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Schlag doch zu! Autobiografie. Harald Fiori
Читать онлайн.Название Schlag doch zu! Autobiografie
Год выпуска 0
isbn 9783738095890
Автор произведения Harald Fiori
Издательство Bookwire
Geschichtliches und Wichtiges
Das Hören von amtlichen Nachrichten gehörte zu den täglichen Pflichten guter deutscher Staatsbürger. Ganz bestimmt aber musste Vati, als eingezogener Soldat, immer auf dem neuesten Stand sein. Ob natürlich alles, was in der Welt passierte, so genau in den deutschen Nachrichten zu hören war, war nicht nur damals fraglich. Denn das ist eine altbekannte Weisheit: „Im Krieg stirbt die Wahrheit zuerst.“
Aber nicht nur der Krieg machte es erforderlich, nicht immer die Wahrheit bekannt werden zu lassen, auch die Diktatur als solche verträgt sich nicht mit der absoluten politischen Wahrheit.
Am Sonntag, dem 2. Februar 1941 konnte man zum Beispiel lesen oder hören, dass die schwedische Handelsflotte nach amtlichen Mitteilungen aus Stockholm seit Beginn des Krieges 111 Schiffe verloren hatte, 587 Seeleute waren getötet worden.
In Zürich standen die beiden Gründer einer Kreditgenossenschaft vor Gericht, weil sie Gelder in Millionenhöhe veruntreut haben sollen. In der Zeitung der Militärs in Deutschland konnte man folgenden Artikel lesen:
„Erfolge im Atlantikkrieg
Aufgrund der großen britischen Überlegenheit zur See führt die deutsche Marine einen Krieg, der sich vornehmlich gegen die überseeischen Handelsverbindungen Londons richtet. Marine-Oberbefehlshaber Erich Raeder will möglichst viele gegnerische Handelsschiffe, die Nachschub für die britische Rüstungsindustrie an Bord haben, versenken. Sein Ziel ist es dabei, ‚eine Knappheit vor allem an Kriegsmaterial’ zu erreichen. Direkte Auseinandersetzungen mit gegnerischen Kriegsschiffen seien jedoch zu vermeiden.“
Von den Briten unbemerkt, durchbrachen am 4. Februar die deutschen Schlachtschiffe „Scharnhorst“ und „Gneisenau“ die stark überwachte Dänemarkstraße und stießen in den Atlantik vor. Sie sollten Transport- und Versorgungsschiffe mit Frachtgut für Großbritannien angreifen.
Nicht für alle bestimmt war folgende Nachricht: vom 5. Februar 1941:
„Britische Flugzeuge starten erneut gegen deutsche Städte. Bei einem Angriff auf Düsseldorf sterben 35 Menschen im Bombenhagel.“
Dagegen war wichtig für alle am 6. Februar, dass das Reichspropagandaministerium die Antiquaschrift als Normalschrift eingeführt hatte. Alle Druckerzeugnisse waren von diesem Tag an auf die lateinische Druckschrift umzustellen.
Am 7. Februar wurde der bisherige Gau Koblenz-Trier in Gau Moselland umbenannt. In diesen Gau wurde Luxemburg eingegliedert, das seit Mai 1940 deutsch besetzt war.
Am 8. Februar nahmen Griechenland und Großbritannien Verhandlungen auf über die Entsendung britischer Truppen in den gegen Italien kämpfenden Ägäisstaat.
Am 9. Februar begann eine Großaktion deutscher See- und Luftstreitkräfte gegen britische Schiffe. Bis zum 12. Februar wurden 16 Schiffe versenkt.
Und an diesem Tag fand meine Taufe statt !
Am Freitag, dem 14. Februar kam ich nach Hause. Alles war nett geschmückt, Ursel hatte ein Bild gemalt und „Herzlich Willkommen“ darauf geschrieben. Mutti war total erschöpft, legte aber glücklich den kleinen dicken Kerl in das Kinderbettchen, das zunächst im Schlafzimmer aufgebaut worden war.
Schnell war auch Tante Traute eingeladen, um nach dem neuen Erdenbürger zu sehen und gute Ratschläge zu erteilen, denn immerhin hatte sie jetzt zwei Monate Erfahrungsvorsprung, während Mutti doch sechs Jahre nach der Geburt ihres ersten Kindes nicht mehr so ganz genau wusste, was alles zu tun sei mit dem Säugling. Der Bengel machte aber auch irgendwie Sorgen. Er war einfach nachts zu oft wach, dafür schlief er dann morgens in der Frühe, wenn er trinken sollte.
„Was ist denn richtig,“ lautete die bange Frage, „soll ich denn nachts aufstehen und den Jungen füttern? Soll ich ihn schreien lassen? Ich kann das aber nicht länger ertragen. Dann muss er in das Kinderzimmer!“
Selbstverständlich wusste Tante Traute auf alles eine Antwort: „Natürlich darfst du auf gar keinen Fall nachts dem Schreien nachgeben, man darf ein Kind nicht verwöhnen, der soll sich von Anfang an an die Zeiten gewöhnen, die ihm vorgegeben werden. Schieb ihn ruhig ins Kinderzimmer! Dann hörst du ihn nicht und kannst ruhig durchschlafen. Morgens wird er dich schon wecken und dann auch richtig trinken. Er ist sowieso etwas zu dick und zu träge.“
Also durfte ich nachts laut schreien, störte niemanden. Meine Mutter erzählte immer, dass ich morgens ganz ruhig in meinem Bettchen lag, ohne einen Pieps von mir zu geben und still mit meinen Händchen spielte. Was natürlich von Tante Traute als eigentümlich bezeichnet wurde und vielleicht auch behandlungsbedürftig. Auf jeden Fall müsste man den Kinderarzt fragen, auch wegen des viel zu dicken Kopfes des Knaben. Schließlich habe man immer schon geargwöhnt, dass mit dem Kind nicht alles ganz richtig sei.
„Nachts allein im Kinderbett ist es sehr, ja ausgesprochen einsam. Wer nur kümmert sich um mich? Warum kommt niemand, wenn ich schreie? Hört mich denn niemand? Das Schreien ist völlig wirkungslos! Ich glaube, ich lasse es lieber. Wenn ich so allein bin, kann ich ja friedlich vor mich hinbrummeln, das macht müde. Irgendwann schlafe ich ein. Brauche ich denn wirklich den