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Der damalige Bundesumweltminister schätzt die Kosten mit 3,7 Milliarden € deutlich höher ein und bezeichnete die Anlage als die problematischste kerntechnische Anlage, die wir in Europa finden. Nach neuen Schätzungen soll die Sanierung von Asse II etwa 4 bis 6 Milliarden € kosten, diese Aufwendungen werden vom Bund getragen.

      Durch die Ermittlungen des niedersächsischen Landtags wurde bekannt, dass die Behälter zur Einlagerung des radioaktiven Materials nur auf eine Haltbarkeit von 3 Jahren ausgelegt waren. Es wurde also in Kauf genommen, dass sie innerhalb kurzer Zeit verrotten würden. Damit ist belegt, dass die Industrie von Anfang an ein billiges Endlager in der als Forschungsbergwerk deklarierten Einlagerungsgrube gesehen hat.

      2008 stellte der Landkreis Wolfenbüttel eine Anfrage nach Leukämiehäufigkeiten im Umfeld der Schachtanlage Asse II an das seit 2000 bestehende Epidemiologische Krebsregister Niedersachsen. Dem Krebsregister, das Daten in diesem Gebiet beginnend ab 2002 erhebt, standen erst 2010 genügend Daten zur Beantwortung der Anfrage zur Verfügung. Mit Datenbestand vom Oktober 2010 stellte es fest, dass im Zeitraum von 2002 bis 2009 auf dem Gebiet der Samtgemeinde Asse gegenüber den anderen Gemeinden des umgebenden Landkreises Wolfenbüttel auffällig häufige Leukämie- und Schilddrüsenkrebserkrankungen aufgetreten waren und dass ebenso im Zeitraum 2002 bis 2008 die Sterblichkeit durch Leukämieerkrankungen auffällig hoch gewesen war. Die Überschreitungs-wahrscheinlichkeiten, mit denen die ermittelten Fallzahlen unter Annahme des jeweiligen Erfahrungswertes des Vergleichsgebietes zufällig erreicht würden, betragen für die Leukämieinzidenz 0,30% (18 Fälle; 8,5 erwartet), für die Inzidenz des Schilddrüsenkarzinoms 0,08% (12 Fälle; 3,9 erwartet) und für die Leukämiemortalität 0,86% (11 Fälle; 4,7 erwartet). Bei einer Irrtumwahrscheinlichkeit von 1% oder größer sind daher alle 3 Erhöhungen signifikant. Bei anderen Krebsarten zeigten sich wie in den anderen Gemeinden des Landkreises keine signifikanten Auffälligkeiten. Ob diese Erhöhungen einen Bezug zur Asse haben, konnte bis dato noch nicht verifiziert werden. Bemerkenswert ist, dass von den Erhöhungen bei den Leukämien nur Männer, beim Schilddrüsenkarzinom nur Frauen sichtbar betroffen sind. Bekannte Risikofaktoren für Leukämie und Schilddrüsenkarzinome sind u.a. ionisierende Strahlung.

      Der geologische Schnitt vom ehemaligen Salzbergwerk Asse II (Abbildung 2) zeigt unter anderem, das verstürzte Deckgebirge und die vielen Verwerfungen, die das labile Grubengebäude belegen. Der geringe Abstand der Abbaukammern zum umgebenden Gestein ist ebenfalls sehr gut sichtbar. Trotzdem wurden dort von 1967 bis Ende 1978 radioaktive Abfälle eingelagert.

      Abbildung 2: Geologischer Schnitt durch das Endlager Asse II; Quelle: Helmholtz Zentrum München

      3. Kapitel

      Heute ist Samstag, endlich ist das langersehnte Wochenende da. Somit steht keine langweilige Behördenarbeit an, sondern zwei Tage nur mit Fritz meinem Mischlingsrüden im Untersuchungsgebiet in der Umgebung der Schachtanlage Asse II. Wir werden eine Nacht in meinem VW-Bus schlafen und am Sonntag-Abend zurück nach Bremen fahren. Ich gehe mit meinem Kaffeebecher auf die Dachterrasse und schaue mir das Wetter an. Die Sonne scheint und keine Wolke ist am Himmel zu sehen. Die Temperatur ist trotz der frühen Uhrzeit sehr angenehm warm.

      Nach dem Frühstück packe ich meine Reisetasche und stecke meinen Geigerzähler „Gamma-Scout“ sowie die Digitalfilmkamera ein. Außerdem nehme ich noch ein paar Lebensmittel und Hundefutter mit. Nachdem ich noch den 10-Liter Wassertank gefüllt habe, laufe ich mit dem Hund zum Bus. Ich verstaue die Utensilien im Auto und gehe mit Fritz noch eine Pinkelrunde, bevor es losgeht.

      Wenig später starte ich den Bus und fahre über eine zweispurige Schnellstraße zur Autobahn. Fritz freut sich über unseren Ausflug und springt im Bus hin und her. Als wir die Autobahn erreicht haben, passieren wir nach kurzer Zeit die Bremer Landesgrenze. Gutgelaunt öffne ich etwas das Fenster und stecke mir entspannt eine Zigarette an. Mit dem Bus fahre ich meistens nur 100 km/h, damit er nicht so viel Diesel verbraucht, außerdem sollte man nach meiner Auffassung nicht den Umweltschutz vergessen. So tuckern wir gemütlich über die A 27 und später über die A 7 bis zum Kreuz Hannover-Ost. Von dort aus geht es weiter Richtung Osten über die berüchtigte A 2, die Autobahn mit den vielen Unfällen wegen der unzähligen Lastkraftwagen, die meistens aus dem wilden Osten kommen und dementsprechend einen schlechten technischen Zustand vorweisen. Als wir Braunschweig erreichen, biegen wir Richtung Süden ab und fahren weiter bis zur Autobahnausfahrt Wolfenbüttel. Wir durchfahren diese Stadt einmal komplett und verlassen sie auf der Bundesstraße 79. Im Prinzip beginnt mein Untersuchungsgebiet im Zentrum von Wolfenbüttel, aber heute fahre ich bis nach Wittmar. Diese Ortschaft liegt ungefähr 1 Kilometer südlich der Schachtanlage Asse II und hat damit, im Vergleich mit den anderen Siedlungen, den geringsten Abstand zum Bergwerk. Im Zentrum stelle ich den Bus auf einem öffentlichen Parkplatz ab, stecke die Kamera sowie den Geigerzähler ein und gehe mit Fritz spazieren. Bei solchen Aktionen ist es immer gut einen Hund als Tarnung dabei zu haben, weil jeder annimmt, dass man nur ein normaler Hundefreund ist, der mit seinem Vierbeiner spazieren geht.

      Auf einem Fensterblech mit einer dicken Staubschicht messe ich die Radioaktivität mit meinem Geigerzähler. Hier muss ich keine unangenehmen Fragen befürchten, weil es sich um ein leerstehendes Haus handelt. Das Gerät misst die Alpha-, Beta- und Gammastrahlung ab 4 MeV (Alpha), ab 0,2 MeV (Beta) bzw. ab 0,02 MeV (Gamma). Damit kann mein Geigerzähler auch relativ geringe Strahlung anzeigen. Als Maximalwert bei der Gammastrahlung sind 1.000 µSv/h noch messbar. Gemäß meiner Überprüfung ist die Staubschicht auf dem Fensterbrett nicht verstrahlt. Nach der Tschernobyl-Katastrophe konnte man in Berlin erhöhte Werte auf den Fensterblechen messen, aufgrund des radioaktiven Fallouts aus der Luft. In der Umgebung der Asse wird es vermutlich keinen radioaktiven Staub geben, weil das Bergwerk untertage Probleme verursacht, deswegen rechne ich bei meinen Messungen auf oberirdischen Flächen eigentlich nicht mit sensationellen Entdeckungen.

      In Wittmar suche ich nach weiteren interessanten Messpunkten, aber nirgendwo zeigt das Gerät eine Strahlung an. Ich überprüfe die Blätter an einem Baum, die Rinde an einem Baumstamm, das Wasser in einer Straßenpfütze, einen toten, halb verwesten Vogel im Gebüsch, einen Radkasten von einem geparkten Auto und noch viele andere Punkte, aber es gibt hier nirgendwo eine messbare Strahlung. Deswegen laufe ich mit Fritz, der sich bestimmt über mein seltsames Verhalten wundert, zurück zum Bus. Im Gegensatz zu einer Frau, stellt er naturgemäß zum Glück keine dummen Fragen, sondern begleitet mich treu und ergeben, egal wie schwachsinnig meine Handlungen sind.

      Als ich an meinem Fahrzeug angelangt bin, lege ich die Kamera und den Geigerzähler auf den Beifahrersitz, während Fritz sich im rechten Fußraum verkriecht. Der VW-Multivan ist ideal für Ausflüge solcher Art, weil er hinten eine umklappbare Sitzbank hat, die man dadurch schnell zu einem Bett umfunktionieren kann. Er hat eine eingebaute Kühlbox und einen Klapptisch an der linken Innenseite. Auch die Schiebetür ist äußerst praktisch, denn in der Stadt kann man bei engen Parklücken gut einsteigen. Außerdem kann man im Gelände mit offener Tür fahren, natürlich nur, wenn es die Polizei nicht sieht. Im Prinzip ist der Wagen ein kleines Wohnmobil, ideal für Kurzurlaube ohne Ansprüche. Allerdings ist der Dieselverbrauch, aufgrund des größeren Luftwiderstands größer, als bei normalen Autos. Für die Morgentoilette benötigt man natürlich einen gefüllten Wassertank und für das große Geschäft eine geeignete Wiese ohne Publikum sowie Klopapier.

      Wenig später starte ich den Motor und fahre über die Bundesstraße 79 von Wittmar nach Remlingen. Dort biege ich links ab und fahre über eine kleine Nebenstraße, die über den Assehöhenzug führt, nach Groß Vahlberg. Von dort aus steuere ich den Bus nach Mönchevahlberg, biege im Ort nach rechts ab und fahre weiter Richtung Dettum. Ungefähr auf der halben Strecke passiere ich die Altenau, ein kleiner Fluss, der Richtung Westen zur Oker fließt. Hinter einer kleinen Brücke biege ich von der Nebenstraße auf einen kleinen Feldweg nach links ab. Nachdem ich eine geeignete Stelle am nördlichen Altenauufer gefunden habe, parke ich den Bus im Schatten eines Baumes. Hier bin ich ungefähr 2,5 Kilometer vom ehemaligen Salzbergwerk Asse II entfernt, das sich jetzt südlich von mir befindet.

      Nachdem ich die

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