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Himmel über der Maremma. Ursula Tintelnot
Читать онлайн.Название Himmel über der Maremma
Год выпуска 0
isbn 9783748504658
Автор произведения Ursula Tintelnot
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ihr Blick blieb an einem Foto hängen, auf dem zwei lachende kleine Mädchen zu sehen waren. Seine Frau hatte ihn vor Jahren verlassen und die Töchter mitgenommen. Raffael liebte seine Mädchen und besuchte sie so oft es ging.
Auf ihre Frage, was schiefgegangen war, hatte er geantwortet: »Ich habe sie und die Kinder vernachlässigt.«
Theresa zog ihr Handy aus der Tasche und wählte eine Nummer in Siena.
Raffael bewegte sich vorsichtig.
Weiße Wände, ein hohes Fenster und eine überbreite Tür, die sich schwungvoll öffnete. Ein stechender Schmerz fuhr ihm in den Kopf. Gepeinigt schloss er die Augen.
»Da sind Sie ja wieder. Guten Morgen. Professor Donato«, stellte der Arzt sich vor.
»Wo bin ich hier?«
»Sie sind in einem Hospital in Siena. Offensichtlich reicht ein Pferdehuf nicht aus, Sie ins Jenseits zu befördern.«
Raffael versuchte sich aufzusetzen. »Verflucht geiler Zossen.«
Der Arzt grinste. »Wenn Sie nicht ein Leben lang unter Kopfschmerzen leiden wollen, bleiben Sie die nächsten Tage liegen. Prellungen und Abschürfungen haben wir versorgt. Sollen wir jemanden benachrichtigen?«
»Nein.« Er schüttelte den Kopf, ließ es sofort wieder und zog eine Grimasse.
Die Schwester sah ihn besorgt an.
Vor der Tür hörte man Stimmen, erregte Stimmen:
»Sie können da nicht hinein. Der Professor hält Visite.«
»Das passt mir sehr gut, ihn will ich gerade sprechen.«
Die halb geöffnete Zimmertür schwang ganz auf, und Theresa erschien, gefolgt von einer Krankenschwester mit hochroten Wangen.
»Es ist gut, Oberschwester. Ich kümmere mich um die Signora.«
Donato beugte sich über Theresas Hand.
Wie machten sie das nur, diese Menschen, die zu einer Schicht gehörten, der er selbst nicht angehörte. Hatten sie immer alles im Griff?, überlegte Raffael.
Theresa bedachte Raffael mit einem freundlichen Blick. Mehr nicht.
Sie wandte sich sofort wieder an den Professor. »Wie geht es meinem Stallmeister?«
Wenn er die Kraft dazu gehabt hätte, er wäre aufgestanden und gegangen. ‚Meinem Stallmeister’? Dieses arrogante Miststück. Wie konnte sie nur?
»Ich brauche ihn dringend, wir stecken bis zum Hals in Arbeit.«
Donato warf einen Blick auf ihn. »Er wird durchkommen, hat einen harten Schädel. Ein paar Tage behalten wir ihn noch hier.«
Raffael wand sich innerlich. Ich bringe ihn um, ich bringe sie beide um.
Theresa bewegte sich langsam mit dem Arzt zur Tür. Ihn schien sie vergessen zu haben. Er schloss wütend und erschöpft die Augen. Sie hatte über ihn gesprochen, wie über einen Gegenstand, einen Besitz. Er fühlte sich gedemütigt und verletzt. Und jetzt war sie gegangen, ohne ein Wort. Von wegen, Stallmeister! Sie konnte ihm so fremd sein wie eine Außerirdische. Manchmal stellte er alles in Frage. Es gab Momente, in denen er glaubte, sie zu kennen wie niemanden sonst, und dann entzog sie sich ihm. Von einer Sekunde zur anderen legte sie einen Hebel um, wurde die unnahbare Chefin, die Gutsbesitzerin, die zu einer Elite gehörte, von ihm so weit entfernt wie der Mars.
Als er die Augen wieder aufschlug, saß Theresa neben seinem Bett, hielt seine Hand und sah ihn unverwandt an. Ein Blick zum Fenster zeigte ihm, dass es bereits dämmerte.
Theresa griff zu einem Glas. »Du musst trinken.«
Er schob ihre Hand zur Seite. »Ich bin kein Kleinkind.«
»Ich weiß.«
»Ich hasse dich.«
Sie lachte leise. »Was hätte es geändert, Donato zu sagen, dass ich den Mann, den ich unendlich liebe, nicht im Stall, sondern im Bett brauche?« Sie hauchte ihm einen Kuss auf die Stirn. »Ich muss gehen.«
Die Absätze ihrer Sandalen klackerten. Sie öffnete die Tür, schloss sie wieder, kam zurück und küsste ihn richtig.
Er sah ihr nach. Sie hatte ihm zum ersten Mal eine Liebeserklärung gemacht. Er lächelte. »Ich liebe dich auch«, sagte er.
»Ich weiß.« Theresa schloss die Tür.
Amalia saß mit Maria am großen Tisch unter der Kastanie. Vor ihr lag ein Skizzenblock.
»Ich habe geglaubt, dass er tot ist.«
Mit kräftigen Strichen zeichnete sie einen gewaltigen dunklen Pferdekörper. Die Vorderhufe stachen in die Luft, Hals und Kopf bogen sich dramatisch nach hinten, das Maul war weit geöffnet. Selbst die großen gelblichen Zähne waren deutlich zu sehen. Maria dachte, man hört ihn förmlich wiehern.
Sie fragte sich, ob nur sie den erstickten Schrei des Mädchens gehört hatte. War er in der Aufregung untergegangen?
»Du magst ihn?«
Amalia sah sie ernsthaft an. »Ja, Nonna, ich mag ihn. Manchmal erinnert er mich an meinen Papa. Aber …« Sie zögerte.
»Ja?«
»Er ist viel öfter da und hat immer Zeit für mich.«
Wieder ein Elternteil, das sich für die Karriere entschieden hatte, wie sie selbst.
»Dein Papa war ein großartiger Musiker.«
»Aber kein guter Papa.«
Dieses Kind! Hatte sie nicht genau solch ein Gespräch vor ein paar Tagen mit ihrer Tochter geführt? »Hättest du lieber einen anderen Papa gehabt?«
»Nein.« Die Antwort kam prompt.
Maria hörte Ludwig unter dem Tisch hecheln. Auf dem Tisch stand eine Kristallkaraffe mit Zitronenwasser, in dem Eiswürfel dem Zustand vollständiger Auflösung entgegen schwammen.
»Wo soll ich den Tisch decken?«, fragte Alicia.
Inzwischen war es dunkel geworden, doch die Hitze ließ nicht nach. Die Außenbeleuchtung tauchte die Umgebung in ein sanftes Licht.
»Die Signora ist noch nicht zurück.«
Alicia wartete