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aber obwohl er ein rücksichtsloser Verschwender war – und dass er es war, wusste man –, würde er vermutlich zum Erben des reichen, alten Sir Peter Levison werden.

      Die betagte Dame ergriff das Wort: „Captain Levison, Lady Isabel Vane.“ Beide nahmen die Vorstellung zur Kenntnis; und Isabel, die in den Angelegenheiten der großen Welt noch ein Kind war, wurde dunkelrot unter den bewundernden Blicken, die der junge Gardist ihr zuwarf. Seltsam – seltsam, dass sie die Bekanntschaft dieser beiden Männer am gleichen Tag machte, ja fast zur gleichen Stunde; der beiden, die unter allen Angehörigen des Menschengeschlechts den größten Einfluss auf ihr zukünftiges Leben haben sollten!

      „Das ist ein hübsches Kreuz, mein Kind“, rief Mrs. Levison, als Isabel neben ihr stand, nachdem die Teestunde vorüber war und sie im Begriff stand, nach dem abendlichen Besuch mit Mrs. Vane abzufahren.

      Damit meinte sie ein goldenes Kreuz mit sieben eingelegten Smaragden, das Isabel um den Hals trug. Es war von leichter, zarter Machart und hing an einer dünnen, kurzen Goldkette.

      „Ist es nicht hübsch?“, erwiderte Isabel. „Meine liebe Mama hat es mir geschenkt, kurz bevor sie gestorben ist. Warten Sie, ich nehme es für Sie ab. Ich trage es nur bei besonderen Gelegenheiten.“

      Und dies hier, ihr erster Auftritt bei der Großherzogin, schien dem einfach erzogenen, unerfahrenen Mädchen eine ganz besondere Gelegenheit zu sein. Sie öffnete den Verschluss der Kette und legte sie mit dem Kreuz in Mrs. Levisons Hände.

      „Nun, ich stelle fest, du trägst keinen Schmuck außer diesem Kreuz und ein paar armseligen Perlenarmbändern!“, sagte Mrs. Vane zu Isabel. „Ich hatte dich noch gar nicht genau angesehen.“

      „Beides hat mir Mama geschenkt. Die Armbänder hat sie selbst oft getragen.“

      „Du altmodisches Kind! Dass deine Mama dieser Armbänder vor Jahren getragen hat – ist das ein Grund, dass auch du sie trägst?“, gab Mrs. Vane zurück. „Warum legst du nicht deine Diamanten an?“

      „Ich … hatte … meine Diamanten angelegt. Aber ich … habe sie wieder ausgezogen“, stammelte Isabel.

      „Warum um alles in der Welt?“

      „Ich wollte nicht zu fein aussehen“, antwortete Isabel mit einem Lachen und errötete. „Sie haben so geglitzert! Ich habe gefürchtet, man könnte denken, ich hätte sie nur angelegt, um fein auszusehen.“

      „Aha! Du willst dich also offensichtlich in die Klasse von Menschen einordnen, die so tun, als würden sie Schmuck verabscheuen“, bemerkte Mrs. Vane. „Das ist die höchste Verfeinerung der Affektiertheit, Lady Isabel.“

      Der Spott klang in Lady Isabels Ohren harmlos. Sie glaubte einfach, irgendetwas habe Mrs. Vane die Laune verdorben. Das stimmte sicher auch; und dieses Etwas war – auch wenn Isabel es kaum vermutet hätte – die offenkundige Bewunderung, die Captain Levison ihrer frischen, jungen Schönheit entgegenbrachte; sie nahm ihn ganz in Anspruch und machte ihn sogar nachlässig gegenüber Mrs. Vane.

      „Hier, Kind, nimm dein Kreuz“, sagte die alte Dame. „Es ist sehr hübsch; an deinem Hals ist es hübscher als Diamanten es wären. Du brauchst keine Verschönerung; machʼ dir nichts daraus, was Emma sagt.“

      Francis Levison nahm ihr das Kreuz mit der Kette aus der Hand und gab es an Lady Isabel weiter. Ob er ungeschickt war oder ob sie die Hände voll hatte – sie musste ihre Handschuhe und das Taschentuch festhalten, außerdem hatte sie gerade den Mantel abgelegt – jedenfalls fiel es zu Boden; und in seinem zu schnellen Versuch, es aufzufangen, gelang es dem Gentleman, mit dem Fuß darauf zu treten. Das Kreuz war entzweigebrochen.

      „Da! Wer ist denn nun daran schuld?“, rief Mrs. Levison.

      Isabel antwortete nicht; es ging ihr zu Herzen. Sie nahm das zerbrochene Kreuz, und die Tränen liefen ihr aus den Augen; sie konnte es nicht verhindern.

      „Warum denn das! Du weinst doch wohl nicht über so ein lächerliches Kreuz!“, sagte Mrs. Vane und unterbrach damit Captain Levisons Ausdruck des Bedauerns über seine Ungeschicklichkeit.

      „Du kannst es löten lassen, mein Liebes“, warf Mrs. Levison ein.

      Lady Isabel schluckte die Tränen herunter und wandte sich mit fröhlichem Blick Captain Levison zu. „Machen Sie sich bitte keine Vorwürfe“, sagte sie gutmütig; „es war ebenso gut meine Schuld wie Ihre; und wie Mrs. Levison schon sagte, kann ich es löten lassen.“

      Während sie sprach, löste sie den oberen Teil des Kreuzes von der Kette und legte sich diese um den Hals.

      „Du wirst doch nicht diese dünne Goldkette und sonst nichts umlegen!“, meinte Mrs. Vane.

      „Warum nicht?“, gab Isabel zurück. „Wenn die Leute etwas sagen, kann ich ihnen erklären, dass mit dem Kreuz ein Missgeschick passiert ist.“

      Mrs. Vane brach in spöttisches Gelächter aus. „Wenn die Leute etwas sagen!“, wiederholte sie in einem Tonfall, der zum Lachen passte. „Sie werden nicht ‚etwas sagen‘, sondern annehmen, dass die Tochter von Lord Mount Severn an einem unglückseligen Mangel an Schmuck leidet.“

      Isabel lächelte und schüttelte den Kopf. „Im Salon haben sie meine Diamanten gesehen.“

      „Wenn du mir etwas so Ungeschicktes angetan hättest, Frank Levison“, platzte die alte Dame heraus, „wären meine Türen dir einen Monat lang verschlossen geblieben. Emma, wenn du gehen willst, dann gehst du besser; ausgehen und den Abend um zehn Uhr in der Nacht beginnen! Zu meiner Zeit sind wir um sieben ausgegangen; aber heutzutage ist es Sitte, die Nacht zum Tag zu machen.“

      „Damals, als George der Dritte um ein Uhr nachts gekochten Hammel und Rüben aß“, warf der schamlose Captain ein; er brachte seiner Großmutter sicher keine größere Verehrung entgegen als Mrs. Vane.

      Während er sprach, wandte er sich zu Isabel, um sie die Treppe hinunter zu begleiten. So wurde sie zum zweiten Mal in dieser Nacht von einem Fremden zu ihrer Kutsche gebracht. Mrs. Vane ging allein hinunter, so gut sie konnte, und dabei besserte sich ihre Laune nicht.

      „Gute Nacht“, sagte sie zu dem Captain.

      „Ich werde nicht Gute Nacht sagen. Sie finden mich dort fast sobald Sie dort sind.“

      „Sie haben mir gesagt, sie würden nicht kommen. Irgendeine Junggesellenfeier sei dazwischen gekommen.“

      „Ja, aber ich habe es mir anders überlegt. Leben Sie einstweilen wohl, Lady Isabel.“

      „Wie wirst du denn aussehen, mit nichts um den Hals außer einer Schulmädchenkette!“, setzte Mrs. Vane an und kehrte damit zu dem Missstand zurück, während sie mit der Kutsche davonfuhren.

      „Ach, Mrs. Vane, was hat das zu bedeuten? Ich kann an nichts anderes denken als an mein zerbrochenes Kreuz. Das ist doch sicher ein schlechtes Omen.“

      „Ein schlechtes – was?“

      „Ein schlechtes Omen. Mama hat mir das Kreuz geschenkt, als sie im Sterben lag. Sie hat mir gesagt, es soll mein Glücksbringer sein, und ich soll es immer sorgfältig aufbewahren; und wenn ich Kummer hätte oder einen Rat bräuchte, solle ich es ansehen und mich daran zu erinnern versuchen, was sie mir geraten hätte, um dann entsprechend zu handeln. Und jetzt ist es zerbrochen – zerbrochen!“

      Eine flackernde Gaslaterne warf einen Lichtblitz in die Kutsche und genau in Isabels Gesicht. „Ich stelle fest, du weinst schon wieder!“, sagte Mrs. Vane. „Eines sage ich dir, Isabel: Ich werde keine roten Augen zur Herzogin von Dartfort begleiten. Wenn du also nicht aufhören kannst, werde ich den Kutscher anweisen, dich nach Hause zu fahren, und dann allein hingehen.“

      Isabel trocknete sich kleinlaut die Augen ab und seufzte dabei tief. „Ich glaube schon, dass man die Stücke wieder zusammensetzen kann, aber für mich wird es nie wieder dasselbe Kreuz sein.“

      „Was hast du mit den Stücken gemacht?“, fragte Mrs. Vane gereizt.

      „Ich habe sie in das Seidenpapier eingewickelt, das Mrs. Levison

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