ТОП просматриваемых книг сайта:
Himmel über der Maremma. Ursula Tintelnot
Читать онлайн.Название Himmel über der Maremma
Год выпуска 0
isbn 9783748504658
Автор произведения Ursula Tintelnot
Жанр Языкознание
Издательство Bookwire
Ein halbes Jahr später wurde sie Frau von Ossten und zog mit ihrem Sohn und ihrer Mutter in das riesige Haus in der Maremma.
Sie war Maximilians vierte Ehefrau. Seine Ehen waren kinderlos geblieben. Als sie schwanger wurde, kannte seine Freude keine Grenzen.
Maximilian dachte an die erste Begegnung mit Theresa. Schlank und kraftvoll, eine geballte Ladung Energie. Ohne erkennbare Eitelkeit, verlockend, ohne zu locken.
Ihr dichtes gewelltes Haar glänzte wie das Gefieder eines Raben. Sie besaß diese natürliche Eleganz, die nicht erlernbar war. In seinen Augen waren alle Frauen sich ähnlich. Theresa bildete die Ausnahme. Alles an ihr war einzigartig, besonders und unwiderstehlich. Ein Hauch von Melancholie umgab sie. Sie war damals noch nicht lange Witwe gewesen, erinnerte er sich.
Theresa beklagte sich nie. Sie machte keine Szenen, nahm seine Eskapaden hin. Manchmal schien ihm, als ob sie gar nicht bemerkte, wenn er sich einer anderen Frau zuwandte. War das so, weil es ihr egal war? Er ihr egal war? Das käme einer Kränkung gleich. Ja, er war gekränkt. Ihre scheinbare Gleichgültigkeit war Gift für sein Ego.
Maximilian drückte das Gaspedal durch. Er fuhr Richtung Grosseto. Dorthin, wo eine Frau auf ihn wartete, die ihn bemerkte. Sidonie, die Frau seines Freundes und Geschäftspartners Renato, der sich mehr auf Reisen als zu Hause aufhielt, war ein blondes Versprechen. Ungehemmt und ohne die geringste Anmutung von Moral. Eine sexuell unterforderte Fünfunddreißigjährige.
Rücksichtslos fuhr er viel zu schnell über die kurvige schmale Straße.
Eine Stunde nach seiner Geburt stand der kleine Hengst auf zitternden Beinen im hoch eingestreuten Heu.
Hellbraunes Fell. Seine glänzenden Augen umgab ein weißer Kranz.
Theresa lachte. »Es sieht aus, als habe er sich eine Brille aufgesetzt.«
Raffael war dabei, die Abfohlbox zu säubern. Die Nachgeburt ließ er in einen Eimer fallen. Die würde sich die Tierärztin später ansehen.
»Das hast du gut gemacht.« Theresa streichelte den Hals ihrer Stute.
Luna schnaubte leise und blies warmen Atem in ihr Gesicht. Es war schon die dritte Nacht, in der sie bei Luna gewacht hatten. Die Stute war unruhig gewesen.
Das Fohlen hatte den Weg zu den Zitzen seiner Mutter gefunden.
Theresa war immer wieder berührt, wenn sich diese kleinen Wesen auf ihre Streichholzbeinchen kämpften und schon kurz nach der Geburt zu trinken begannen.
Müde hockte sie auf einem alten Hocker, stützte sich auf die Knie und legte ihr Gesicht in beide Hände. Sie hörte Raffael hin und her gehen, beruhigende Laute von sich geben. Wasser lief. Dann spürte sie ihn hinter sich, seine warmen kräftigen Hände auf ihren Schultern. Sie stöhnte, als er sanft ihre verspannten Schultern massierte. Noch herrschte Stille im Stall, nur unterbrochen von leisem Schnauben und dumpfem Stampfen, wenn eines der Pferde sich bewegte. Theresa legte den Kopf zurück und sah zu Raffael auf.
Es war gerade sechs Uhr früh, als sie über den Hof auf das Herrenhaus zuging. Sie hörte die Stallburschen und ihren Stallmeister, der seine Anweisungen für den Tag gab. Er war beliebt, aber auch gefürchtet. Unregelmäßigkeiten duldete er nicht.
Jetzt hörte sie ihn brüllen: »Ich stülpe dir die Nachgeburt über die Ohren, du Schweinebraten.«
Da hatte wohl einer der Stallburschen einen Fehler gemacht.
Theresa lächelte. Seine Stimme wurde leise, wenn er mit den Pferden sprach.
Sie konnte sich keinen besseren Stallmeister und Verwalter vorstellen. Er war jung, jünger als sie selbst, aber er besaß eine natürliche Autorität, die nicht durch seine Geburt zu erklären war.
Seine Eltern waren schlichte Bauern gewesen. Seine Herkunft, nun ja, eher einfach, sogar sehr einfach.
Ihre Gedanken wanderten vier Jahre zurück zu ihrem Lieblingsplatz am See. Eine riesige Trauerweide auf einer Landspitze spendete Schatten, wenn die Hitze des Sommers kaum zu ertragen war. Ihre Ranken hingen bis tief auf die Erde, bildeten kühle Räume aus grünen Vorhängen. Dorthin zog sie sich zurück, wenn sie alleine sein wollte. Von dort aus schwamm sie zu der winzigen Insel mitten im See. Ein einsamer Ort. Hier war er ihr zum ersten Mal außerhalb des Stalles begegnet.
Er stieg aus dem Wasser, nackt wie Poseidon und starrte auf sie hinunter. Sie lag regungslos auf ihrem Handtuch und starrte zurück. Ein bronzener muskulöser Körper.
Ihre Zunge strich über ihre trockene Oberlippe. Raffael drehte sich um und verschwand zwischen den herabhängenden Zweigen. Das Sonnenlicht malte unregelmäßige Flecken auf den Boden. Theresa schloss die Augen, aber sein Bild hatte sich auf ihrer Netzhaut eingebrannt. Als sie die Augen wieder aufschlug, stand er, bekleidet mit verwaschenen Jeans, über ihr. »Es tut mir leid«, sagte er. »Ich habe Sie gestört.«
Er sah nicht weg, als sie sich aufrichtete und ihr Badetuch um sich schlang.
»Mein Lieblingsplatz«, sagte sie und fuhr sich mit den Fingern durchs feuchte Haar.
»Meiner auch.«
Er ließ sich auf die Knie nieder, griff nach ihrem Tuch und öffnete es behutsam. Sie wehrte sich nicht. Er drückte sie zurück. Theresa half ihm, sich seiner Jeans zu entledigen. Sie rangen miteinander, bis sie stöhnten, bis zum Ende. Er besaß sie und sie ihn, rückhaltlos. Beide Gewinner. Sie lag an ihm, atmete seinen Duft, spürte Dankbarkeit.
Er sagte: »Ich hatte Hunger nach dir.«
Sie würde diesen Nachmittag nie vergessen.
Theresa hatte nicht bereut, Maximilian geheiratet zu haben. Aber die demütigende Erkenntnis, mit einem Mann zu leben, der sie nicht nur einmal betrog, traf sie mehr, als sie sich eingestand. Sie erzählte Raffael alles. Sie entblößte ihre Seele wie noch niemals zuvor. Eine seelische Befreiung wie zuvor die körperliche. Er hielt sie fest, bis sie eingeschlafen war.
Als sie erwachte, war er gegangen.
Sie zog sich an und lief durch den schmalen Gürtel eines Pinienwäldchens. Luna begrüßte sie mit leisem Schnauben.
»Habe ich dich zu lange alleine gelassen?«
Auf dem Waldboden bemerkte sie Spuren, die ihr sagten, dass ihre Stute keineswegs alleine gewesen