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und gehe‹? (10) Damit ihr aber erkennt, daß der Sohn des Menschen die Vollmacht hat, Sünden zu vergeben auf der Erde« –

      sagt er dem Gelähmten: (11) »Dir sage ich, steh auf, nimm deine Bahre und geh in dein Haus!« (12) Und er stand auf und nahm sogleich die Bahre und ging vor allen weg, so daß alle außer sich gerieten und Gott priesen, indem sie sagten: »So etwas haben wir noch nie gesehen!«

       Redaktion und Tradition

      Das Stück enthält zwei erzählerische Spitzen, erstens das Wunder (V. 11–12), zweitens das Wort von der Vergebung der Sünden (V. 10). Letzteres wurde samt der dazugehörigen Szene (V. 6–9) in die Wundererzählung eingefügt. Das Stück V. 5b–10 ist nur im Zusammenhang der Geschichte von der Heilung des Gelähmten verständlich.

      V. 1-2: Mk knüpft mit der Ortsangabe in V. 1a an 1,21 an. (Vorher war Jesus »in ganz Galiläa« [1,39] aufgetreten.) Die Überleitung zur nun folgenden Wundererzählung geht auf Mk zurück, einschließlich des Endes von V. 2: »Er redete zu ihnen das Wort« (vgl. 4,33; 8,32). Doch dürfte Mk in V. 1-2 den ursprünglichen Beginn der Erzählung eingeschmolzen haben, da die Anwesenheit Jesu im Haus für das Wunder notwendig ist (vgl. V. 4).

      V. 3-5a: In V. 3 wird die ursprüngliche Überlieferung faßbar. V. 3f demonstrieren den Glauben der Träger des Gelähmten. Allerdings vertragen sich in V. 4 »abdecken« und »aufgraben« nicht. Wahrscheinlich hat Mk das Abdecken des Daches eingefügt, weil er an ein mit Ziegeln gedecktes Haus denkt, während das Aufgraben nur bei den palästinischen, aus Lehm gebauten Häusern möglich ist (vgl. weiter zu Lk 5,19).

      V. 5b-10a: Wie bereits eingangs bemerkt, stehen innerhalb der Perikope zwei Stücke nebeneinander: eine Wundergeschichte (V. 3-5a.10b-12) und ein Streitgespräch über das Recht des Menschensohnes zur Sündenvergebung (V. 5b-10a). a) V. 3-5a.10b-12: Der große äußere Schwierigkeiten überwindende Glaube der Träger des Gelähmten wirft einen noch größeren Glanz auf den Wundertäter, der diesen Glauben verdient. b) V. 5b-10a: Mit der Bildung dieses Stückes führte die Gemeinde ihr Recht, Sünden zu vergeben, auf Jesus zurück; vgl. Mt 16,19; 18,18 (Bultmann, 13).

      V. 10b-12 sind der organische Abschluß der Wundererzählung. Im Zusammenhang mit V. 5b-10a begründet das Wunder die Vollmacht zur Sündenvergebung.

       Historisches

      V. 3-5a.10b-12: Historisch ist die Heilung des Gelähmten nicht zu nennen. Die Erzählung gehört der Phase der urchristlichen Propaganda an, in der die Gestalt Jesu wie ein Magnet alle möglichen Mirakel an sich zog.

      V. 5b-10a: Obwohl die Gestaltung dieses Streitgesprächs sicher erst auf die urchristliche Gemeinde zurückgeht, dürfte der Anspruch Jesu, Sünden an der dafür vorgesehenen jüdischen Instanz vorbei vergeben zu können, historisch sein (vgl. auch Lk 7,36-50). Wer als Jude heilte, wußte auch über den allgemein vorausgesetzten Kausalzusammenhang zwischen Krankheit und Sünde Bescheid (vgl. Joh 5,14; 9,2f; 1Kor 11,30 usw.). Fähigkeit zur Heilung konnte daher direkt zum Anspruch, Sünden zu vergeben, führen, wenn eine zumindest latent antikultische Einstellung wie bei Jesus vorhanden war. Man beachte jedoch, daß Johannes der Täufer Sünden vergeben, aber offenbar keine »Wunder« getan hat.

      Mk 2,13-17: Die Berufung des Levi und das Zöllnergastmahl

      (13) Und er ging wiederum hinaus am Meer entlang. Und das ganze Volk kam zu ihm, und er lehrte sie. (14) Und als er entlangging, sah er Levi, den Sohn des Alphäus, am Zoll sitzen und sagt ihm: »Folge mir!« Und er stand auf und folgte ihm.

      (15) Und es geschieht, daß er in seinem Haus liegt, und viele Zöllner und Sünder lagen mit Jesus und seinen Jüngern. Denn es waren viele, und sie folgten ihm.

      (16) Und die Schriftgelehrten der Pharisäer, als sie sahen, daß er mit den Sündern und Zöllnern ißt, sagten seinen Jüngern: »Mit den Zöllnern und Sündern ißt er?«

      (17) Und als Jesus (das) hörte, sagt er ihnen: »Nicht bedürfen die Starken des Arztes, sondern die Kranken. Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder.«

       Redaktion

      V. 13: Dies ist ebenso wie 1,21; 1,39 eine mk Zustandsschilderung. Die Lehre Jesu ist wie 1,14f.21f seinen Taten vorgeordnet.

      V. 14: Der Vers bezieht sich auf 1,16-18 zurück und entspricht dieser Stelle z.T. wörtlich. Das zweimal wiederholte Wort »nachfolgen« stammt von Mk.

      V. 15-16: Die unvermittelte Nennung der Jünger in V. 15, die hier als eigene Größe bei Mk zum ersten Mal erscheinen, geht auf den Redaktor zurück. Er bereitet damit V. 16 und die Berufung der Zwölf (3,13-19) vor. Die Erwähnung der Schriftgelehrten der Pharisäer verknüpft die vorliegende Perikope mit dem nächsten Abschnitt (2,18-3,6), in dem entweder die Pharisäer allein (2,24) oder zusammen mit anderen Widersachern (2,18; 3,6) gegen Jesus auftreten.

      V. 17: Der Satz vom Arzt schärft im Kontext des MkEv der Leserschaft ein, daß Jesus in der Tat Kranke heilt (vgl. 1,23-2,12). Die Verbindung von Sünde und Krankheit war in der vorausgehenden Erzählung (2,1-12) Thema.

      Ertrag: Die Perikope verstärkt den Anspruch, der sich bereits in 2,5b-10 zeigte: Jesus ist derjenige, der Sünder ruft und ihnen die Sünden vergibt.

       Tradition

      Die Perikope enthält zwei Traditionsstücke: a) V. 14: Berufung des Zöllners Levi. b) V. 15-17: ein Streitgespräch mit dem V. 17c überlieferten Logion (»Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder«) als Ursprung. Dabei ist V. 17b (»Nicht bedürfen die Starken des Arztes, sondern die Kranken«) weisheitliche Verallgemeinerung von V. 17c. Die Szene V. 15f, die in sich traditionelles Kolorit hat (Jesus ißt mit Zöllnern und Sündern), wurde nachträglich hinzukomponiert. V. 16, die Frage an die Jünger, mit der Antwort Jesu darauf in V. 17 erweist die Tradition V. 15-17 als Gemeindebildung.

       Historisches

      V. 14: Die Jüngerschaft des Zöllners Levi ist historisch (doch gelten zur Art und Weise seiner Berufung die gleichen Vorbehalte wie zu Mk 1,16-20).

      V. 15-16: Ebenso sind gemeinsame Mahlzeiten Jesu mit Sündern und Zöllnern historisch. Jesus war offenbar oft zu Gast in Häusern, deren Besitzer kein rechtes Verhältnis zur Thora mehr hatten und deswegen nach rechtgläubigem Urteil als gottlos galten.

      V. 17b-c: Die Worte V. 17b und V. 17c passen gut in die Situation nach »Ostern« und sind deswegen ungeschichtlich.

      Mk 2,18-22: Vom Fasten

      (18) Und die Jünger des Johannes und die Pharisäer fasteten. Und sie kommen und sagen ihm: »Warum fasten die Jünger des Johannes und die Jünger der Pharisäer, deine Jünger aber fasten nicht?«

      (19) Und Jesus sagte ihnen: »Können etwa die Hochzeitsgäste, während der Bräutigam bei ihnen ist, fasten? Solange sie den Bräutigam bei sich haben, können sie nicht fasten. (20) Es werden aber Tage kommen, wenn von ihnen der Bräutigam weggenommen wird, und dann werden sie an jenem Tage fasten.

      (21) Niemand näht einen Lappen aus neuem Tuch auf ein altes Kleid. Sonst reißt das Füllstück ab, das neue vom alten, und es gibt (nur) einen schlimmeren Riß. (22) Und niemand gießt neuen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche, und der Wein verdirbt und die Schläuche. Sondern neuen Wein in neue Schläuche!«

       Redaktion und Tradition

      V. 18a: »Jünger« knüpft an denselben Ausdruck in V. 15f an, »Pharisäer« an dasselbe Wort in V. 16.

      V. 18b-20: Mk gibt, abgesehen von dem Zusatz »und die Jünger der Pharisäer«, eine Überlieferung wortgetreu wieder, welche die Zeit Jesu und die Zeit nach seinem Tod unterscheidet. V. 18b*-19a: Die Urtradition, die mit ihrem argumentativen Charakter den Ursprung in einer Debatte zeigt (Bultmann, 17), bestand aus V. 18b*-19a. V. 19b

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