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Trumps, der hundert Jahre später vorbeischaut, um Amerika wieder großartig zu machen.

      Das alles ist für die demokratische Öffentlichkeit vollkommen normal. Für die ist die entscheidende Frage, wie gelungen die Person an der Macht dieser Repräsentationspflicht nachkommt. Von dem Standpunkt aus findet sie an der Reise etwas ganz anderes bemerkenswert, nämlich schon wieder ein Haar in der Suppe. Trump erfüllt nämlich auch hier seine staatsmännische Pflicht ganz im Sinne seiner persönlichen Einzigartigkeit: Als Nr. 1 der Nr. 1, als leibhaftiges „America first!“, leistet er sich, ganz Kavalier der alten Schule, eine lobend-anzügliche Bemerkung über die beeindruckende Figur von Mme Macron. Das sorgt für eine kleine Aufregung, weil bei der Demonstration völkerverbindender militärischer Herrlichkeit heutzutage der demonstrative Respekt für die Würde der Frau nicht fehlen darf. Ansonsten wird vor allem das zur Kenntnis genommen: Trump hat eine schöne Zeit weg von daheim genossen, wo die ‚Russland-Affäre‘, der er in Paris mit seinem Staatsbesuch doch nur mal wieder zu entfliehen versucht, geduldig auf seine Heimkehr wartet.

      Es ist nämlich herausgekommen, dass Trumps Sohn und einige andere Vertreter der Trump-Wahlkampfmannschaft sich mit einer russischen Anwältin und einigen anderen getroffen haben, um ‚Kompromat‘ gegen Hillary Clinton, die damalige Gegnerin im Wahlkampf, zu sammeln. Die ‚Russland-Affäre‘ geht also weiter. Die amerikanische und europäische Öffentlichkeit gibt sich von dem Treffen geschockt und ist zugleich überhaupt nicht überrascht: Dass Trump mit den Russen illegal zusammengearbeitet hat, steht für sie ja längst fest; mit den neuen Informationen hat man zwar immer noch keinen ‚rauchenden Colt‘ gefunden, aber ‚die Einschläge kommen immer näher‘. Und das sorgt für einen spannenden Sommer, fast so spannend wie der Auftritt des von Trump gefeuerten FBI-Chefs vor dem Untersuchungsausschuss im Kongress einige Wochen zuvor. Die amerikanische Demokratie verarbeitet ihre internen Machtkämpfe mit beeindruckender Transparenz als Medienspektakel.

      Der Vorfall und die Aufregung darüber zeugen gleichermaßen davon, was im demokratischen Wahlkampf normal und geboten ist: Die Jagd nach ‚schmutziger Wäsche‘, um den Gegner moralisch bis zum Rufmord hin zu diskreditieren, ist – das versichern die vielen befragten ehemaligen professionellen Wahlkampfmitarbeiter – eine bewährte Methode, die Bürger darüber aufzuklären, in welchem Kästchen ihr Wahlkreuz am besten aufgehoben ist. Und allemal effektiver als die Widerlegung irgendwelcher ‚Argumente‘ der Gegenseite. Die Demokraten waren in der Hinsicht offenbar auch nicht faul, haben immerhin einige Agenten in die Ukraine geschickt, um zwielichtigen Geschäftsbeziehungen des Trump-Clans nachzugehen. Doch absolut tabu – das versichern die gleichen Mitarbeiter – ist dabei die Zusammenarbeit mit fremden Mächten; das gebietet der Patriotismus der demokratischen Schlammschlacht, in der es um die personelle Besetzung und nicht die Schädigung der Weltmacht gehen soll. Für Trump selbst gilt diese Unterscheidung allerdings nicht; er bringt in zweierlei Hinsicht etwas mehr Konsequenz, also Rücksichtslosigkeit in den demokratischen Wahlkampf: Erstens sind dort, wo es ums Gewinnen geht, sowieso alle Mittel geboten; gerade das ist ja sein Rezept für seinen Erfolg als Geschäftsmann gewesen – also für den Erfolg, mit dem er sich erfolgreich als geeigneter Kandidat fürs höchste Amt empfohlen hat. Zweitens sitzt aus seiner Sicht der Hauptgegner ohnehin nicht in Moskau, sondern im Sumpf des eigenen Establishments, dessen Verrat an Amerika schon längst feststeht.

      Der stets wachsende Verdacht einer konspirativen Zusammenarbeit zwischen Trump und Putin wurde von Anfang an durch die für die amerikanischen Medien befremdliche Bewunderung genährt, die Trump für das echte Mannsbild im Kreml schon während des Wahlkampfs und immer wieder zum Ausdruck gebracht hat. Und tatsächlich: Was die Sittlichkeit der präsidentiellen Machtausübung angeht, ist Putin für Trump stets ein vorbildlicher Charakter gewesen. Er schätzt die schiere Führungsstärke, die Putin ausstrahlt – zumal in einer feindlichen Umwelt. Er ist beeindruckt von der Entschiedenheit und vor allem von dem Erfolg, mit dem Putin sich als starker Führer nach innen und nach außen inszeniert und auch betätigt. Trump schließt sich auch nicht der Empörung der amerikanischen Presse über Putins Vorgehen gegen seine inneren und äußeren Gegner an, hält die vielmehr für eine bodenlose Heuchelei: „Denkt ihr wirklich, wir sind so unschuldig?“ Auch Putins Feindschaft gegen gewisse Auswüchse des ‚Liberalismus‘, seine mannhafte Verteidigung von Russland als einem Land, das nicht nur ökonomische und weltpolitische Interessen verfolgt, sondern nichts weniger als die „Zivilisation“ bewahren will, findet Trump höchst anständig. Nichts anderes bewegt ja die „wahren Patrioten“, mit denen Trump so gerne außerhalb des verlotterten Sumpfs in Washington Zeit verbringt. Dass Putin schließlich die Souveränität Russlands, die Wiederherstellung seiner weltpolitischen Stärke zum Dreh- und Angelpunkt seiner Politik macht, kann Trump nur billigen. Und zwar nicht deswegen, weil er ein ‚Russlandfreund‘ wäre und der Wiederauferstehung der russischen Weltmacht das Wort reden würde, sondern weil er genau das für Amerika will – nur in viel größerem Maßstab, versteht sich. Aus dem Grund ist es für Trump übrigens ein Rätsel, warum Russland den Kandidaten Trump hätte favorisieren sollen – ausgerechnet den Mann, der sich die Dominanz Amerikas über den Weltenergiemarkt und die Verstärkung seiner absoluten militärischen Überlegenheit in aller Welt vorgenommen hat! Ob die Verwunderung echt oder gespielt ist, tut nichts zur Sache; in jedem Fall zeugt sie von dem durch und durch patriotischen Fanatismus für die amerikanische Macht, der Trumps Wertschätzung für Putin zugrunde liegt.

      Genau das – die Freiheit der amerikanischen Macht, die Souveränität Washingtons gegenüber allen anderen Mächten – ist auch der Maßstab, an dem Trumps Kritiker sein ‚Verhältnis‘ zu Putin skandalisieren. Man befürchtet ein Einknicken vor dem Rivalen, wälzt die Sorge, ob Trump dem Machiavelli im Kreml auf den Leim gehen könnte und Amerikas Macht von ihm instrumentalisieren und seine strategischen Positionen schwächen lassen könnte. Und man verlängert diese Sorge in den Verdacht, Putin habe kompromittierende Informationen gegen Trump selbst, damit auch einen Erpressungshebel, mit dem er die Fähigkeit der Supermacht, rücksichtslos zu handeln, empfindlich einschränken könnte. Trump schießt wiederum mit dem gleichen Vorwurf zurück, dass es doch die Demokraten unter der Führerschaft des Clinton-Clans selbst waren, die so richtig mit den Russen zur Stärkung des Gegners und zur Schwächung Amerikas kollaboriert haben. Er dagegen wolle bloß, wie gesagt, die USA gegenüber der ganzen Welt stärken.

      Und dank der Fortschritte der nationalen Aufrüstung bekommt Trump gleich die Gelegenheit, genau das zu zelebrieren.

      Denn zum Abschluss der „Made in USA“-Woche Ende Juli darf Trump den größten Flugzeugträger der Welt einweihen:

      „Bei der Indienstnahme dieses atemberaubenden Schiffs gebührt unsere Hochachtung den Tausenden von Soldaten und Zivilisten, die es entworfen und gebaut haben. Sie haben ihre Liebe zum Vaterland in alle Schotten und Nieten dieses Schiffes gegossen... Ihr erlebt jetzt den Augenblick, in dem dieses unglaubliche Kunstwerk der Stolz der US-Navy und das Symbol der Macht und des Ansehens Amerikas wird... Amerikanischer Stahl und amerikanische Hände haben eine 100 000 Tonnen schwere Botschaft an die Welt gebaut: Amerikanische Stärke ist allen überlegen, und unter meiner Regierung werden wir täglich größer und besser und stärker. Das kann ich euch allen sagen: Wo auch immer dieses Schiff am Horizont auftauchen wird, werden unsere Alliierten in Ruhe schlafen können und unsere Feinde vor Furcht zittern, weil dann jeder weiß, dass Amerika jetzt kommt und Amerika kommt gewaltig. (Applaus)“ (21.7.17)

      Patriotismus ist für Trump keine bloße Sonntagsveranstaltung, und das gilt nicht nur für die Soldaten, die ihn beruflich und gegebenenfalls bis zur letzten Konsequenz praktizieren. Patriotismus wird täglich bei der Arbeit gelebt, in der täglichen Anstrengung, für sich und seine Familie zu sorgen. Das gilt erst recht für die Gebrauchswerte, die die Zerstörungskraft der Supermacht bilden. Zwar fehlen in diesem poetischen Bild einer äußerst innigen Einheit von ‚Hand‘ und ‚Stahl‘, von hard work und hard power die Rüstungsunternehmen, die an dieser Vergegenständlichung der Vaterlandsliebe bekanntlich gut verdienen, aber an die Einheit von deren Geschäft und den Gewaltpotenzen der Nation hat Trump auch gedacht: Zum Schluss seiner zeremoniellen Rede rühmt er sich für sein Vorhaben, rekordmäßige

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