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      Er führte Salome zu den Frauen. Die Rothaarige musterte das Mädchen eifersüchtig. Aber ein Blick von Dario genügte, und sie wurde katzenfreundlich.

      „Tanze“, sagte Dario – und Salome begann sich zu der Musik zu bewegen. Sie war jetzt völlig nackt. Die Kerle verschlangen sie mit ihren Blicken.

      Der Aufstieg zur Burg des Scheitans hatte begonnen. Hasard und seine Mannen folgten dem Verlauf des Pfades, der direkt zu dem Gemäuer hinaufführte. Es war riskant. Aber bisher hatten sie noch keine andere Möglichkeit gefunden, sich dem Bau zu nähern. Doch sie hatten auch noch keinen Wachtposten entdeckt.

      Plymmie verharrte plötzlich, duckte sich und fletschte die Zähne. Dan, der neben Batuti ritt, wies nach oben. Da legte der Gambiamann mit Pfeil und Bogen an und schoß. Der Pfeil surrte durch die Dunkelheit. Ein gurgelnder Laut ertönte, und vor dem Trupp stürzte ein Kerl aus den Ästen einer Krüppelkiefer.

      „Hol’s der Henker“, brummte der Profos. „Da war also doch einer.“

      Hasard, Dan und Batuti saßen ab und huschten zu dem Wächter. Der Pfeil ragte aus der Brust des Mannes. Er war tot. Ein Dunst von Wein umgab ihn.

      „Betrunken auf Wache“, flüsterte der Seewolf. „Wahrscheinlich hat er sogar gedöst. Sonst hätte er uns gesehen und Alarm geschlagen.“

      „Ja, sicher.“ Dan kroch zu dem Baum und schaute sich aufmerksam um. „He!“ zischte er. „Hier ist ein Fußpfad!“

      Eine neue Entdeckung – der Pfad führte vom Hauptweg weg und schlängelte sich an dem Hang nach oben. Von ihm aus konnte man die Rückseite der Burg erreichen – jene, die direkt in den Felsenhang überging.

      „Ausgezeichnet“, raunte der Seewolf. „Wir trennen uns und bilden zwei Gruppen. Ed, Ferris, Batuti und Roger begleiten mich. Wir packen den Gegner von hinten. Die anderen marschieren auf das Tor zu. Don Juan übernimmt das Kommando. Seht zu, wie ihr reinkommt. Entweder mit einem Trick durchs Tor oder mit Hilfe der Enterhaken über die Mauer.“

      „Aye, Sir.“ Dan schlich davon und überbrachte den anderen den Befehl.

      Die Pferde wurden bei der Krüppelkiefer zurückgelassen. Zu Fuß bewegten sich die Mannen weiter voran – auf die Burg des Scheitans zu, die drohend aus der Nacht aufragte. Plymmie blieb bei der Hauptgruppe.

      Hasard und seine vier Mannen schlichen geduckt auf dem schmalen Fußpfad nach oben. Bald hatten sie das Gemäuer unter sich. Wie die Katzen bewegten sie sich auf die rückwärtige Mauer zu. Sie schob sich bis an den Felsen. Ein Sprung genügte, und man stand auf dem Wehrgang.

      Der Seewolf bedeutete seinen Begleitern, in Deckung zu gehen. Er wies nach unten. Auf dem Wehrgang marschierte ein Wächter. Er trug eine Muskete am Riemen über der Schulter. Der Kerl blieb stehen, gähnte und schlurfte mürrisch weiter. Jetzt konnten die Männer auch die Hunde sehen, die auf dem Hof auf und ab liefen.

      „Mit dem Kerl werden wir keine großen Schwierigkeiten haben“, murmelte Hasard. „Aber die Hunde …“

      „Soll ich sie abschießen?“ fragte Batuti.

      „Warte. Vielleicht gibt es einen anderen Weg.“

      Kurz darauf pirschte sich Hasard dicht an den Wehrgang heran. Mit einem mächtigen Satz sprang er hinüber. Der Profos, Ferris, Roger und der Gambiamann kauerten mit gezückten Waffen in ihrer Deckung.

      Der Seewolf schlich lautlos von hinten auf den Posten zu. Der Kerl merkte immer noch nichts. Plötzlich knurrte unten einer der Hunde. Da wandte der Wächter den Kopf.

      Aber Hasard rammte ihm die Faust in den Nacken. Der Jagdhieb fällt den Kerl. Hasard fesselte ihm die Hände auf den Rücken und stopfte ihm einen Knebel in den Mund. Dann huschte er weiter.

      Carberry und die drei anderen landeten ebenfalls auf dem Wehrgang. Sie schlichen an dem Bewußtlosen vorbei – zu Hasard. Der Seewolf wies nach drüben, wo auf dem gegenüberliegenden Wehrgang ein Posten stand und nach unten starrte.

      „Den putzen wir weg“, brummte Carberry. Schon glitt er weiter. Batuti, Ferris und Roger folgten ihm.

      Hasard stieg vorsichtig eine der Treppen hinunter, die auf den Hof führten. Auf dem Kopfsteinpflaster verharrte er. Die Hunde liefen auf und ab und schienen ihn noch nicht richtig gewittert zu haben.

      Hasard hörte das Lachen und Grölen, das Kichern und die Musik, die aus dem Hauptgebäude herüberdrangen. Die Halunken scheinen sich prächtig zu amüsieren, dachte er. Dann bewegte er sich auf das Tor zu.

      Der zweite Posten hatte draußen, nicht weit vom Tor entfernt, eine Bewegung registriert. Er kniff die Augen zusammen und versuchte, etwas zu erkennen. Was war das? Ein Tier?

      Carberry saß dem Kerl plötzlich im Nacken. Ein einziger Hieb genügte, und der Kerl brach besinnungslos zusammen. Hasard sah es von unten und beschleunigte seine Schritte.

      Einer der Hunde – ein großes Tier mit spitzen Ohren – wurde unversehens auf den fremden Mann aufmerksam. Er knurrte. Dann lief er auf den Seewolf zu. Aber Batuti war auf der Hut. Ein Pfeil huschte auf den Hof. Der Hund war getroffen. Er überschlug sich und blieb reglos liegen.

      Hasard ging weiter. Hinter ihm knurrten und bellten die Hunde. Hasard packte den Riegel des Tores und schob ihn zur Seite. Mit leisem Quietschen öffneten sich die Flügel. Der Seewolf winkte seinen Kameraden, die draußen schon mit den Enterhaken in der Hand bereitstanden, zu.

      Dann schoß Plymmie an Hasard vorbei und raste auf die Hunde zu. Es waren vier. Sie duckten sich und fletschten die Zähne. Plymmie schob sich halbwegs an ihnen vorbei, immer in Angriffsstellung. Sie bewegte sich auf einen kleinen Anbau zu. Was hatte sie vor?

      Jetzt begriff Hasard. Der kleine Bau war der Hundezwinger. Die Tür stand offen. Vorsichtig schlich Hasard den Hunden nach. Die vier großen Burschen folgten der Hündin. Würden sie Plymmie angreifen – oder waren sie lediglich neugierig?

      Das Vorhaben gelang. Plymmie lockte die Hunde in den Zwinger. Ehe sie richtig ahnten, wie ihnen geschah, war Plymmie wieder draußen – und der Seewolf schloß die Tür. Er schob den Riegel vor. Die Hunde bellten und geiferten – doch das spielte jetzt keine große Rolle mehr.

      Hasard und seine Mannen liefen über den Hof auf das Hauptgebäude zu. Jack Finnegan, Paddy Rogers und Higgy blieben als Wachtposten zurück. Sie hatten Musketen, Pistolen, Höllenflaschen und zwei Brandsätze, für den Fall des Falles.

      Der Seewolf und sein Trupp drangen in das Hauptgebäude ein. Kein Wächter stellte sich ihnen mehr entgegen. Sie brauchten nur den Lauten zu folgen, um ihr Ziel zu finden. Im großen Saal des Gemäuers nahm die Orgie der Banditen ihren Verlauf.

      Silvestro Porceddu war bereits sturzbetrunken. Er stieß seinen Bruder mit dem Ellenbogen an, lachte dröhnend und deutete auf das nackte Mädchen, das zu der Musik tanzte. „He, kriegst du da keinen Appetit, Dario? Wie kannst du so ruhig dasitzen?“

      „Ich genieße meinen Wein“, erwiderte Dario.

      Gelassen leerte er seinen Becher. Dann erhob er sich vom Tisch und schritt auf Salome zu. Er setzte ein hämisches Grinsen auf. Jetzt bist du dran, dachte er.

      Als Strafe dafür, daß sie sich gewehrt und geziert hatte, daß sie weggelaufen war, wollte er sie vor der versammelten Mannschaft nehmen. Es würde eine doppelte Schmach für sie sein.

      Dario war voll auf Salome konzentriert. Und die Kerle glotzten gierig das Mädchen an. Silvestro vergaß sogar die Dicke, die neben ihm kicherte und ihm den Becher füllte.

      So nahmen die Sarden zunächst gar nicht wahr, daß sich die beiden Türen des Saales öffneten. Wer sollte auch hereinkommen? Die Wachtposten hatten die strikte Anweisung, anzuklopfen, wenn es irgend etwas zu melden gab. Und so geschah es: plötzlich standen die Arwenacks mitten unter den Banditen.

      Und eine Donnerstimme – die von Carberry – brüllte auf spanisch: „Ihr verdammten Schweine!“

      Spanisch verstanden die Porceddus und ihre Spießgesellen.

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