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Erteilung der Vollmacht

      Die Erteilung der Vollmacht ist kein Vertrag, sondern geschieht durch einseitige Willenserklärung (§ 167 Abs. 1 BGB).

      Sie bedarf keiner besonderen Form, kann also auch mündlich erteilt werden, selbst wenn das Geschäft, zu dem die Vollmacht gegeben wird, formbedürftig ist (z. B. Vollmacht zum Kauf eines Grundstücks, § 167 Abs. 2 BGB)!

      Der Grundstückskäufer bevollmächtigt seinen Rechtsanwalt mündlich, den Kaufvertrag vor dem Notar (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB) in seinem Namen abzuschließen: wirksame Bevollmächtigung.

      Üblich ist jedoch bei gewichtigen Vorgängen, dass die Vollmacht schriftlich erklärt wird (Vollmachtsurkunde, § 172 Abs. 1 BGB). Bis zur Rückgabe besteht dann aber dem redlichen Geschäftspartner gegenüber eine Rechtsscheinwirkung: Er und auch der Bevollmächtigte dürfen auf das Bestehen der Vollmacht so lange vertrauen, bis die Urkunde zurückgegeben oder vom Gericht für „kraftlos“ erklärt worden ist (§ 172 Abs. 2 BGB).

      Bei einseitigen Rechtsgeschäften (Kündigung, Rücktrittserklärung) gilt eine besondere Regelung: Wird dem Erklärungsempfänger vom Vertreter nicht eine schriftliche Vollmachtsurkunde vorgelegt, so kann er aus diesem Grund die Erklärung zurückweisen. Dies muss aber unverzüglich bei Zugang der Erklärung geschehen (§ 174 BGB).

      Der Rechtsanwalt kündigt im Namen seines Mandanten, eines Mieters, den Mietvertrag am letzten Tag der Kündigungsfrist, ohne eine schriftliche Vollmacht beizulegen. Weist der Vermieter deshalb die Kündigung zurück, ist die Kündigung unwirksam und die Kündigungsfrist versäumt.

      Die Vollmacht wirkt nach außen. Im Innenverhältnis beruht die Vollmacht regelmäßig auf einem besonderen Vertragsverhältnis zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem:

      > Dienst- oder Arbeitsverhältnis des Chefs mit dem bei ihm angestellten bevollmächtigten Verkäufer (§ 611 BGB);

      > Auftrag (§ 662 BGB) an den sachkundigen Freund, einen geeigneten PC für den Auftraggeber (Vollmachtgeber) zu kaufen.

      Zwischen der Vollmacht und diesem Innenverhältnis besteht ein Zusammenhang: Mit dem Ende des Innenverhältnisses (z. B. Kündigung des Angestellten durch den Chef, Widerruf des Kaufauftrages) erlischt auch die Vollmacht (§ 168 Satz 1 BGB).

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      Nicht jedoch erlischt mit dem Widerruf der Vollmacht das Grundverhältnis. Es kann also auch bei fortbestehendem Innenverhältnis die Vollmacht widerrufen werden (z. B. angestellter Verkäufer wird in den Innendienst versetzt, § 168 Satz 2 BGB).

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      5.3.4.1 Grundsatz

      Wirksame Stellvertretung setzt in der Regel voraus, dass der Vertreter gegenüber dem Geschäftspartner offenlegt, dass er in fremdem Namen handelt. Wer als Vertreter nicht deutlich macht, dass er für eine andere Person rechtsgeschäftlich handeln will, kann sich hinterher dem Geschäftspartner gegenüber nicht auf seine – nicht offengelegte – Vertreterposition berufen, er wird selbst Vertragspartner (§ 164 Abs. 2 BGB).

      > Erkennbare Umstände: Es genügt für die Offenkundigkeit, wenn sich die Vertreterstellung aus den Umständen ergibt (§ 164 Abs. 1 Satz 2 BGB).

      > Geschäft, für den, den es angeht: Ausnahmsweise ist eine Offenlegung bei geringwertigen Bargeschäften des täglichen Lebens nicht erforderlich: Hier interessiert den Verkäufer die Identität des Kunden gar nicht, weil der Geschäftspartner ja die Gegenleistung sofort in bar bewirkt.

      > Mittelbare Stellvertretung: Bei der direkten Stellvertretung muss die Person des Vertretenen offenkundig sein, weil sie ja aus dem Geschäft berechtigt sein soll und sie auch die Verpflichtungen treffen sollen. Möchte der „Vertretene“ nach außen nicht in Erscheinung treten, so kann nur „mittelbare Vertretung“ infrage kommen: Der mittelbare Stellvertreter handelt, anders als der unmittelbare Vertreter, nicht im fremden Namen, sondern im eigenen Namen, aber auf fremde Rechnung.

      Der verarmte Adelige sieht sich genötigt, alten Familienschmuck zu verkaufen, will dies jedoch nicht öffentlich bekannt werden lassen. Er beauftragt einen Juwelier mit dem Verkauf. Zwischen dem Käufer und dem mittelbar vertretenen Adeligen entstehen dann keinerlei direkte Rechtsbeziehungen. Vielmehr wird der Vertrag zwischen dem Käufer und dem mittelbaren Vertreter Juwelier direkt abgeschlossen.

      Allein der Anschein einer Vollmacht kann ausreichen, um für das Handeln einer anderen Person einstehen zu müssen („Rechtsscheinsvollmacht“). Die Rechtsprechung hat zwei Fälle einer Haftung kraft Rechtsscheins entwickelt:

      Duldungsvollmacht: Wer vom Auftreten eines nicht bevollmächtigten „Vertreters“ weiß, aber dagegen nicht einschreitet, duldet das Vertreterhandeln. Er muss das Vertreterhandeln gegen sich gelten lassen.

      Der Leiter A der IT-Abteilung des Industrieunternehmens E nimmt wahr, dass der Servicemitarbeiter einer Fremdfirma O, die ständig die Server des Unternehmens betreuen soll, im Namen des Unternehmens E Ersatzteile für die IT-Anlage kauft, wogegen A jedoch nichts unternimmt.

      Anscheinsvollmacht: Wer vom Handeln eines nicht bevollmächtigen „Vertreters“ zwar keine Kenntnis hat, aber bei gehöriger Sorgfalt dies hätte erkennen und dagegen einschreiten müssen, muss dessen Handeln ebenfalls gegen sich gelten lassen, weil der Anschein besteht, er habe den Vertreter bevollmächtigt oder dulde dessen Agieren.

      Der Unternehmer vergisst, vom entlassenen Handelsvertreter die Geschäftsunterlagen zurückzufordern, weshalb dieser weiterhin auf Geschäftsbögen Verträge schließt.

      Einen gesetzlich geregelten Fall für den Anschein einer Bevollmächtigung enthält im Handelsverkehr § 56 HGB: Der Angestellte eines Ladens oder eines offenen Warenlagers gilt als ermächtigt zu den in seinem Wirkungsbereich üblichen Geschäften (vgl. unten 5.6.1.3).

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      Tritt jemand als Vertreter für einen anderen auf, ohne von diesem Vollmacht zu haben (Vertreter ohne Vertretungsmacht, „falsus procurator“), so wirkt sein Handeln nicht für und gegen den „Vertretenen“.

      Allerdings kann der „Vertretene“ das Geschäft noch genehmigen, wenn er nachträglich doch einverstanden ist. Dann gilt das Geschäft für ihn (§ 177 Abs. 1BGB). Lehnt er jedoch eine Genehmigung ab, so ist der falsche Vertreter selbst dem Vertragspartner („anderer Teil“) nach dessen Wahl zur Erfüllung oder zum Schadensersatz verpflichtet (§ 179 Abs. 1 BGB). Dies gilt nur dann nicht, wenn der Vertragspartner den Mangel der Vollmacht kannte oder kennen musste (§ 179 Abs. 3 BGB).

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