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von ihm selbst geförderte Kandidaten Wahlsiege eingefahren – trotz des enormen Aufwands, den die oppositionellen Demokraten in diesen Wahlkämpfen betrieben haben, und trotz der Attacken, die sie täglich gegen Trump und seine Mannschaft richten:

      „Sie veranstalten eine Hexenjagd gegen uns, sie haben alles Mögliche gegen uns laufen, aber wir siegen, siegen, siegen.“ (Ebd.)

      Ein recht produktiver und schon wieder erzdemokratischer Zirkel: Erfolg bei der Einholung der Zustimmung des Volkes – bei solchen Kundgebungen und in echten Wahlen – berechtigt zu weiteren Erfolgen und zur Zustimmung zu den Maßnahmen, die es noch umzusetzen gilt. Das Regieren kann weitergehen, die Opfer stehen hinter ihm.

      In diesem Sinne fängt auch die nächste Woche gut an. Trump bekommt Recht, nicht nur von seinen Mitarbeitern und seinen Fans, sondern auch vom höchsten Gericht des Landes, in einem seiner zentralen Vorhaben: dem Kampf um schärfere Immigrationsgesetze. Die von Berufungsgerichten verordnete Aufhebung seines zeitweiligen Einreiseverbots für Menschen aus sechs mehrheitlich muslimischen Ländern wird rückgängig gemacht und das Gesetz in Kraft gesetzt, jedenfalls vorläufig und mit Einschränkungen: Wer eine ‚echte‘ – ‚bona fide‘ – Beziehung zu einem US-Bürger oder einer US-Institution nachweisen kann, darf nach wie vor einreisen; im Herbst wird dann endgültig über die Verfassungskonformität der Maßnahme befunden.

      Das ist ein besonders süßer Sieg für Trump, der sich mit seinem Dekret nicht nur allerlei Empörung aus der Bevölkerung und – deutlich gewichtiger – aus entscheidenden Abteilungen der nationalen Wirtschaft eingehandelt hatte, sondern auch den handfesten Widerspruch der Judikative. Die Zurückweisung hat Trump sich keine Sekunde lang gefallen lassen; er hat dem betreffenden – „sogenannten“ – Richter die berufliche Eignung abgesprochen und sich dann entgegen den Ratschlägen seiner Berater geweigert, bei seiner Werbung für die Maßnahme das Wort „Verbot“ nicht in den Mund zu nehmen und seine Angriffe auf die „political correctness“ der Kritiker einzustellen, damit sein Vorhaben nicht endgültig als Fall von religiöser Diskriminierung abgewiesen wird. Er solle stattdessen eine „vorläufige Einreisepause“ beschließen und sie rein mit Verweis auf Notwendigkeiten der nationalen Sicherheit verteidigen, so die Empfehlung. Derlei opportunistische Spitzfindigkeiten sind Trump allerdings zuwider; ihm geht es erkennbar ums Prinzip: Wenn die nationale Sicherheit schon über alles geht, was auch keiner seiner Kritiker leugnen mag, dann gilt dieses Heiligtum eben absolut; dann ist die flächendeckende Ausgrenzung als gefährlich eingestufter Ausländer keine Maßnahme, die es gegen andere Rechts- und sonstige Güter abzuwägen gilt, sondern der unverrückbare Orientierungspunkt für alle sonstigen Erwägungen. Dieses Prinzip darf sich nicht an der bestehenden Rechtslage, an den Bedürfnissen des anderen nationalen Heiligtums namens ‚die Wirtschaft‘ und schon gar nicht an demokratischen Befindlichkeiten in puncto Diskriminierung relativieren. Im Gegenteil: Die Notwendigkeiten der nationalen Sicherheit sollten die Rechtslage definieren, die die Richter schlicht durchzusetzen haben; sie bestimmen den festen Rahmen, innerhalb dessen die Wirtschaft ihren Bedarf nach Arbeitskräften überhaupt entwickelt; und sie bilden schließlich die verbindliche Leitplanke für die nationale Sittlichkeit – für die Art, wie ein Amerikaner Ausländer zu bewerten und ideell zu sortieren hat, für wen man sein Herz öffnet, wen man in seiner Heimat willkommen heißt, bei wem man in Sachen Religion liberal bleibt – und bei wem eben nicht.

      Das muss man Trump schon lassen: Mit seiner konsequenten Weigerung, auch nur ein Jota von seinem Vorhaben und seiner Werbung für dasselbe zurückzunehmen, sorgt er für Klarheit im Verhältnis zwischen der bürgerlichen Staatsgewalt und der Gesellschaft, über die sie herrscht. Die Unangefochtenheit der staatlichen Souveränität ist die Prämisse des nationalen Lebens; sie geht absolut vor, gilt vor den Regeln und der Sittlichkeit des Gemeinwesens, und muss gelegentlich auch gegen den nationalen ‚way of life‘ geltend gemacht werden. Die Gleichbehandlung aller Menschen als Konkurrenten um Geld, die sich nur daran scheiden sollen – daran allerdings umso gründlicher –, wie weit sie es in dieser Konkurrenz bringen, und die Freiheit aller Menschen, sich auf ihren Erfolg oder Misserfolg ihren privaten, öfters religiösen Reim zu machen, gelten nur so weit, wie die diese Konkurrenz ordnende Staatsgewalt ihre Souveränität unangefochten respektiert sieht; und darüber entscheidet noch allemal sie selbst, also ihr Chef, und der gemäß seinen Prioritäten. Damit handelt sich Trump den Vorwurf ein, gegen das ganze Wesen Amerikas zu verstoßen, das von hart arbeitenden Einwanderern aufgebaut wurde und das seinen einmaligen Erfolg ihrer harten Arbeit, ihrem Erfindungsreichtum und ihrem finanziellen Geschick verdankt; ihnen hat das Land seine Türe doch stets geöffnet und ihre privaten Fimmel stets erlaubt, und es erntet die Früchte bis heute. Dieser Beschönigung der äußerst produktiven amerikanischen Klassengesellschaft und ihres weltanschaulichen Liberalismus setzt Trump keinen Einspruch in dem Sinne, vielmehr eine ergänzende Klarstellung entgegen: Dieser Staat mag ein Land der Einwanderer regieren, aber er lässt sich in seiner Politik und in seinem Sicherheitsbedarf nicht von Leuten beeinflussen, die ihm zuströmen, sich auf seinem Gebiet niederlassen, reich werden wollen, irgendwie über die Runden kommen müssen, dabei ganze Kommunen bevölkern und ‚Communities‘ pflegen. Der Staat greift vielmehr ganz nach eigenem Kalkül auf die Leute zu, die er braucht und will, und schmeißt die andern raus.

      In diesem Sinne sorgt Trump einige Wochen später für zusätzliche Klarheit mit seinem Vorhaben, erstens auch die legale Immigration in die USA erheblich einzuschränken und zweitens zu einer ‚merit-based‘ Einwanderungspolitik zu wechseln, die auf bestimmte, höhere Qualifikationen Wert legt. Der Staat – dies der politische Gehalt von Trumps Klarstellung – lässt die Menschen zur schönen Welt der Gleichheit der Konkurrenz nach eigenem Bedarf zu; und damit beharrt er auf der Diskriminierung, die jeder demokratische Staat tagein, tagaus vollzieht: zwischen denen, die Inländer sind, und denen, die es nur werden wollen. Und es ist offenbar die leichteste Übung, auch diese Scheidung als Tribut an das Gebot der Mitmenschlichkeit zu rechtfertigen, dessen Missachtung Trumps Kritiker ihm vorwerfen: Ihnen hält Trump die Erinnerung an die Mitmenschen entgegen, die schon hier sind und für die die armen Immigranten aus dem Süden ernstzunehmende Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt seien. Für keinen der Beteiligten an diesem erbaulichen Wertediskurs spricht dieser Hinweis gegen die staatlich geregelte Konkurrenz selbst oder gegen die Arbeitsplätze, bei denen das Elend lateinamerikanischer ‚Wirtschaftsflüchtlinge‘ glatt als Wettbewerbsvorteil gilt, der die Einheimischen bedroht. Im Gegenteil: Das spricht vielmehr für die Einbildung, der Zwang zur Beteiligung an dieser Konkurrenz wäre ein kostbares Privileg, an dessen Verteilung die Menschenfreundlichkeit der Politik hängt.

      Trump ist da jedenfalls ganz entschieden: Die Menschen, an die er ‚first‘ denkt, sind die Amerikaner, denen er die Abhängigkeit von einem Arbeitsplatz im Dienste der Vermehrung echt amerikadienlichen Kapitals von ganzem Herzen gönnt und für deren ökonomische Existenz die anderen, die Konkurrenten von südlich der noch zu bauenden Mauer, eine Gefahr darstellen. Und in der Frage fährt Trump am gleichen Tag noch zwei Siege ein. Das Repräsentantenhaus billigt erstens härtere Strafen für kriminelle, illegal wieder eingereiste Immigranten und zweitens eine „Keine Zuflucht für Kriminelle“-Verordnung, die die Kommunen zu einem härteren Vorgehen gegen illegale Immigranten nötigen soll. Den Vorwurf, Trump habe sich damit endgültig als Rassist blamiert, der es auf Immigranten abgesehen hat, weiß Trump zu entkräften: Schon der Name für die Verschärfung des Umgangs mit straffällig gewordenen Ausländern – ‚Kate’s Law‘, nach dem Opfer eines solchen Ausländers benannt – beweist, dass es hier unmöglich um pauschale Verurteilungen gehen kann, sondern um einen pauschalen Dienst an echten Opfern von Verbrechen; und zwar von Missetaten, die sich – worin auch immer das einzelne Verbrechen jeweils besteht – vor allem dadurch auszeichnen, dass sie nicht von echten Amerikanern begangen werden. Sie sind insofern ein Beweis dafür, dass der Staat hier Angriffe aus der Fremde nicht abgewehrt hat, seine Souveränität also nicht intakt ist. Auf die Art organisiert Trump ein großes Quidproquo: Die Berufung auf die private Betroffenheit seiner Bürger für die Wiederherstellung seiner Souveränität erscheint als die Ertüchtigung der staatlichen Fähigkeit zur zukünftigen Abwehr ihrer Betroffenheit, als Dienst an unbescholtenen Bürgern, z.B. an der beautiful ‚Kate‘ und den vielen schönen amerikanischen Familien, für die die Präsenz von illegalen

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