Скачать книгу

in die hitziger werdende Diskussion ein.

      Thurid beteiligte sich nicht an dem Gedankenspielen der Freunde. Ihre Gedanken kreisten immer wieder um Andreas’ Worte, „…ich glaube fast, ich bin deinetwegen hier gelandet.“

      Sie spürte es richtig deutlich und fand Gefallen an diesem Gedanken, aber soviel sie auch nachdachte, ihr wollte nicht einfallen warum diese Worte in ihrem Gehirn umherkreisten.

      Der Rest des Abends war für sie nur noch ein dumpfes Brummen in ihrem Kopf, das Stimmengewirr der anderen und ein unendliches Vollstopfen mit gebratenem Schweinefleisch.

      Thurid fühlte, wie sie an der Schulter geschüttelt wurde.

      „He, Kleines, wach auf. Die Sonne scheint. Du schläfst ja wie ein Bär im Winter. Hast du etwa zu viel Apfelwein getrunken?“

      Thurid hatte Mühe die Augen auf zu bekommen. Dann gab sie sich einen Ruck und setzte sich auf.

      „Mama, ich war nicht betrunken. Du weißt, dass ich das nicht mag. Ich war nur richtig voll von dem gebratenen Schwein.“

      „Mädchen, meine Kleine, aber irgendwie kommst du mir krank vor. Fehlt dir etwas, tut dir was weh? Soll ich zu Fifilla gehen?“

      Die Mutter fühlte nach Thurids Stirn.

      „Hm, fühlt sich ganz normal an. Na gut, dann komm und iss etwas, und dann lass uns den Tag beginnen. Wir müssen heute noch ein paar Apfelbäume abernten, da ist also noch genug Arbeit. Gestern haben wir ja nicht viel geschafft.“

      Thurid huschte vom Lager und machte sich frisch.

      Beim Essen maulte sie etwas herum: „Ooch, ich habe aber keine Lust mehr auf Apfelernte, ich möchte lieber mal im Dorf rumgucken, wo der Andreas mitarbeitet.“

      Von draußen rief Gerda nach Hilda und fragte, ob sie gleich käme.

      Hilda ging zur Tür und wechselte ein paar Worte mit ihr.

      Da hörte Thurid Gerda sagen: „Euer neuer Nachbar geht wohl auch zur Apfelernte. Schau mal dort läuft er.“

      Flugs war Thurid an der Tür und sah nach. „Mama, ich glaube, ich komme doch mit euch. Ihr seid ja zu schwer für die Leitern, die brechen ja unter euch zusammen. Hi, hi.“

      Das hatte Gerda gehört. „Na warte du kleines Biest, wir werden dich schon die Leiter hoch- und runter scheuchen, dass dir solche frechen Sprüche vergehen werden“, rief sie lachend.

      Dann machten sich die drei Frauen auf den Weg zum Apfelhain.

      Weit vor ihnen lief Andreas.

      Am nächsten Morgen war Thurid ganz früh auf den Beinen. Sie wollte unbedingt eine Gelegenheit finden, sich Andreas zu nähern.

      Als sie aus der Hütte trat war es noch dämmerig und dicke Wolken bedeckten den ganzen Himmel. Thurid schaute zur Mitte des Dorfes, wo noch leichter Nebel über dem kleinen Flüsschen waberte. Dann schaute sie sich erwartungsvoll um und empfand es als großes Glück, dass die Hütte, die Andreas bekommen hatte, nur einen Speerwurf südlich von ihrer Hütte stand.

      Ihr Blick ging sofort dorthin, aber sie konnte nur ein Schemen sehen, weil der Nebel heute bis an die Hütten reichte.

      Das wenige Gras war noch feucht und überall glitzerte der Tau.

      Thurid genoss die Magie dieses Morgens, die Stille und den Nebel, der in den ersten Sonnenstrahlen leicht leuchtete und geheimnisvoll wirkte.

      Leise und ständig um sich blickend, näherte sie sich der Hütte von Andreas.

      Da drang das Gekrächze eines Raben an ihr Ohr. Sie kannte diese Laute gut. „Skyggi? Nein Skyggi saß ja noch in der Hütte, als sie sich leise hinaus schlich und sie hatte im Zeichen gegeben, leise zu sein und sitzen zu bleiben.“

      Doch, da war er wieder der Ruf eines Raben und fast wie ein Echo, die Antwort eines zweiten Raben.

      Thurid war plötzlich hellwach und merkte, wie sich ihre Nackenhärchen hoch stellten. Gleichzeitig bekam sie auf den Armen Gänsehaut und sie atmete tief ein.

      Die Hütte von Andreas war immer noch in leichten Dunst gehüllt, aber auf den gekreuzten Dachbalken konnte sie jetzt zwei Schatten erkennen – zwei riesige Raben.

      Ihr Herz begann wie wild zu klopfen, denn sie wusste sofort, welche Raben das waren.

      Thurid blieb ganz still stehen und wagte kaum zu atmen, denn in diesem Augenblick trat Andreas aus der Hütte und als wenn sie ihn grüßen wollten, riefen beide Raben vom Dach, eine wahre Salve von Krächzern.

      Thurid stand an einem der vielen kleinen Zäune, die es zahlreich im Dorf gab, damit das Geflügel oder die Schweine nicht ungehindert in jedes Haus laufen konnten. Sie machte sich ganz klein und achtete gespannt auf die Szene vor ihr.

      „Der Nebel, die Raben, meine Gänsehaut – beobachten uns schon wieder die Götter?“, dachte sie bei sich.

      „Warum spielen die immer ihre Spielchen mit uns? Warum kommen sie nicht einfach und sagen, was sie von uns wollen? Vielleicht rede ich nachher mit Alvitur oder Fifilla darüber.“ Ihre Gedanken kreiselten und sie schüttelte den Kopf.

      Andreas stand auf dem Platz vor seiner Hütte und begann sich auf merkwürdige Art zu bewegen. Thurid hielt die Luft an und schaute wie gebannt zu. Er ließ seine Arme kreisen und als wenn sie darauf gewartet hätten, krächzten die Raben erneut.

      Jetzt erst schien Andreas sie zu bemerken und er trat ein paar Schritte vor, drehte sich um und schaute hinauf zum Dachgiebel. Er hielt die Hand über die Augen, weil die Morgensonne ihn blendete.

      „Gute Morgen ihr Zwei. Was krächzt ihr mich an? Wollt ihr mir etwas sagen oder war das nur ein Morgengruß? Egal was es war, ich grüße euch und wünsche euch eine guten Tag.“

      Nun sah Thurid, dass Andreas ein Kettenhemd an hatte, so wie es Krieger im Kampf trugen.

      Er ging kurz in seine Hütte zurück und stand sofort wieder vor der Tür, aber jetzt mit einem riesigen Schwert in der Hand.

      Thurid stockte fast der Atem; dieser bescheiden aussehende Mann bewegte sich plötzlich wie ein gewandter Krieger, in allen erdenklichen Schritten und Sprüngen, um seine Hütte. Er führte dieses riesige Schwert mit einer Schnelligkeit und Wucht; so etwas hatte Thurid noch nie gesehen. Eben vollführte er noch einen Hieb von oben herab, dann stach er schon wieder in einem überraschendem Ausfallschritt zu, rollte sich auf die Seite und stand blitzschnell wieder auf den Beinen. Auch sein Gesicht war jetzt das eines entschlossenen Kämpfers.

      „Wer war dieser Mönchs-Krieger, der sich so blitzschnell bewegen konnte und doch in einer einfachen Kutte daherkam und bescheiden zu Boden blickt? Andreas, wer bist du? Was will so ein kraftvoller, starker Kämpfer in unserem langweiligen Dorf? Aber er blickte mich so gütig an und ich habe doch gespürt, dass er ein gutes Herz hat“, brodelte es in ihrem Kopf.

      Nein, da war noch etwas, denn sie hatte auch großen Schmerz in ihm gespürt, grübelte sie weiter. Sie konnte nicht anders, als ganz gespannt alle Übungen mit den Augen zu verfolgen. Dabei wagte sie kaum Luft zu holen oder sich zu bewegen.

      Andreas hielt inne und Thurid sah die Schweißperlen, auf seiner Stirn, im Sonnenlicht glänzen. Er atmete jetzt stoßweise. Mit gesenktem Kopf ging er langsam in seine Hütte zurück und sprach dabei leise mit sich selbst.

      Die Worte konnte Thurid nicht verstehen. Sie waren in einer anderen Sprache, aber sie wusste plötzlich, dass das Beten war.

      Da erschien Andreas erneut vor der Tür, und wie ein Wunder, sein Gesicht war wieder freundlich und genau der Stelle zugewandt, wo sich Thurid hinter dem Zaun versteckte.

      Die beiden Raben, die die ganze Zeit Andreas bei seinen Übungen still zugeschaut hatten, flogen mit lautem Gekrächze auf und verschwanden im Morgenhimmel.

      „Ich glaube, da sitzt jemand hinter dem Zaun und möchte mir eigentlich Guten Morgen sagen.“

      Andreas blieb stehen und lachte nun über das

Скачать книгу