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Fjord.

      Jetzt standen die Björkendaler aufgeregt auf dem großen Steg und reckten gespannt die Hälse nach dem Schiff, das sich ihnen näherte.

      In einem wirren Geraune überboten sie sich gegenseitig in Mutmaßungen, wer da wohl käme.

      Es war fast Mittagszeit und die kleinen Wellen im Fjord glänzten im Sonnenlicht, wie poliertes Silber, so dass viele die Hände über die Augen hielten, um nicht geblendet zu werden.

      Das Schiff war inzwischen näher gekommen und auch der Letzte von ihnen erkannte nun, dass es keines der ihren Schiffe war. Ihr Handelsschiff, die Knorr, war viel größer und breiter. Sie müsste ja auch in den nächsten Tagen zurückkommen, aber das Schiff, das sich da näherte, war klein und schlank.

      Das Boot näherte sich mit hoher Geschwindigkeit der Anlegestelle zu. Die Besatzung schien es eilig zu haben, denn neben dem Segel, das das Boot vorwärts trieb, bewegten sich auch noch im schnellen Rhythmus die Ruder.

      Thurid stand ganz vorne auf dem Steg und hielt sich an einem Pfahl fest. Als sie gesehen hatte, dass das Boot nicht ihre Knorr war, mit dem Vater und Falki unterwegs waren, sank ihr Interesse doch ziemlich und sie hielt ihr Gesicht, mit geschlossenen Augen, der Sonne entgegen. Einen Moment lang genoss sie das leise Plätschern der kleinen Wellen, an den Pfählen des Stegs und die weithin tönenden Möwenschreie. Sie genoss es auch als sich sanft der Arm ihrer Mutter um ihre Schultern legte.

      „Bist du enttäuscht, Töchterchen?“

      „Ach Mama, ohne Falki ist doch alles ziemlich langweilig. Falki kann sich die Welt ansehen und ich muss Äpfel ernten.“

      Die Mutter drückte Thurid sanft und raunte ihr ins Ohr: „Ich bin mir ganz sicher, dass du noch genug von der großen Welt sehen wirst. Ich weiß ja nicht alles, aber wenn ich mich an Alviturs Worte erinnere, bin ich mir sicher, dass du noch sehr viel Neues sehen wirst.“

      Das Schiff war nun schon so nahe, dass sie es als eines aus dem Nachbarort Hjemma erkannten. Die einzelnen Leute der Besatzung waren schon zu erkennen und manch einer war ihnen auch vom Angesicht her bekannt. Den langen Mann am Ruder erkannten alle. Das war Mikjall aus Hjemma und allen war nun klar, dass sie gleich etwas Wichtiges erfahren würden. Ohne triftigen Grund würde keiner ein Boot von Hjemma nach Björkendal schicken.

      Das Gemurmel der Leute wurde leiser und verebbte für einen Moment völlig, denn nun konnten alle die gesamte Mannschaft des Bootes erkennen und auch sehen, dass ein Fremder im Bug des Bootes stand.

      Der Mann war nicht sehr groß, aber er hatte dafür breite Schultern und trug ein etwas merkwürdiges Gewand, einen langen graubraunen Wollmantel mit Kapuze und statt eines Gürtels hielt nur eine dicke Kordel die Kleidung zusammen.

      Als hätte jemand den Björkendalern den Mund zugeklebt, war mit einem mal Stille auf dem Anlegesteg. Alle schauten neugierig auf den Mann, den Niemand hier kannte. Nur noch das Quietschen der Ruder und das Rauschen der Bugwelle waren zu hören. Nach ein paar Ruderschlägen gurgelte das Wasser an den Rudern und zeigte das Bremsmanöver an.

      Die Ruder wurden hochgestellt und das Boot schob sich knirschend an den Balken des Stegs entlang, bis es mit einem Ruck stehen blieb.

      Die Björkendaler fanden schlagartig ihre Stimmen wieder und waren eifrig bemüht die Taue, die vom Boot geworfen wurden, aufzufangen und an den Pfählen festzubinden.

      Der lange Mikjall sprang als Erster auf den Steg und schaut sich suchend um. Hinter ihm stieg der Fremde aus dem Boot und blieb abwartend hinter Mikjall stehen.

      Genau in diesem Moment ertönt, vom Uferende des Stegs, Alviturs Stimme: „He, Leute, lasst mich mal durch. Ich muss doch unsere Gäste begrüßen!“

      Wie auf Verabredung bildet sich eine Gasse, durch die Alvitur mit gemessenen Schritten auf Mikjall zuschritt.

      Die hin und her fliegenden Grußworte verebbten augenblicklich und die alle warteten auf Alviturs Worte.

      „Mikjall, ich grüße dich. Sei uns willkommen, in unserem Björkendal. Was bringst du für Kunde? Wie ich sehe, hast du auch einen Gast aus der weiten Welt mitgebracht.“

      Ganz unförmlich ging Alvitur auf Mikjall zu und griff ihn bei den Schultern, drückte sie fest und schaute ihm fragend in die Augen.

      „Ich hoffe, dass du uns nur Gutes bringst und keine schlechten Nachrichten.“

      Der Bedeutung des Momentes bewusst, reckte sich Mikjall zu voller Größe auf und machte ein ernstes Gesicht.

      „Alvitur, ich grüße dich und bringe dir auch die Grüße von meinen Leuten aus Hjemma und euch grüße ich auch, Leute von Björkendal. Eure Bedenken sind grundlos. Ich bringe nur gute Nachrichten. Ja, Alvitur, du hast Recht, ich bringe euch einen Gast, einen Mann, der einen sehr weiten Weg zurückgelegt hat, nur um euch kennen zu lernen.“

      Alvitur hob seine Augenbrauen und fixierte den bescheiden wirkenden Mann, der hinter Mikjall stand, genauer.

      Erleichtertes Gemurmel kam von den Wartenden, die wie eine dichte Traube um die Ankömmlinge herum standen.

      Alvitur nickte mit einem freundlichen Lächeln, winkte Sölvi heran und gab auch Fifilla ein Zeichen. Er raunte Sölvi etwas ins Ohr und der drängelte sich sofort zurück, durch die Menge, zu Fifilla.

      „Sei uns willkommen Fremdling, sei unser Gast in Björkendal“, sprach Alvitur nun in einem etwas förmlicheren Ton. Er ging einen Schritt auf den Fremden zu und Mikjall trat zur Seite.

      Der Ankömmling schloss kurz seine Augen und verbeugte sich leicht vor Alvitur. Dann holte er tief Luft und schaute Alvitur mit einem offenen und freundlichen Blick ins Gesicht.

      „Ich grüße dich Alvitur und ich grüße euch, Leute von Björkendal. Ich bin Andreas, ein Mönch. In Haithabu machte ich die Bekanntschaft mit einem eurer Männer, mit Ernir dem Händler. Ich soll euch von ihm grüßen und sagen, dass er in eine paar Tagen auch hier sein wird.“

      Alvitur stellte sich neben den Mönch Andreas und machte eine einladende Geste, die ihn aufforderte mit ihm zu kommen. Dann sprach er zu der erwartungsvoll dreinblickenden Menge: „Leute, ich sehe es euren Gesichtern an, ihr seid genau so neugierig wie ich. Deshalb denke ich, dass es der Wichtigkeit des Ereignisses angemessen ist, wenn wir uns heute Abend im Langhaus treffen. Wir werden unserem Gast etwas von unserer Gastfreundschaft zeigen und dann auch noch genug Zeit haben, ihn zu fragen welches Schicksal ihn hierher zu uns geführt hat.“

      Thurid hatte alles verfolgt und plötzlich konnte sie vor Aufregung nicht mehr still stehen. Sie spürte ein heftiges Prickeln in ihrem Nacken und es drängte sie nach vorne. Sie wollte den Mann aus der Nähe sehen. Sie schob und drängelte, bis sie endlich vor ihm stand und er veranlasst war, stehen zu bleiben.

      Der Fremde, der mit dem Schiff gekommen war, sah völlig unauffällig und bescheiden aus mit seiner Kutte. Still, aber mit wachem Blick, stand er vor ihr.

      Aber Thurid wäre nicht Thurid, wenn sie nicht genauer hinsehen würde. Mit ihrer besonderen Gabe erspürte sie diesen Mann. Sie wusste selbst nicht wie, aber sie spürte, wer der Andere war, ob er Gutes oder Böses im Schilde führte.

      „Dieser stille und bescheidene Mann nennt sich Andreas“, ging es ihr durch den Kopf und Thurid sucht seinen Blick.

      Andreas hob den Kopf und sie schaute in zwei graublaue Augen, die ihren Blick magisch fesselten. Thurid fühlte sich plötzlich tief in ihrer Seele berührt.

      Der Mann vor ihr war fast klein zu nennen, aber von kräftiger Gestalt und mit breiter Brust. Ganz von selbst tastete Thurids besonderer Sinn nach ihm und sie spürt Stärke, Mut, aber vor allem Güte, eine unendliche Güte, die sie regelrecht umarmte, so wie es sonst nur ihre Mutter tat.

      Thurid ahnte sofort, dass dieser Mann für sie von großer Bedeutung sein würde.

      Er lächelte sie warmherzige an. „Ich bin Andreas und wer bist du?“, fragte er mit einer angenehm klingenden Stimme. Dann machte er noch einen kleinen Schritt auf Thurid zu, berührte sie zur Begrüßung an beiden Armen.

      „Du

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