedingt ist, nicht geistig oder geistlich; dahinter lauert vermutlich eine psychoanalytische Erklärung.
Ich darf vielleicht hinzufügen, dass meine eigenen Planetenromane nicht so sehr eine Befriedigung dieser wilden Neugier waren als vielmehr deren Austreibung. Die Austreibung geschah, indem diese Neugier mit jenem anderen, weniger greifbaren und eigentlich imaginativen Impuls versöhnt oder ihm unterworfen wurde.
Dass das gewöhnliche Interesse an Science Fiction eine Angelegenheit für die Psychoanalytiker ist, wird durch die Tatsache erhärtet, dass diejenigen, die sie mögen, sie auf diese heißhungrige Art mögen, und gleichermaßen durch die Tatsache, dass diejenigen, die sie nicht mögen, oft geradezu angewidert davon sind. Der Ekel der einen ist von derselben derben Stärke wie das faszinierte Interesse der anderen und ist ebenso verräterisch.
So viel zu Oldie; doch das Jahr bestand nicht nur aus den Trimestern. Das Leben in einem abscheulichen Internat ist insofern eine gute Vorbereitung auf das christliche Leben, als es einen lehrt, durch die Hoffnung zu leben. Ja, in einem gewissen Sinn sogar durch den Glauben; denn zu Beginn eines jeden Trimesters scheinen das Zuhause und die Ferien so weit entfernt zu sein, dass man sie sich ebenso schwer vergegenwärtigen kann wie den Himmel. Sie haben dieselbe erbärmliche Unwirklichkeit an sich, wenn man sie den unmittelbar begegnenden Schrecken gegenüberstellt. Die morgige Geometriestunde kann das ferne Trimesterende ebenso aus dem Blick verdrängen wie die morgige Operation die Hoffnung aufs Paradies. Und doch geschah Trimester für Trimester das Unglaubliche. Fantastische und astronomische Zahlen wie „heute in sechs Wochen“ schrumpften zu vorstellbaren Größenordnungen zusammen wie „heute in einer Woche“, dann gar „morgen um diese Zeit“, und pünktlich kam die beinahe übernatürliche Seligkeit des Jüngsten Tages.
Es war eine Wonne, die geradezu danach verlangte, sie mit der Flasche zu dämpfen und sich mit Äpfeln zu trösten; eine Wonne, die einem Schauder die Wirbelsäule hinabjagte, für Unruhe im Bauch sorgte und einem manchmal beinahe den Atem stocken ließ.
Natürlich hatte all dies eine schreckliche und ebenso bedeutsame Kehrseite. In der ersten Ferienwoche waren wir uns zwar im Klaren darüber, dass ein neues Trimester kommen würde – so wie ein junger Mann von guter Gesundheit in Friedenszeiten sich darüber im Klaren ist, dass er eines Tages sterben wird. Doch wie er konnten wir auch durch das grimmigste Memento mori nicht dazu gebracht werden, uns das zu vergegenwärtigen.
Und auch hier passierte jedes Mal das Unglaubliche. Schließlich lugte der grinsende Totenschädel doch durch alle Masken; die letzte Stunde, die wir uns mit allen Mitteln unseres Willens und unserer Vorstellungskraft vom Leib gehalten hatten, kam am Ende doch; und wieder einmal hieß es den steifen Hut und die Knickerbocker anlegen und (klop-klop-klop-klop) ging es wieder auf die abendliche Fahrt zum Kai.
Ich glaube allen Ernstes, dass mir durch diese Erinnerungen das Glaubensleben leichter fällt. In Zeiten des Sonnenscheins und der Zuversicht daran zu denken, dass ich sterben und verwesen werde, oder daran, dass eines Tages dieses ganze Universum nur noch Erinnerung sein wird (wie auch Oldie dreimal im Jahr zur Erinnerung wurde) – dergleichen fällt uns leichter, wenn wir genau so etwas schon einmal erlebt haben. Wir haben gelernt, die gegenwärtigen Dinge nicht für bare Münze zu nehmen.
Bei dem Versuch, von unserem Familienleben zu dieser Zeit zu berichten, gerate ich in Zweifel über die Chronologie. Schulangelegenheiten lassen sich bis zu einem gewissen Grad durch die erhaltenen Aufzeichnungen datieren, doch über das langsame, gleichmäßige Dahinfließen des Familienlebens gibt es keine Dokumente.
Unsere leichte Entfremdung von unserem Vater nahm unmerklich zu. Zum Teil war daran niemand schuld; doch zu einem sehr großen Teil trugen wir die Schuld. Ein unter heftigen Stimmungsschwankungen leidender Witwer, der den Tod seiner Frau noch nicht verwunden hat, müsste wahrlich ein sehr guter und weiser Mann sein, um bei der Erziehung zweier lärmender und auf Unfug sinnender Schuljungen, die mit niemandem als nur mit sich gegenseitig zurate gehen, keine Fehler zu machen. Und es waren die guten Eigenschaften ebenso wie die Schwächen meines Vaters, die ihn für diese Aufgabe ungeeignet machten. Er war viel zu mannhaft und großzügig, als dass er ein Kind aus Zorn hätte schlagen können; gleichzeitig war er zu impulsiv, um jemals ein Kind mit klarem Kopf und aufgrund von Prinzipien zu bestrafen. Deshalb verließ er sich ganz auf seine Zunge als Instrument der häuslichen Disziplin. Und hier führte jener fatale Hang zur Dramatik und zum Rhetorischen (von dem ich umso freimütiger spreche, als ich ihn geerbt habe) zu einem ebenso bemitleidenswerten wie komischen Ergebnis.
Wenn er seinen Mund öffnete, um uns zu tadeln, beabsichtigte er zweifellos nichts anderes als einen kurzen und wohlformulierten Appell an unseren gesunden Menschenverstand und unser Gewissen. Doch ach, er war als Redner in der Öffentlichkeit aufgetreten, lange bevor er Vater wurde. Viele Jahre fungierte er als öffentlicher Ankläger. Die Worte strömten ihm zu und berauschten ihn dabei. Was daraus wurde, war, dass ein kleiner Junge, der in Hausschuhen über feuchtes Gras gegangen war oder das Badezimmer in einem heillosen Durcheinander zurückgelassen hatte, sich einer rhetorischen Attacke wie der von Cicero auf Catilina oder der von Burke auf Warren Hastings gegenübersah. Vergleich folgte auf Vergleich; rhetorische Frage auf rhetorische Frage; das Auge des Redners blitzte, und seine Stirn dräute wie ein Gewitter; und dann die Gesten, Kadenzen und Kunstpausen.
Die Pausen waren vielleicht das Gefährlichste. Eine war so lang, dass mein Bruder, der in seiner Naivität annahm, die Strafpredigt sei zu Ende, demütig sein Buch wieder aufnahm und in seiner Lektüre fortfuhr; eine Geste, die mein Vater (der schließlich nur eine rhetorische Fehlkalkulation von etwa anderthalb Sekunden begangen hatte) verständlicherweise als „kaltschnäuzige, vorsätzliche Unverschämtheit“ auffasste. Das lächerliche Missverhältnis zwischen solchen Tiraden und ihren Anlässen erinnert mich an den Advokaten bei Martial, der eine donnernde Rede über alle Schurken der römischen Geschichte hält, während Iis est de tribus capellis –
Wir handeln hier, so möge das Gericht vermerken, Von einer Ziege Frevelwerken.
Mein armer Vater vergaß, während er sprach, nicht nur das Vergehen, sondern auch die Fähigkeiten seiner Zuhörer. Alle Schätze seines unermesslichen Vokabulars strömten hervor. Ich erinnere mich noch an Worte wie „abdominabel“, „verderbt“ und „subversiv“. Doch es wird kaum jemand den richtigen Eindruck davon erhalten, wenn er nicht weiß, mit welcher Energie ein zorniger Ire die Konsonanten explodieren und die R rollen lässt.
Etwas Schlimmeres hätte er kaum tun können. Bis zu einem gewissen Alter erfüllten mich diese Ausbrüche mit grenzenlosem Schrecken und Entsetzen. Aus der Wildnis der Adjektive und dem Durcheinander des Unverständlichen traten Gedanken hervor, die ich nur zu gut zu verstehen glaubte und ohne irgendeinen Zweifel für buchstäblich wahr hielt, dass nämlich der Ruin meines Vaters bevorstand, dass wir alle bald in den Straßen um Brot betteln würden, dass er das Haus aufgeben und uns das ganze Jahr über in der Schule lassen werde, dass wir eines Tages in die Kolonien verschickt würden und dort die Laufbahn des Verbrechens, die wir offenbar bereits eingeschlagen hatten, ihr unseliges Ende finden würde. Alle Geborgenheit schien mir genommen zu sein; ich hatte keinen festen Boden