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mit Waffen. Ist das euer neuer Stil?“

      Secovic, der als einziger keine Waffe trug, blieb ein paar Meter vor seinem albanischen Pendant stehen. Er gab dem Mann, der Loan Dibra immer noch in Schach hielt, ein Zeichen. Der Albaner wurde grob nach vorne gestoßen und der Kroate richtete seine Waffe auf die immer noch wie betäubt dasitzenden Albaner.

      „Wir richten uns ganz nach euren Stil. Wer von euch war es?“, zischte Secovic.

      Kadiu trat gelassen einen Schritt auf ihn zu. „Von uns tötet keiner einen Mann aus deiner Gang“, antwortete Kadiu.

      „Dir bleibt nichts anderes übrig, als das jetzt zu sagen. Meine Männer hier sind ganz gierig darauf, ihre Finger krumm zu machen“, sagte Secovic düster.

      „Manchmal ist es anders, als es zu sein scheint. Wenn du dein Augenmerk auf die Galerie dort oben legen würdest, dann könntest du sehen, dass auch wir nicht ganz wehrlos sind“, sagte Kadiu und deutete hinauf zur Decke der Halle. Die Blicke der Albaner flogen herum und die Männer mit den Maschinenpistolen rissen die Augen auf. Auf der Galerie lag ein Albaner, der ein riesiges Maschinengewehr vor sich aufgebaut hatte, dessen Mündung genau auf die Eindringlinge gerichtet war. Es ging ein Raunen durch den Raum, die Kroaten suchten Blickkontakt zu ihrem Bandenchef. Doch der war ebenso überrascht wie die Albaner, die nicht wussten, dass einer von ihnen von dort oben die Halle sicherte. Kadiu hatte seinen Mann dahingehen instruiert, ohne das Wissen der Gang. Sie hätten sich anders verhalten, wenn sie gewusst hätte, dass Nimon Pevolli ihren Arsch mit einem M240 schützte.

      „Wir haben mit eurem Auftauchen hier gerechnet, Stipe. Wenn ihr jetzt die Waffen herunternehmt, dann können wir wie vernünftige Männer miteinander sprechen“, sagte Kadiu und ein Lächeln flog über sein Gesicht. Der Mann auf der Galerie hielt humorlos die Gruppe Albaner im Visier. Er brauchte eine Weile, doch dann hob Secovic den Arm, die Läufe der Maschinenpistolen senkten sich. Als letzter ließ Dražen Adzovic seine Waffe sinken.

      „Okay, wenn das so ist, dann reden wir miteinander.“

      Kadiu nickte kurz und machte eine einladende Geste. „Lasst uns sprechen.“

      Secovic zögerte. „Und dein Mann dort oben?“, fragte er leise.

      Eine Geste reichte und der Albaner auf der Galerie sicherte das Maschinengewehr, blieb aber weiter in Deckung liegen.

      „War nicht die Rede von einem waffenlosen Gespräch?“, entgegnete Secovic.

      „Mein Mann da oben? Der bleibt in Habacht-Stellung. Wer weiß, wer uns heute noch alles besucht.“

      *

      Bonn

      Als Klauk und Meinhold zurück ins Präsidium kamen, war dort dicke Luft. Wendt und Rosin saßen an ihren Plätzen und brüteten jeweils über immens großen Aktenbergen. Rosin hob kurz den Kopf zu einem Gruß und versenkte sich sofort wieder in die Arbeit.

      „Was habt ihr denn vor?“, fragte Klauk verwundert.

      „Arbeiten, was sonst?“, antwortete Rosin ohne aufzuschauen.

      „Ich meine, was sind das für Akten? Ich denke, ihr kümmert euch um Ron Baum. Stattdessen sitzt ihr hier und seht einfach nur … unglücklich aus.“

      „Wir haben die Akten aus dem Archiv holen lassen, um alles noch einmal durchzugehen. Die Geschichte mit dem Selbstmord von Baums Frau, dann die Protokolle der Vernehmungen und dies und das … wir müssen alles noch einmal durchgehen, das sagt jedenfalls Wendt, und … Retzar wohl auch“, sagte Rosin genervt und kaute auf dem Ende ihres Bleistifts.

      „Wir dachten, ihr kümmert euch eher um die Ausweitung der Fahndung. Wie steht es denn damit?“, fragte Meinhold verdutzt und blickte zu Wendt herüber. Doch der sah nicht einmal, dass die Kollegen mittlerweile im Besprechungsraum aufgetaucht waren.

      „Alles ist angelaufen, hier, bundesweit und auch im Ausland, Interpol weiß Bescheid. Mehr können wir momentan nicht tun. Die Besatzungen aller Streifenwagen im Rhein-Sieg-Kreis haben das Bild Baums auf dem Schirm. Und das bildlich gesprochen, Retzar hat sein Konterfei tausendmal ausdrucken lassen und lässt es überall verteilen. Ich sitze hier über den Unterlagen über die Aussagen während des Prozesses, Wendt kümmert sich um die Aussagen der Freunde und Bekannte Baums. Mehr können wir momentan nicht tun. Außer zu hoffen, dass der Kerl nichts Blödes anstellt und Menschen in Gefahr bringt.“

      „Und was ist mit einem Profil?“, fragte Meinhold.

      „Davon hat keiner etwas erwähnt“, sagte Rosin und hob entschuldigend die Arme.

      Meinhold konnte nicht umhin, ihre Verwunderung darüber zum Ausdruck zu bringen, doch sie sagte nichts. Rosin bemerkte sofort die Enttäuschung ihrer Kollegin. Überlegte kurz, ob sie noch etwas sagen sollte, doch dann klopfte sie mit dem Bleistift rhythmisch auf die Tischplatte. „Und was ist mit dem Mord an Mladic? Habt ihr etwas ermitteln können? Mensch, was für eine blöde Situation. Anstatt das wir uns gemeinsam um diese Sache kümmern können, müssen wir uns aufteilen und unsere Kräfte vergeuden.“

      „Wenn ihr wollt, können wir gemeinsam mit euch durchgehen, was wir bis jetzt zusammengetragen haben“, sagte Klauk und schob die Glaswand aus der Ecke in die Mitte vor die Glasscheibe zu Hells Büro. Jetzt erst wurde Wendt auf die Kollegen aufmerksam, erhob sich und kam gähnend an die Tür.

      „Na, was hab ihr? Schon den Mörder überführt?“, fragte er und rieb sich die müden Augen.

      „Ja, er sitzt schon in der Verhörzelle. Wenn du mitkommen magst …“, antwortete Klauk schlagfertig und pappte das Foto des Toten auf die Glaswand. „Rosin kommt auch mit.“

      Wendt brauchte ein, zwei Sekunden, bis er verstand. „Guter Konter, Sebi!“

      Die beiden Frauen ließen ein leises Lachen hören.

      „Also“, forderte Wendt die Kollegen auf und trat an die Glaswand.

      „Der Tote heißt Janko Mladic, ist eine heiße Nummer bei den Kroaten und lag in dem Kofferraum seines ebenfalls heißen Ford Mustang mit einem hässlichen Loch in der Stirn. Doktor Beisiegel lässt sich noch nicht in die Karten schauen, sie vermutet die Todeszeit am gestrigen Abend. Wir haben die Bewohner des Annaberger Hofes befragt, Fehlanzeige. Keiner hat etwas gesehen. Wir haben einen Zeugen mit einem Dalmatiner ermittelt, der dort jeden Tag spazieren geht. Auch diesem Mann ist kein Ford Mustang aufgefallen. Er war wie jeden Tag so gegen 18 Uhr dort. Also kam der Tote … ähm … ich meine, der Kroate, erst später dort an, oder der Wagen wurde dort vom Mörder abgestellt.“

      „Und was sagt Vandenbrink?“

      „Er hält es für möglich, dass es wegen des Mordes zu einem Bandenkrieg kommt. Er kann allerdings auch nicht ausschließen, dass jemand die beiden verfeindeten Gruppen, also die Kroaten und die Albaner, aufeinanderhetzen möchte. Er denkt da an die Outlaw Motorcycle Gangs. Aber Beweise hat er natürlich auch keine, wie auch so schnell.“

      „Rockerbanden? Hier in Bonn? Die haben doch noch keine Territorien erobert? Oder lebe ich bei dem Thema hinter dem Mond?“, fragte Wendt überrascht.

      „Nein, das stimmt. Aber die Jungs sind in ganz NRW auf dem aufsteigenden Ast, das sagt jedenfalls Vandenbrink. In Düsseldorf, Duisburg, Köln und Essen sind sie schon gut aufgestellt und haben sich schon beachtliche Marktanteile gesichert“, antwortete Klauk und zuckte kurz mit den Schultern.

      „Wann bekommen wir die Ergebnisse von der Rechtsmedizin?“, fragte Wendt. Klauk wiederholte sein Schulterzucken. „Sie wollte sich nicht hetzen lassen.“

      Wendt hob schnell die Augenbrauen und schob die Lippen zu einer Schnute zusammen. „Wie immer“, sagte Wendt und versuchte sich an einem Lächeln. „Was sagt die KTU über die Waffe?“

      „Ebenfalls noch nicht viel, ein Schuss aus nächster Nähe in die Stirn“, antwortete diesmal Meinhold, damit Klauk aus dem Verhör seines Kollegen herauskam. Dann lenkte sie ihre Ausführungen in eine andere Richtung.

      „Wir haben bereits die Familie des Toten aufgesucht, seine Schwester

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