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(ein kleineres Brecheisen, geliehen aus Opas Schuppen) öffneten wir sie und holten uns die bunten Hülsen raus. Sie mussten aus Übersee kommen, denn innen waren die Kisten mit Ölpapier ausgeschlagen.

      Man konnte unser Treiben auch vom Pförtnerhaus gut einsehen, dass wir und gelegentlich auch andere Kinder dort regelmäßig werkelten, aber interessiert hat das niemanden. Einer der Pförtner war auch unser Nachbar, ein ruhiger und netter Mensch.

      Mit den Tuten, die man wunderbar ineinanderstecken konnte, bauten wir uns Schwerter, Lanzen, (Zelt-)Stangen, Wanderstöcke und alles Mögliche an temporärem Spielzeug, bis es früher oder später im Küchenherd der Oma verfeuert wurde. Es gab ja regelmäßig Nachschub.

      Die Spinnerei lief im Dreischichtbetrieb, außer tagsüber am Sonntag, sonst fast rund um die Uhr. Fünfundneunzig Prozent dürfte die Frauenquote betragen haben, wie üblicherweise in der Textilindustrie. Einige Jahre lang wurden sogar Kubanerinnen beschäftigt, an deren Aussehen ich mich wieder erinnerte, als ich Jahrzehnte später in Kuba eine Zigarrenfabrik besuchte, wo kräftig gebaute Frauen die Zigarren auf ihren braunen, dicken, verschwitzten Schenkeln drehten.

      (Was natürlich völliger Quatsch ist: Sie hatten hölzerne Vorrichtungen auf dem Tisch stehen, in denen die Deckblätter fein säuberlich um den geschnittenen Tabak gerollt wurden – hygienisch also einwandfrei …)

      „Unsere“ Kubanerinnen hatten aufgrund der Körperfülle natürlich auch ein entsprechend ausgeprägtes Organ. Besonders vor oder nach der Nachtschicht, wenn dann zwei oder drei die Straße an unserem Haus vorbeiliefen, dachte man, ein ganzer Bus voll sei angekommen.

      Mit der karibischen Mentalität in der eher verschlafenen, konservativen Oberlausitz musste man sich also zwangsläufig noch anfreunden, was bei einigen Älteren nicht immer so problemlos ging. Und diese Frauen waren ja wirklich noch harmlos.

      Die Härte waren die Praktikanten aus Mosambik, die den Kubanerinnen, ein paar Jahre nach den Angolanern, folgten. Alle nannten sie nur Mosis, mal ganz ohne ausländerfeindliche Hintergedanken. Alles junge Männer, die natürlich gern auch mal nachts Party machen wollten oder richtig Action: Laute, wohl afrikanische Musik schallte aus dem Kassettenrekorder, der am offenen Fenster stand, denn sie wohnten zweckmäßigerweise gleich direkt im Fabrikgelände in den oberen Etagen über der Spinnerei. Und die stand unserem Haus nun mal sozusagen direkt gegenüber, besser gesagt schräg gegenüber dem Schlafzimmer meiner Eltern: Dort, wo mein in höchstem Maße hellhöriger Vater schlafen wollte und das nach Möglichkeit bei offenem Fenster.

      Denn, wie war es denn früher zu Ostzeiten? Die Kinder gingen brav nach dem Sandmann, die restliche Familie spätestens zweiundzwanzig Uhr ins Bett. Damit war also schon der Ärger vorprogrammiert, wenn kurz vor Mitternacht im Anschluss an die Spätschicht deren Party begann. Und jemand, der den ganzen Tag an laut klappernden Maschinen stand, hört noch schlechter. Also wurde die von vornherein schon etwas höhere Kommunikationslautstärke adäquat weiter erhöht. Tja.

      Manchmal reichte ein ernstes Wort oder ein Anruf beim Pförtner. Half alles nichts, wurde die „Volks“-Polizei gerufen, die dann tatsächlich auch hinzukam und für nächtliche Ruhe sorgte.

      Im Großen und Ganzen lebten wir in Harmonie miteinander. Na ja, auf den Volksfesten gab es schon mitunter ein paar Prügeleien. (Grund waren die einheimischen Frauen: Um die, um die es dabei ging, hätte ich mich allerdings wirklich nie geprügelt. Die Jungs aus Afrika hatten eigentlich nur ein präferiertes Ziel im Auge: blond. Der Rest an der Frau war ihnen höchstwahrscheinlich egal. Daher hätte man ja eigentlich froh sein können …) Aber na ja, ab und zu prügeln mussten sich auch die alteingesessenen Parteien unter sich gerne mal.

      Natürlich gab es gleichwohl dümmliche Sprüche gegen Dunkelhäutige, vor allem in den dörflichen Gegenden. Das kann man nicht wegreden. Dumme gibt es und gab es halt schon immer und überall. Es waren meiner Einschätzung und meiner Erinnerung nach jedoch eher Ausnahmen.

      Es gab ja auch einen Typen aus meiner Parallelklasse, Spitzname Spinne, der stand am helllichten Tag auf dem Markt, den rechten Arm gen Himmel gestreckt und rief: „Heil Hitler.“ Nun, er war geistig nicht ganz obenauf, das ahnte oder wusste man, ich glaube, wenn er gerufen hätte: „Honecker ist ein Wichser!“, hätte man ihn mitgenommen. So wurde er als Depp einfach ignoriert.

      Die Frauen im Spinnereibetrieb trugen im Sommer fast alle nur Kittelschürzen aus „DeDeRon“, weil es in der Fabrik höllisch heiß war. Man hörte, das hat so manchen der wenigen Männer in der Produktion so richtig wild gemacht. Es wurde wohl hemmungslos in der Nachtschicht „geknattert“. So weit die Sage.

      Hat uns natürlich brennend interessiert, so was, hmm. Denn irgendwann muss man ja mal damit anfangen dahinterzukommen, was denn daran so fesselnd sein könnte.

       SEX MIT SECHS

      Als pfiffige Jungs wollten wir das also detailliert wissen. Von Interesse waren dabei die Mädchen, die schon was „dran hatten“. Um es vorwegzunehmen, diese spektakuläre Aktion sollte sich bei mir tief und lange einprägen, im wahrsten Sinne des Wortes.

      Die Cousine meines Freundes, ein paar Jahre älter als wir, hatte also Besuch. Wohl eine weitere, noch etwas ältere Cousine aus seiner großen Verwandtschaft. Das war für uns beide reizvoll, da wir im Haus dort eh ein- und ausgingen. Denn es gab dort auch eine riesige Scheune, immer kleine Katzen und einen weißen Spitz, den wir öfters zum Gassigehen holten. Und wie erwähnt, an diesem speziellen Tag: reifere Mädchen.

      Wir fackelten nicht lange, wir wollten die Mädels nackt! Und holten uns, was wir wollten. Wohlgemerkt, wir waren etwa sechs Jahre alt, unser Interesse war aber bereits immens ausgeprägt – so wie bei den Erwachsenen?

      Als wir (nicht nackt) sie über kurz oder lang dann so weit hatten und sie (nackt) kichernd über die Betten jagten, hörten wir bereits die „Schritte des Grauens“ über die knarrende Holztreppe emporeilen. Das Unheil bahnte sich seinen Weg nach oben. Leider hatte das Haus auch keine weitere Fluchtmöglichkeit außer dieser einen Treppe.

      Und dann stand es plötzlich vor uns, das Unheil: in der Gestalt der Mutter meines Freundes. Klatsch klatsch!

      Nach diesen ersten spontanen, mehr oder weniger schmerzenden Ohrfeigen verließen wir die Stätte der Lust und verzogen uns geschwind in unser nahes Wäldchen. Dort überlegten wir, was wohl noch so alles als Strafe kommen könnte. Denn wir wussten, das war es noch nicht gewesen.

      Da wir beide direkt gegenüberwohnten, war es nur eine Frage der Zeit, wann meine Erziehungsberechtigte davon erfuhr. Ich ahnte also, was folgen würde.

      Irgendwann zu später Stunde mussten wir heim, mit einem riesigen Umweg näherten wir uns unseren Häusern. Dann, kaum hatte ich die Haustür geöffnet, sollte sich schon die zweite meiner Strafen einstellen: zerbrochener Kochlöffel auf dem Hintern. Es hat sich sozusagen was „eingeprägt“. So schnell konnte ich gar nicht gucken. Patsch, patsch, patsch … und meine Mutter hatte einen Holzlöffel weniger. Verschlissen. Glücklicherweise hatte ich an diesem Tag meine robuste Lederhose an, so eine wie die Bayern. Gab es auch zu unserer Zeit und war für uns Kinder äußerst praktisch, da extrem widerstandsfähig. Und in diesem speziellen Fall noch mit dämpfendem Charakter.

      Obendrein nach diesem Strafpaket erhielt ich als Zugabe noch ein paar Tage Stubenarrest. Meinen Freund traf es übrigens ähnlich.

      Ja, Stubenarrest war früher eine harte Strafe! Heutzutage würde man den Computerkindern damit wohl eher einen Gefallen tun. Es war furchtbar. Fernsehen? Vergiss es! Was wollte man auch gucken: DDR1 oder später einmal die Wahlmöglichkeit DDR2? Ein kurzes Kinderprogramm (außer dem täglichen Sandmann) gab es nur Samstag und Sonntag am Nachmittag. Ja, Samstag gab es nach dem Sandmann noch einen Trickfilm bis zur Aktuellen Kamera, der inhaltslosen Schwafelsendung in puncto Nachrichten. Und alleine spielen: wie langweilig. Gut, wenn mein Opa im Winter die Modelleisenbahn aufgebaut hatte. Aber wir hatten Sommer! Für mich war diese Strafe immer die strengste.

      Schaden macht klug? Vorübergehend sollte das wohl reichen. Bis zum nächsten sexuell angehauchten Abenteuer musste es also etwas länger dauern.

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