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Himmel über der Maremma. Ursula Tintelnot
Читать онлайн.Название Himmel über der Maremma
Год выпуска 0
isbn 9783748504658
Автор произведения Ursula Tintelnot
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Sie fasste mit beiden Händen den vorderen Rand und bog ihn keck nach oben. »Du solltest dich auch besser vor der Sonne schützen.«
»Das wäre zu Reithosen der Hit, Mama«, spottete sie.
Ludwig wedelte mit dem Schwanz und verzog die Lefzen, was man als Lächeln deuten konnte. Theresa kraulte ihn zwischen den Ohren. Sie passte sich dem Gang ihrer Mutter an. Die beiden Frauen hatten in den letzten Jahren wieder zueinander gefunden. Maria dachte an die tausend Abschiede von ihrer Tochter, an ihre lange Abwesenheit, die ihre Auftritte nun mal notwendig machten. Und hätte man sie gefragt …
Wenn sie sich fragte, ob sie sich für ihr Kind oder ihre Karriere entscheiden sollte, so hätte sie auch heute noch die Karriere gewählt. Sie war keine gute Mutter gewesen. Theresa war mit Fremden aufgewachsen.
Jetzt griff sie nach Theresas Arm. »Ich war wohl keine gute Mutter?«
Die Antwort kam spontan und ehrlich. »Nein, das warst du nicht. Aber ich hätte dich nicht anders gewollt.«
Vor der Reithalle stand ein offener Pferdetransporter.
»Ah«, sagte Theresa, »Ariel bekommt seine schöne Braut zugeführt.«
Ariel war ein dunkler Hengst, ihr ganzer Stolz. Er hatte viele Rennen gewonnen.
Maxims bevorzugtes Reitpferd. Kein Wunder, dachte Theresa, dass ihr Ehemann einen Deckhengst ritt. Sie musste sich zusammenreißen, um ihre plötzliche Heiterkeit zu unterdrücken. Pferd und Reiter hatten dieselben Vorlieben, nur waren Ariels Ritte auf den Damen von mehr Erfolg gekrönt. Alle Stuten, die er gedeckt hatte, waren trächtig geworden. Ihr Mann war nur einmal Vater geworden.
Theresas Blick fiel auf einen Jungen, der auf dem Gatter der Weide balancierte, auf der die Stuten mit ihren Fohlen standen. Kurze, von der Sonne vergoldete Locken, ein breiter lachender Mund, etwas abstehende Ohren. Abgeschnittene Jeans und ein Top. Sie lächelte. Das war kein Junge, sondern ein Mädchen. Amalia.
Amalia setzte vorsichtig Fuß vor Fuß. Ihre Arme hatte sie ausgebreitet, um das Gleichgewicht nicht zu verlieren.
»Sie wird fallen«, sagte Maria.
»Wird sie nicht.«
Raffael stand plötzlich neben ihnen. Er schnippte mit den Fingern. Einer der Stallburschen brachte einen Hocker.
»Signora.« Er machte eine Geste.
»Danke, mein Lieber, aber ich bin keine Greisin.«
Der Bursche grinste und verschwand. Maria entnahm einer ihrer Kleidertaschen ein Taschentuch und breitete es auf dem nicht ganz sauberen Sitz aus, bevor sie sich dankbar niederließ.
Amalia sprang vom Zaun und näherte sich langsam Luna und ihrem Sohn.
»Nur keine hektischen Bewegungen«, hatte Theresa ihr eingeschärft.
Sie schnalzte leise mit der Zunge. Luna kam ihr ein paar Schritte entgegen. Neben ihr trabte Lauser. Der kleine Hengst war gewachsen und so ausgelassen, dass er alle paar Schritte in die Höhe hopsen musste.
Amalias Lächeln wurde breiter. Sie hielt Luna ein Stückchen Zucker hin und spürte warmen Samt in ihrer Handfläche, als die Stute den Zucker vorsichtig von ihrer flachen Hand nahm.
Als sie zurückblickte, schob sich ein brauner Pferdehintern rückwärts aus dem Transporter. Marias Sonnenhut leuchtete in der Sonne, Raffael und Theresa standen Seite an Seite neben der Rampe. Raffael nahm die Stute am Strick und brachte sie in ein Gehege neben der Reitbahn.
Amalia rannte zum Zaun, pflückte im Laufen ihre Kappe vom Boden, setzte sie ohne anzuhalten auf und kam gleichzeitig mit Raffael beim Gehege an. Sie wollte unbedingt dabei sein, wenn Ariel die Stute deckte. Sie hatte das nicht oft gesehen, und es war aufregend. Normalerweise wurde eine künstliche Befruchtung vorgenommen.
Amalia kannte die sanfte Pferdedame, die schon ein paar Fohlen von Ariel hatte. Sie gehörte zu einem Gut, das nur wenige Kilometer entfernt lag.
Plötzlich entstand Aufregung drüben im Stall. Schrilles Wiehern, Stampfen und Schreie, laute Flüche, wieder Geschrei, Hundegebell.
Raffael schloss das Gatter und lief hinüber zum Stall. Amalia blieb dicht hinter ihm. Marias Hut war verschwunden. Sie konnte weder ihre Nonna noch Theresa entdecken.
Bevor sie die Stalltür erreichten, drehte sich Raffael um. Er hob Amalia auf die Umzäunung des Reitplatzes.
»Rühr dich nicht vom Fleck«, sagte er streng.
Sie sah ihn in den Stall eilen, hörte ihn fluchen, wie nur er fluchen konnte. »Welcher verfluchte Pinsel hat den Hengst rausgelassen. Ich brate seine Eier und stopfe sie ihm in den Hals.«
Sehen konnte sie nichts, aber sie hörte das erregte Wiehern, den Lärm stampfender Hufe, splitterndes Holz und laute Befehle. Gleich darauf erschien der riesige Hengst im Zustand äußerster Erregung. Ariel wirkte doppelt so groß wie sonst. Er musste seine Braut gewittert haben und war völlig außer sich. Frederico hing an einer Seite, Raffael an der anderen, um den Hengst zu halten. Er sieht aus wie ein Schlachtross. Amalia dachte an das Gemälde in der Bibliothek ihres Onkels. In diesem Moment stieg Ariel, Frederico ließ den Strick los, Raffael klammerte sich ans Halfter. Vergebens. Er sackte in die Knie und fiel vornüber.
»Raffael!« Theresas Schrei.
Amalia hielt den Atem an, aber sie rührte sich nicht.
Das Chaos war perfekt, als Ariel das Gehege erreichte und zu einem wunderschönen Sprung ansetzte. Er schien zu fliegen.
Frederico hetzte mit zwei Stallburschen hinter ihm her. Als sie das Gehege erreichten, war Ariel bereits dabei, seine Braut beglücken. Sie stand ganz still. Zufrieden und sanft wie ein Lämmchen ließ Ariel sich zurück in den Stall führen.
Nichts davon sah Theresa. Raffaels Augen waren geschlossen und eine Platzwunde am Kopf zeigte, wo Ariels Huf ihn getroffen hatte.
»Ich schneid ihm die Eier ab«, murmelte er, ohne die Augen zu öffnen.
»Ganz, wie du willst, mein Liebster.« Sie strich ihm über die Stirn.
»Komm, Kind«, sie hörte die Stimme ihrer Mutter, »du musst ihn loslassen, die Ambulanz ist da.«
Theresa