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überlebt sie es nicht, dachte Jasna Mladic.

      „Jasna“, sagte die Mutter nach langer Zeit. Ihre Augen waren noch geschlossen, doch um ihre Lippen spielte ein zufriedener Zug.

      „Ja, Mama.“

      „Ich bin so froh, dass ihr beiden nichts mit den Drogen zu tun habt … du und Neven.“

      Sie seufzte laut.

      „Ich weiß, Mama“, antwortete Jasna Mladic, „ich bin auch froh, dass es so ist, wie es ist …“

      Weiter konnte sie nicht sprechen, ohne in Tränen auszubrechen. Das musste sie verhindern. Sie kannte das phänomenale Vermögen ihrer Mutter, Dinge aufzuspüren, die im Verborgenen gehalten werden sollten. Das hatte die Geschwister schon im Kindesalter zur Verzweiflung gebracht. Immer kam sie hinter die gut gehüteten Geheimnisse. Und sie beherrschte es auch heute noch. Diesmal durfte sie es nicht schaffen, durfte nicht die wahren Gedanken ihrer Tochter erahnen.

      Die Hand ihrer Mutter lag noch immer in ihrer. So sehr sie auch nachdachte, ihr wollte nicht einfallen, wie sie ihr die Todesnachricht hätte überbringen können. Sie wusste nicht, wie die alte Frau von ihrem Sohn hätte Abschied nehmen können. So alt und krank wie sie war, konnte sie das Bett nicht verlassen. So geschwächt, wie sie war, hätte sie an einer Trauerfeier nicht mehr teilnehmen können. Das hätte ihr die Seele geraubt.

      Jasna traf eine Entscheidung. Ihre Mutter durfte von Jankos Tod nichts erfahren. Sie mussten ihr etwas vorspielen. Eine Lüge leben. Die Frau, vor der man keine Geheimnisse haben konnte, mussten sie hinters Licht führen. Einen größeren Liebesbeweis konnten sie ihr nicht geben.

      Jasna Mladic seufzte leise und betrachtete im fahlen Licht des abgedunkelten Zimmers die Züge ihrer Mutter. Über ihrem Gesicht lag Frieden. Die Hand der Mutter war wieder erschlafft, lag weiter in ihrer Hand. Langsam ließ die Tochter sie auf die Bettdecke gleiten.

      Schlaf Mama, das ist das Beste für uns.

      *

      Bad Godesberg

      Amar Kadiu hatte Sinan Shkodra zu einem Gespräch in sein Haus bestellt, nachdem er von dem Tod des Kroaten erfahren hatte. Kadiu stand am Kamin und betrachtete scheinbar angestrengt das Foto seines Großvaters, das dort stand. Shkodra hatte es sich auf einem Ledersofa gemütlich gemacht. In der Luft hing noch der Geruch von verbranntem Holz. Shkodra nahm es nicht wahr, er hatte ganz andere Sorgen. Trug er doch ein Geheimnis mit sich herum. Ein sehr Explosives.

      „So sollte das auf keinen Fall laufen! Niemals!“, sagte Amar Kadiu und beobachtete Sinan Shkodra argwöhnisch.

      „Nein Boss, das ist wirklich sehr tragisch mit dem Kroaten.“

      „Tragisch? Du nennst das tragisch? Es ist eine Katastrophe. Wenn die Gang von Stipe Secovic eins und eins addiert, dann kommen sie sofort auf uns.“

      „Aber wir haben doch nichts mit dem Tod von Janko Mladic zu tun. Da bin ich mir sicher“, antwortete Shkodra angespannt.

      „Bist du dir wirklich sicher?“, versetzte Kadiu. „Und wo warst du zum Beispiel?“

      Shkodra wurde heiß und kalt. Eine Gänsehaut lief ihm über den Rücken. Kadiu durfte nicht erfahren, dass er sich exakt dort aufgehalten hatte, wo Janko Mladics Leiche gefunden worden war. Jetzt keinen Fehler machen, dachte er und antwortete: „Ich habe einen Probeflug mit der Drohne gemacht, Chef. Wüsste ich sonst, wie gut das funktioniert?“

      Shkodra sah seinem Boss in die Augen. Kadiu schien diese Erklärung zu genügen. Trotzdem beharrte er auf seinem Misstrauen.

      „Das mag ja sein, aber weißt du, wo die anderen Jungs die letzten Stunden verbracht haben? Hmh? Bist du dir sicher?“

      „Das können wir herausfinden, in dem wir jeden befragen. Ganz einfach“, antwortete er schulterzuckend. Die Härchen auf seinen Armen legten sich wieder.

      Kadiu zögerte. „Dann machen wir das sofort. Trommel alle zusammen. Wenn die Kroaten kommen, dann können wir ihnen sagen, dass wir mit den Mord an ihrem Mann nichts zu tun haben.“

      „Denkst du, die kommen hier vorbei? Trauen die sich das?“

      Kadiu zuckte mit den Schultern. „Wenn einer von uns erschossen würde, was würdest du tun?“

      „Ich würde bei den Albanern aufschlagen“, antwortete Shkodra und verzog den Mund.

      „Also, müssen wir auf deren Besuch vorbereitet sein.“

      Jemand klopfte leise an der Tür, und Lui Uka steckte seinen Kopf ins Zimmer.

      „Darf ich stören?“

      Die beiden Männer starrten den Mann ungläubig an. „Da ist ein Paket für Sinan angekommen. Ich weiß nicht, was es ist. Ein Riesending von einem Paket“, sagte der Mann entschuldigend und öffnete die Tür weiter. Shkodra schlug begeistert die Hände zusammen.

      „Bring es rein“, befahl Shkodra sofort und an Kadiu gewandt, erklärte er: „Das wird die Drohne sein. Ich habe dir doch erklärt, dass ich ein paar Tests mit der kleinen Drohne gemacht habe. Diese, die jetzt angekommen ist, ist größer und leistungsstärker. Das wird die Revolution, Amar, ich garantiere es dir!“ Die Begeisterung stand ihm ins Gesicht geschrieben.

      Der albanische Drogenboss starrte Shkodra fassungslos an.

      „Das ist jetzt nicht dein Ernst, die Kroaten werden gleich hier aufschlagen und du willst mit Drohnen spielen? Hast du sie noch alle?“

      Uka zog es vor, zu verschwinden. Die Luft war ihm zu plötzlich zu dick.

      „Ich will nicht mit Drohnen spielen. Ich habe die erste Drohne gekauft, die unsere Geschäfte absichern wird. Keine Junkies mehr, die mit den Lieferungen abgefangen werden. Das Teil fliegt ferngesteuert und kehrt automatisch wieder an den Startpunkt zurück. Ich gebe ja zu, dass wir uns erst um die Kroaten kümmern müssen, aber ich dachte, du seist auf meiner Seite“, sagte er enttäuscht.

      „Das müssen wir alles erst testen. Wer weiß, ob das Teil nicht unterwegs runterfällt, Sinan, das ist mir alles zu unsicher.“

      „Boss, das fällt nicht runter!“

      „Schluss jetzt, erst kümmern wir uns um die Leute. Trommel alle zusammen, damit wir sie befragen können.“

      Shkodra seufzte und begab sich außer Hörweite seines Bosses. „Alles klar. Wie du denkst“, sagte er laut und fluchte dann leise vor sich hin. Er öffnete die Tür und schrie Lui Uka an: „Ruf alle Leute an, sie sollen sich gefälligst in einer Stunde hier einfinden und tritt ihnen in den Arsch. Ich will keine Ausflüchte hören, verstanden?“

      „Alles klar, dann will ich mal sehen, was ich tun kann“, sagte Lui Uka.

      *

      Bonn

      Nachdem sie zusammen mit dem Herrchen des Dalmatiners Jerry den Shelby Mustang begutachtet hatten – der Mann konnte ihnen glaubhaft versichern, dass er ein solches Fahrzeug hier noch nie gesehen hatte – gingen Meinhold und Klauk wieder zum Annaberger Hof hinüber.

      „Was man nicht alles von einem Mann mit einem Hund erfahren kann“, sagte Klauk und kniff Meinhold ein Auge zu. Sie antwortete mit einem Augenaufschlag. Hätte nie gedacht, dass der Mann, den sie für einen Künstlertyp gehalten hatte, sich als ein fanatischer Autonarr entpuppt hatte.

      „Das neue Herzstück des neuen Ford Mustang Shelby GT 350 ist das völlig neu konzipierte V8-Triebwerk: Der Achtender leistet aus einem Hubraum von 5,2 Litern eine Leistung von 500 PS sowie ein maximales Drehmoment von 540 Newtonmeter“, wiederholte er die Worte des Mannes. „Wow! 540 Newtonmeter. Das Teil ist eine Rakete.“

      „Ach ja, ich habe es eben gehört. Männer und ihre Spielzeuge. Autos sind doch nur Fortbewegungsmittel!“

      Klauk wedelte mit seinem Finger vor ihrem Gesicht herum. „Aber je nachdem, wie sie aussehen und was sie leisten, sind sie entweder total normal oder total genial!“

      „Ist

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