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hel­fen.«

      Sie lach­te. »Lie­ber nicht.«

      »Kon­stan­tin?« Er sprang auf.

      »An­na­bel, hier sind wir.«

      »Du woll­test doch nur ganz kurz …« Sie schwieg, als sie er­kann­te, dass Kon­stan­tin nicht al­lei­ne war. Die jun­ge Frau stand zwi­schen den ge­öff­ne­ten Fens­ter­tü­ren. Rei­zend in ih­rem kur­z­en, wei­ßen Hemd.

      The­resa konn­te ih­ren Sohn ver­ste­hen. Sie war ein hüb­scher An­blick, auch wenn sie, wie jetzt, schmoll­te.

      »Es tut mir leid, willst du dich noch zu uns set­zen, Lieb­ling?«

      »Nein, ich bin mü­de.«

      Ih­re Stim­me klingt kind­lich und ei­ne Spur zu schrill. The­resa rief sich zur Ord­nung.

      »Gu­te Nacht, Ma­ma.«

      »Gu­te Nacht, Kon­stan­tin … An­na­bel.«

      Sie er­hob sich, um eben­falls ins Haus zu ge­hen. Erst als sie die Tü­ren des Win­ter­gar­tens schloss, fiel ihr auf, dass Kon­stan­tin ihr die Ant­wort auf ih­re Fra­ge nach sei­nen Wün­schen, schul­dig ge­blie­ben war.

      »Gu­ten Mor­gen, Ma­ja. Gu­ten Mor­gen, Ali­cia.«

      »Gu­ten Mor­gen, Si­gno­ra.«

      Ver­blüfft sah The­resa Ali­cia hin­ter­her, die schluch­zend aus der Kü­che rann­te. Sie wand­te sich an die Kö­chin. »Was ist pas­siert?«

      »Heu­te Nacht ist Kit­tys Ma­ma ge­stor­ben.«

      »Ach, die ar­me Klei­ne. Wis­sen Sie schon, wann die Trau­e­r­fei­er statt­fin­det?«

      Ma­ja schüt­tel­te den Kopf. »Nein, Si­gno­ra.«

      Die Trau­e­r­fei­er fand drei Ta­ge spä­ter in der Kir­che von Bas­so statt. In brü­ten­der Hit­ze über­quer­ten Ma­xi­mi­li­an und The­resa, von ih­ren Söh­nen, Ama­lia und Ma­da­me Du­rand be­glei­tet, den Kirch­platz. Ma­ria ging am Arm ih­res äl­tes­ten En­kels.

      Die Bli­cke der in tie­fes Schwa­rz gehüll­ten Dorf­be­woh­ner folg­ten ih­nen. Es war un­ge­schrie­be­nes Ge­setz, dass die ers­te Bank dem Guts­be­sit­zer vor­be­hal­ten war, was Ma­xim wie ei­ne Selbst­ver­ständ­lich­keit hin­nahm, The­resa mehr als pein­lich war.

      Wir le­ben nicht mehr im acht­zehn­ten Jahr­hun­dert.

      Sie hät­te zu ger­ne ge­wusst, ob die Bank leer blieb, wenn sie nicht zur Kir­che gin­gen.

      Raf­fa­el lach­te, als sie ihn da­nach frag­te. »Nein, The­resa. Wir nut­zen sie, aber mit schlech­tem Ge­wis­sen.«

      »Idi­ot!«

      Raf­fa­el hat­te sich vor zwei Ta­gen selbst ent­las­sen. »Ich kann nicht auf dei­ne Kos­ten in ei­ner Pri­vat­kli­nik her­um­lie­gen, ich bin kein Gi­go­lo.«

      Sein Zorn auf sie war noch nicht ganz ver­raucht.

      Nach­dem ih­re Fa­mi­lie Platz ge­nom­men hat­te, be­gann der Got­tes­dienst. The­resa spür­te Raf­faels Blick im Nacken. Er saß in der zwei­ten Bank, di­rekt hin­ter ihr. Dank An­na­bel, die sich im letz­ten Mo­ment mit ei­nem »Ich ha­be ra­sen­de Kopf­schmer­zen, Lieb­ling« ent­schul­digt hat­te, wa­ren sie zu spät ge­kom­men.

      Ma­ri­sa saß ne­ben Raf­fa­el. Ihr jüngs­ter Sohn, Gas­pa­ro, ein klei­ner Teu­fel, be­gabt mit der Stim­me ei­nes En­gels, sang das Ave Ma­ria so er­grei­fend mit sei­ner kna­ben­haf­ten sil­ber­nen Stim­me, dass kein Au­ge tro­cken blieb.

      Im acht­zehn­ten Jahr­hun­dert hät­te man dich um die­ser Stim­me wil­len kas­triert, dach­te The­resa.

      »Ich tät mich sehr freu­en, wenn Sie noch mit zu Sil­vio kom­men tä­ten«, bat Kit­ty. Sie sah ver­heult aus, aber ge­fasst.

      »Na­tür­lich, Kit­ty, wir kom­men sehr ger­ne.«

      Der Gang ins Ris­to­ran­te nach dem Trau­er­got­tes­dienst.

      Das klei­ne Gast­haus hieß zwar nach sei­nem Be­sit­zer Sil­vio, aber die wah­re Her­rin war Au­re­lia, sei­ne Frau. Ei­ne ras­si­ge, wil­de Schö­ne, die ih­ren Mann fest im Griff hat­te. Es hieß, dass sie ih­ren Gäs­ten nicht nur Spei­se und Trank an­bot, son­dern ge­le­gent­lich auch sich selbst. Jetzt knall­te sie Raf­fa­el ein Glas mit sol­cher Wucht vor die Na­se, dass der Wein her­aus­spritz­te. Sie zisch­te ihm et­was zu und wand­te sich wü­tend ab. Raf­fa­el wisch­te sich un­ge­rührt den Wein vom Hemd. The­resa frag­te sich, was er mit Au­re­lia zu schaf­fen hat­te.

      »Ich muss noch zu den Scha­fen raus«, flüs­ter­te Ma­xim, »und zur Mol­ke­rei.« The­resa nick­te. »Ich weiß. Wir wer­den nicht län­ger als ei­ne Stun­de blei­ben.«

      Ma­xi­mi­li­an wür­de min­des­tens zwei Ta­ge weg sein. Sie sah hin­über zu Raf­fa­el. Ama­lia saß bei ihm und hielt ihm ihr Ta­blet ent­ge­gen. Raf­fa­el las und lach­te. Dann sag­te er et­was zu dem Mäd­chen.

      The­resa er­schau­er­te.

      Un­schick­lich, dach­te sie, beim Lei­chen­schmaus ein der­art un­ge­zü­gel­tes kör­per­li­ches Ver­lan­gen zu spü­ren.

      Heu­te Nacht wür­de sie bei ihm lie­gen.

      Kon­stan­tin war ge­gan­gen, um, wie er sag­te, nach An­na­bel zu se­hen. The­resa er­hob sich. »Kommst du?«, frag­te sie Ma­xim über die Schul­ter.

      Er er­hob sich eben­falls. Sie drück­ten Kit­ty und ih­rem Groß­va­ter die Hand.

      »Kit­ty, neh­men Sie sich Zeit. Kom­men Sie erst wie­der, wenn es Ih­nen bes­ser geht.«

      »Ja, Si­gno­ra, dan­ke, Si­gno­re.«

      Ma­xim mach­te kei­nen Ver­such, ih­ren Arm zu neh­men, als sie den schma­len Weg auf­wärts stie­gen.

      Vor ein paar Jah­ren hät­test du es noch ge­tan, dach­te The­resa.

      Sie ging et­was lang­sa­mer und hak­te sich bei ih­rem Mann ein. »Musst du wirk­lich heu­te noch fah­ren, mein Lie­ber?«

      Schot­ter und Kies knirsch­ten bei je­dem ih­rer Schrit­te.

      »Mei­ne Schu­he sind ru­i­niert, wir hät­ten nicht die­sen Weg neh­men sol­len.«

      Der Weg führ­te schat­tig und steil zwi­schen Wie­sen mit Oli­ven­bäu­men vom Dorf bis zu ih­rem Haus.

      Er schnauf­te. »Wir hät­ten fah­ren sol­len bei die­ser Hit­ze.«

      »Ein biss­chen Sport kann dir nicht scha­den.«

      »The­resa, ich bin ein al­ter Mann.«

      »Ich weiß.« Sie lach­te hell auf. »Das sagst du im­mer, wenn dir et­was un­be­quem ist.«

      Zwei Stun­den spä­ter war Ma­xi­mi­li­an auf dem Weg zur Mol­ke­rei. Am Abend ver­ab­schie­de­ten sich Kon­stan­tin, An­na­bel und Fre­de­ri­co.

      »Wir fah­ren nach Flo­renz«, sag­te Fre­de­ri­co. »An­na­bel soll dort das Nacht­le­ben ken­nen­ler­nen.«

      Über­ra­schend schnell hat­te sich die jun­ge Frau von ih­rer Mi­grä­ne er­holt.

      »Es freut mich, dass es Ih­nen wie­der gut geht, An­na­bel.«

      Vor

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