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Ihren häuslichen Frieden nicht zu sehr gestört.“

      „Gestört? Wie kommen Sie denn darauf? - Und Sie haben auch unsere Eva Ende Oktober nach Hause gebracht, als sie so verzweifelt war?“

      Harald nickte noch einmal.

      „Dann sind wir Ihnen zu großem Dank verpflichtet. Wie können wir das nur wieder gut machen?“

      „Ich habe es gern getan. Ich …“

      „Wie kommst du denn hier her?“, fragte plötzlich Michael, der Harald jetzt erst entdeckt hatte und zum Tisch kam. Dabei klopfte er ihm auf die Schulter.

      „Woher kennt ihr euch denn?“, fragte Wolfram.

      „Na von der Disko in Sonnenberg. Harald ist doch dort Saalaufsicht. Und vor einem Jahr hatten wir sogar mal einen gemeinsamen Gegner.“

      Nun riss Wolfram die Augen noch einmal auf. „Was denn, Sie sind der Harald vom Saal in Sonnenberg? Der Harald, der Michael und Martin damals trennte?“

      „Ja“, war Haralds ganze Antwort.

      „Die Welt ist doch so klein“, stellte Wolfram jetzt fest und schüttelte den Kopf.

      Michael nutzte diese Pause von Wolfram und fragte schnell: „Harald. Was machst du eigentlich hier?“

      „Ich wollte mal sehen, wo ihr immer hinfahrt, wenn ihr nach Norwegen fliegt.“

      „Und da bist du so einfach hinterher …? Nein!“ Michael sah ihn jetzt ungläubig an. „Du warst doch gar nicht in unserem Flugzeug.“

      „Nein. Ich bin schon am ersten Weihnachtsfeiertag hierher geflogen und mache hier zwei Wochen Urlaub.“

      „Ja aber …“ Da fiel Michael plötzlich auf, dass Eva ja die ganze Zeit Haralds Hand hielt. „Bist du wegen Eva hier?“, fragte er jetzt doch etwas misstrauisch.

      Harald schmunzelte leicht und nickte.

      „Nun verstehe ich überhaupt nichts mehr“, gestand Michael.

      Eva strahlte ihn an und erklärte: „Das ist HE, Harald Enger.“

      „Was denn? Du bist HE? Ich werd’ verrückt.“

      „Besser nicht. Ich brauche doch deinen Beistand im Saal, wenn wir wieder zu Hause sind“, antwortete Harald vorsichtig lächelnd.

      Nun mischte sich auch Maria in das Gespräch. „Michael. Lass ihn bitte mal in Ruhe.“ Dann wandte sie sich Harald zu. „Ich möchte Sie auch etwas fragen, Harald. Ich darf Sie doch so nennen?“

      „Ja, natürlich.“

      „Sie wissen sicher von André und was er mit Eva gemacht hat?“

      „Ja, Frau Kosch.“

      „Und Sie wissen auch, warum er sie verlassen hat?“

      Harald nickte wortlos.

      „Haben Sie Eva hier im Saal gefunden?“

      „Ja und nein. Als ich mit ihr tanzen wollte, hat sie abgelehnt ohne mich anzusehen. Da habe ich sie nur noch von weitem beobachtet. Doch als sie dann das Hotel verlassen hatte …“

      „Was denn, Eva. Du warst draußen?“

      Eva nickte. „Ich war so richtig verzweifelt und bin zu eurer Brücke gegangen. Dort habe ich, wie du früher, mit ihr gesprochen und sie gefragt, ob sie mir helfen kann. Und sie hat mir geholfen! Das ist keine normale Brücke! Ich komme mir wie im Märchen vor.“

      Marias Augen wurden immer größer, als sie den Bericht ihrer Tochter zuhörte. Fassungslos sah sie Harald an und ihr rutschte heraus: „Sie sind der Regenbogen!“

      Nun sah auch Wolfram ganz konzentriert zu Harald. „Sie haben Eva auf der Brücke getroffen?“

      „Ja.“

      „Bitte verstehen Sie mich jetzt nicht falsch. Aber es ist mir ganz wichtig. In welchem Zustand haben Sie Eva getroffen?“

      „Sie war sehr verzweifelt. Fast so, wie am 29. Oktober.“

      Halb geistesabwesend sagte Wolfram vor sich hin: „Es wiederholt sich alles! Der Regenbogen, die Brücke, die Situation und …“ Er hielt inne. So weit wollte er noch nicht gehen. Zu Harald gewandt sagte er: „Ich habe Ihre Musik gehört und Ihre Gedichte gelesen. Beides passt gar nicht zu Ihrem Alter. Sie sind doch noch keine fünfundzwanzig.“

      „Nein. Aber ich bin nur mit meiner Mutter großgeworden. Sie liebte diese Musik und durch sie habe ich auch viele Gedichte kennen gelernt. Leider ist sie vor drei Jahren gestorben. Ich höre heute noch ihre Musik und lese oft die Gedichte, die sie geliebt hatte. So erinnere ich mich an sie und stelle mir vor, dass sie noch da wäre.“ Harald standen Tränen in den Augen, als er von seiner Mutter sprach.

      Um ihn abzulenken fragte Wolfram, was ihm schon die ganze Zeit auf dem Herzen brannte. „War das Denken ihrer Mutter in irgendeiner Form das, was man unter spirituell oder esoterisch versteht?“

      „Ja. Wie kommen Sie darauf?“

      Wolfram nickte leicht. „Das dachte ich mir und das erklärt natürlich vieles. Sie kennen die Göttliche Nummerologie?“

      „Ja. Sie etwa auch?“

      Wolfram lächelte. „Würde ich sonst danach fragen?“ Nun schüttelte er wieder den Kopf. „Darüber müssen wir uns mal in Ruhe unterhalten. Jetzt nicht. - Wo arbeiten Sie eigentlich?“

      „Vati!“, kam es jetzt gemeinsam aus den drei Schwestern. Julia stand inzwischen auch mit bei ihren Eltern und vor allem bei Michael.

      Harald antwortete: „Bei KOSCHs, wie fast alle. Sie doch auch. Oder nicht?“

      „Doch! Wir auch“, antwortete Wolfram nickend. „Sie kannten André Thieme?“

      „Ja. Er war mein Arbeitskollege und bis Ende Oktober auch mein Freund.“

      „Jetzt ist es nicht mehr Ihr Freund?“

      „Nein. Das mit Eva war zu gemein. Außerdem wohnt er nicht mehr in Sonnenberg.“

      „Stimmt!“, bestätigte Wolfram.

      Maria fing nun noch einmal an: „Wie stehen Sie zu Eva?“

      Als Harald schon Luft holte, unterbrach ihn Eva und gab ihrer Mutter das Gedicht, was er ihr kurz vor Mitternacht auf der Brücke gegeben hatte. Maria las und ihre Augen wurden feucht. Sie sah Harald an und umarmte ihn wortlos. Danach fragte sie: „Das ist wirklich von Ihnen?“

      Harald nickte. Maria gab Wolfram das Gedicht und Harald die Hand. „Bitte sagen Sie nie wieder Sie zu mir. Ich heiße Maria.“ Laura, Martin, Julia und Michael rissen die Augen auf. Jetzt hätten sie zu gern gewusst, was auf dem Papier stand, welches Wolfram in der Hand hielt. Er las es zweimal und gab anschließend Harald ebenfalls die Hand. „Ich heiße Wolfram. Mach Eva glücklich!“ Dann umarmte er ihn auch.

      „Dürfen wir das auch mal lesen?“, fragte Laura, die inzwischen ganz neugierig geworden war.

      Wolfram gab das Gedicht Eva zurück und sagte: „Es gehört Eva und nicht mir.“

      „Eva, dürfen wir?“, fragte Laura ungeduldig ihre Schwester. Wortlos gab Eva ihr das Gedicht. Alle vier Neugierigen lasen zur gleichen Zeit. Danach meinte Laura zu Harald: „Du bist ja ein richtiger Dichter.“

      „Mit Goethe kann ich es aber noch nicht aufnehmen“, antwortete er lächelnd.

      So war durch Haralds plötzliches Auftauchen eine völlig neue Situation entstanden. Evas depressive Phase war wie ausgelöscht. Sie strahlte. Wolfram kümmerte sich jetzt um eine Runde Sekt für die ganze Familie. Sie stießen auf Evas neue Zukunft mit Harald an. Auch wenn sie ihn erst seit einer knappen Stunde kannten, so saß er doch schon seit zwei Monaten immer unsichtbar mit am Tisch. Nur wussten sie damals nicht, wer er war. Aber zur Familie gehörte er schon.

      Harald war durch diese schnelle Eingliederung

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