ТОП просматриваемых книг сайта:
Himmel über der Maremma. Ursula Tintelnot
Читать онлайн.Название Himmel über der Maremma
Год выпуска 0
isbn 9783748504658
Автор произведения Ursula Tintelnot
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Seit Raffael da ist, dachte Marisa, geht es Theresa besser.
Sie hatte ihre Vitalität, ihren Witz wiedergefunden.
Romantische Liebe war in Marisas Augen eine Erfindung der Neuzeit. Die Menschheit war Jahrtausende ohne sie ausgekommen. Gesunder Sex war wunderbar und unverbindlich, Enttäuschungen nicht programmiert.
Aber Theresa hatte andere Vorstellungen und Wünsche. Sie hatte sich auf ihren ersten Ehemann, Konstantins Vater, verlassen können. Das hatte sie auch von Maximilian erwartet. Ein Irrtum, wie sie bald hatte erkennen müssen.
Marisa hatte versucht, ihre Freundin zu trösten. Theresa war anders als sie. Sie wünschte sich Liebe von einem Mann, sie selbst tat das nicht. Ihr genügte die Liebe zu ihren Söhnen und den Tieren.
Amalia stand vor dem geöffneten Kleiderschrank. Sie wühlte in ihren T-Shirts.
Auf dem Fußboden türmten sich Röcke und Hosen.
»Was ist denn hier los?« Madame Durand stand in der Tür.
Amalia fuhr herum. »Ich habe nichts anzuziehen.« Sie nutzte die Gebärdensprache.
Madame Durand war die Einzige im Haus, die das Gebärden beherrschte.
»Aha? Und was ist das?« Sie deutete auf den Boden.
Amalia sah sie unschlüssig an. »Ich weiß nicht, was ich anziehen soll.«
»Wollen wir mal zusammen nachsehen?«
Amalia nickte eifrig. Sie war nicht eitel, ganz im Gegenteil. Abgeschnittene Jeans und verwaschene Shirts genügten ihr normalerweise.
Die reichen kleinen Mädchen in Amalias Klasse kamen in Rosa und Weiß gehüllt, trugen Schmuck und fühlten sich verhöhnt.
Die Privatschule war zu Beginn ein Problem gewesen. Zum ersten Mal war Amalia mit Kindern aus ihrem eigenen Milieu konfrontiert worden. Auf dem Gut kam sie nur mit den Kindern der Dorfbewohner und der Angestellten in Berührung. Manchmal auch mit Theresas Reitschülern. Sie hatte nie erfahren, wie es sich anfühlte, ausgeschlossen oder gar gemobbt zu werden. Mit Ausnahme ihres Cousins war Amalia nie auf Ablehnung gestoßen.
Amalia hatte, wie immer, den Versuch gemacht, mit ihren Problemen selbst fertig zu werden, bis Madame sie darauf ansprach. Sie hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte.
Voller Abscheu dachte Madame an ihren Zusammenstoß mit der Direktorin, einer schweren, offenbar konfliktscheuen Frau, die ihr zu verstehen gegeben hatte, dass sie nicht die Absicht hätte, mit den reichen Eltern ihrer verwöhnten Bälger zu sprechen.
Madame schilderte Theresa das Gespräch mit ihr.
»Finden Sie heraus, wann der nächste Elternabend stattfindet.«
»Gewiss.«
Sie will hingehen, dachte Madame Durand erstaunt.
Theresa hatte nie viel Interesse an dem Mündel ihres Mannes gezeigt. Und doch schien sie auf ihre Art das Mädchen zu mögen. Sie erteilte Amalia regelmäßig Reitunterricht und hatte ihr Lunas Fohlen geschenkt. Der kleine Hengst war Amalias ganze Liebe. Und, dachte Madame, Konstantin.
Denn Amalias Wunsch, heute hübsch auszusehen, lag zweifellos an Konstantins Kommen.
»Du freust dich auf Konstantin?«
Amalia nickte strahlend und hob den Daumen. »Ich will ihm mein Fohlen zeigen. Wir müssen es doch taufen.«
Madame Durand lächelte. »Weißt du schon, wie es heißen soll?«
Amalia schüttelte den Kopf und zog sich ein blaues Trägerkleidchen über, das ihr sehr gut stand. Sie drehte sich vor dem Spiegel. Als sie sah, dass Amalia das Kleid wieder auszog und nach einem ärmellosen verwaschenen T-Shirt griff, floh Madame und zog die Tür zu.
Oh, du mein Gott, dachte sie. Eine verliebte Dreizehnjährige, wenn das mal gut geht.
Madame Durands Sorgen waren nur allzu berechtigt.
Konstantin entstieg am Nachmittag einem todschicken Sportcoupé und mit ihm Annabel.
Sie trug zu einem schneeweißen Seidenkleid Stilettos und wirkte beneidenswert kühl, bei sechsunddreißig Grad. Als käme sie geradewegs aus der Dusche. Und sie war bildhübsch. Frederico und Maximilian saßen unter der riesigen Kastanie vor dem Haus. Die Krone des Baumes schützte vor Regen und Sonne. Annabel hängte sich bei Konstantin ein, als sie auf das Haus zuschritt.
Mit den Schuhen, dachte Madame, würde sie ohne Unterstützung nicht weit kommen. Auffahrt und Hof waren gepflastert wie eine alte Dorfstraße.
Konstantin stellte seine Freundin vor: »Maximilian, das ist Annabel, Frederico, mein Bruder, und … Madame Durand.« Er stutzte, als er sie alleine kommen sah. »Wo ist denn Amalia?«
»Guten Tag, Konstantin, Annabel. Ich weiß es nicht, sie war eben noch hier.«
»Und Mama?«
Maximilian sagte: »Sie hat eine neue Schülerin. Ich denke, sie ist noch in der Reithalle.«
»Vielleicht ist Amalia bei ihr, ich geh mal nach den beiden sehen.«
»Wer ist denn Amalia, Liebling?«
»Komm mit, Annabel, dann wirst du sie kennenlernen.«
Amalia hatte den Tag in der Nähe des Hauses verbracht. Sie wollte keine Minute mit Konstantin versäumen.
Im Stall, dachte Madame, wirst du sie nicht finden.
Amalia war in den Flügel des Hauses geflüchtet, in dem Maria lebte. Sie glaubte zu wissen, was in dem Mädchen vorging.
Sie hörte Annabels ungläubige Stimme. »In den Stall?«
»Ja.«
»Nein, Liebling, ich möchte mich lieber frisch machen.« Sie kicherte.
Wie frisch will sie wohl noch werden, fragte sich Madame und tadelte sich gleich darauf.
Annabel war nervös und unsicher, man musste nachsichtig mit ihr sein. Mit den Männern hatte sie leichtes Spiel. Von Ossten betrachtete sie, wie er alle Frauen ansah. Nun ja. Frederico konnte den Blick nicht von ihr lassen. Die schwerste Prüfung aber würde noch kommen, Theresa hatte sie noch nicht kennengelernt.
Es war