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um, trat ins Büro zurück.

      „Wissen Sie, Frau Polizeipräsidentin, diese Stadt ist schon immer etwas Besonderes gewesen. Etwas ganz Besonderes. Wer nicht hier geboren ist, der versteht diese Stadt nicht. Er versteht nicht, wie sie tickt. Er kennt ihre Menschen nicht, weiß nicht um ihre Ängste und Nöte.“

      „Was hat das mit Kommissar Hell zu tun?“

      „Viel, Frau Polizeipräsidentin. Er ist hier geboren, er ist hier Polizist geworden, er ist hier zum besten Kriminalkommissar in beiden Bonner Polizeiinspektionen geworden. Er wurde entführt, wurde fast zu Tode geprügelt, er hat sein daraus resultierendes Burn-out-Syndrom erfolgreich bekämpft, kam zurück in den Polizeidienst. War wieder völlig hergestellt, bis er von einem Irren auf offener Straße angegriffen wurde. Er und seine Partnerin haben diesen Angriff nur durch die Geistesgegenwart von Kommissar Hell überlebt. Seine Partnerin, Dr. Franziska Leck, die ihn wie kein anderer auf der Welt kennt, hat ihn dazu überredet, eine Auszeit zu nehmen. Und ja, ich unterstütze ihn bei seiner Gesundung, weil ich meinen besten Kriminalermittler wieder zurück an seine Wirkungsstätte holen möchte. Wiederhergestellt. Wieder im Dienst für diese Stadt, die ihm so viel Leid angetan hat, die er aber so sehr liebt, dass ihm das alles egal ist.“

      „Hinter Ihren Worten könnte fast Liebe stecken, Frau Oberstaatsanwältin Hansen. Ich hoffe, dass es nicht so ist.“

      Dieses Mal lächelte Hansen. „Nein, das Gefühl, das ich versuche, Ihnen zu beschreiben, ist Ehrfurcht und Dankbarkeit. Dankbarkeit für einen Mann, der mit aller Energie seinen Job macht und allen Grund hätte, dieser Stadt den Rücken zuzukehren.“

      „Was er ja auch seit Monaten tut …“, sagte Keller-Schmitz, doch Hansen unterbrach sie.

      „Er wird zurückkommen. Da bin ich mir sicher. Ich kann Ihnen auch genau sagen, warum. Heute Morgen ist der Irre, wegen dem er seine Auszeit genommen hat, aus der psychiatrischen Klinik in Weißenthurm geflohen und ist auf der Flucht. Er hat während des Prozesses üble Drohungen gegen Hell und die Staatsanwaltschaft ausgestoßen.“

      „Ich bin darüber informiert“, erklärte Keller-Schmitz pikiert.

      „Über die Flucht?“

      „Nein, über diese Drohungen. Ich hoffe, Sie haben die geeigneten Schritte in die Wege geleitet?“

      „Aber sicher, Frau Polizeipräsidentin.“

      Obwohl Keller-Schmitz keinen Grund sah, ihr zu widersprechen, fragte sie dennoch skeptisch: „Ist dieser Kommissar informiert? Und was sagt er?“

      „Ich habe vor einer Stunde mit ihm telefoniert. Er leitet umgehend seine Rückkehr nach Deutschland in die Wege.“ Mit diesen Worten log Hansen. Sie wusste nicht, was Hell vorhatte.

      „Das erscheint mir alles sehr simpel“, entgegnete Keller-Schmitz.

      „Polizeiarbeit ist oft sehr simpel.“

      „Ich werde mit diesem Kommissar Hell persönlich sprechen, wenn er zurück im Dienst ist. Wenn Sie das arrangieren würden?“

      Hansen nickte und erhob sich von ihrem Stuhl. Ein Zeichen, dass für sie diese Unterredung beendet war.

      Bettina Keller-Schmitz erhob sich ebenfalls und ließ elegant ihren Rock nach unten gleiten. Kam auf Hansen zu und streckte ihr die Hand entgegen. „Auf gute Zusammenarbeit, Frau Oberstaatsanwältin, Hansen.“

      „Ja, das wünsche ich uns beiden auch von ganzem Herzen, Frau Polizeipräsidentin.“

      Die neue Vorgesetzte verließ das Büro mit schwungvollen Schritten und als die schwere Holztür hinter ihr ins Schloss fiel, atmete Hansen erleichtert auf.

      „Ich hätte eher ‚auf teuflische Zusammenarbeit‘ sagen sollen“, murmelte sie vor sich hin und ließ sich ernüchtert in ihren Sessel fallen. Sie sah aus dem Fenster und überlegte, was Hell wohl tun würde.

      *

      Bad Godesberg

      „Du hattest übrigens Recht, der Typ ist sehr von sich eingenommen“, sagte Meinhold auf dem Weg zu den ersten Häusern des Hofes.

      Klauk nickte bestätigend. „Kannst mir vertrauen, Chrissie. Er ist ein guter Fahnder, aber menschlich hat der nix drauf. Auch seinen Kollegen gegenüber hängt er schon mal den Oberarsch raus.“

      Meinhold sprang geschickt über eines der heftigen Schlaglöcher. Sie blieb stehen und sah sich um. Auf den weitläufigen Weiden standen einige Pferde in Gruppen. Der Boden auf einer der Weiden war von den Hufen der Pferde aufgerissen. „Wunderschöne Gegend hier“, wechselte sie geschickt das Thema.

      Klauk nickte. „Sehr idyllisch hier oben. Sollte ich mir merken, um hier zu joggen. Die haben auch sehr viele Tiere hier, schade, dass wir die nicht als Zeugen befragen können“, antwortete Klauk.

      „Die nicht, aber vielleicht können wir den Herrn dort fragen“, sagte Meinhold und deutete auf einen Mann, der sich ihnen mit einem weißen Hund näherte.

      „Ein Dalmatiner. Ich liebe Dalmatiner“, rief Klauk begeistert.

      „Kannst ihn ja als Zeugen befragen!“

      Klauks Augenbrauen zuckten kurz als Antwort.

      Die beiden Beamten warteten auf den sportlich gekleideten Herrn, bis dieser sich mit seinem Hund genähert hatte.

      „Schönen guten Tag, Klauk von der Kripo Bonn, das ist meine Kollegin Meinhold“, sagte er und sie zückten ihre Dienstausweise. Neugierig näherte sich der Hund und schnüffelte mit gesenktem Kopf an Klauks Hand. „Na, wer bist du denn?“, fragte Klauk und ging in die Knie.

      „Guten Tag, was kann ich für Sie tun?“, fragte der Mann, der sich trotz der Wärme einen dünnen Schal um den Hals gelegt hatte. Meinhold hatte den Eindruck, einen Künstler oder Schriftsteller vor sich zu haben. Der Mann lächelte und sah seinem Hund zu, der sich sehr für Klauk interessierte.

      „Gehen Sie hier oft spazieren? Vielleicht auch gestern?“, fragte Meinhold und beobachtete ihren Kollegen, wie er den Hund zum Spielen animierte.

      „Ja, täglich. Der Jerry muss raus, bei Wind und Wetter.“

      „Ist Ihnen gestern hier etwas aufgefallen? Es geht vor allem um den Sportwagen, den Sie vielleicht dort hinten erkennen. War der gestern auch da, als Sie hier hergegangen sind?“, fragte sie und zeigte in Richtung der Baumreihen, wo der Ford Mustang stand. Der Mann fasste sich an seinen wild wuchernden Dreitagebart, rieb sich nachdenklich darüber.

      „Nein, dort stand nur ein Fahrzeug, aber es war kein Ford. Es war ein anderes Fabrikat, das stand aber weiter in diese Richtung“, erklärte er und zeigte auf den angrenzenden Wald. „Der gehörte sicher zu einem Mann, der dort auf dem Feld mit so einen Fluggerät gespielt hat.“

      Meinhold horchte auf. Klauk knuddelte weiter den Dalmatiner. Sie bewertete seine Unaufmerksamkeit mit einem leichten Kopfschütteln.

      „Fluggerät? Was für ein Fluggerät?“

      „So eine Drohne, kennen Sie doch sicher. Die Leute vom Pferdehof sehen das ja nicht gerne, wenn die Leute hier über die Zäune klettern und die Pferde mit ihren Fluggeräten verschrecken. Die Tiere bekommen dann immer Panik, wenn so ein Ding im Sturzflug über ihre Köpfe hinwegsaust!“

      „Kann ich verstehen. Haben Sie den Mann näher gesehen? Könnten Sie ihn beschreiben?“

      Der Mann schüttelte den Kopf. „Der war zu weit weg. Könnte jeder gewesen sein. Ich hatte erst gedacht, dass es vielleicht einer der Leute von Hof selbst ist, der sein Gelände mit einer Drohne von oben fotografiert. Aber die kenne ich vom Ansehen, auch auf Entfernung. Es war ein normaler Mann mit T-Shirt und Jeans“, sagte er kopfschüttelnd. „Tut mir leid. Aber um was geht es denn eigentlich?“

      „In dem Ford Mustang liegt ein Toter.“

      „Oh, mein Gott!“ Der Mann schluckte trocken. „Das ist ja der Megahorror!“

      „Haben Sie das Fahrzeug hier

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