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kann ich einen Pfad erkennen“, sagte Dan nach einem Blick durch den Kieker.

      „Und da befinden wir uns für die Banditen wie auf einem Präsentierteller“, sagte Higgy.

      „So ungefähr“, meinte Dan. „Aber wir können die Kerle vielleicht von oben packen. Auf diese Weise kommen wir meiner Ansicht nach leichter an die Höhle des Löwen heran.“

      „Wir können nur vor Ort entscheiden, wie wir vorgehen werden“, sagte der Seewolf. „Sperrt die Augen und Ohren auf. Wir müssen von jetzt an mit Spähern und Wachtposten rechnen.“

      „Aye, Sir“, murmelten die Männer. Ihre Blicke richteten sich wieder auf Plymmie. Die Hündin lief nach links. Nach wie vor hielt sie die Nase auf den Boden gesenkt. Sie verschwand zwischen den Bäumen.

      „Los“, sagte Hasard. „Wenn mich nicht alles täuscht, hat Plymmie die Lösung für unser Problem gefunden.“

      Auch dieses Mal zeigte sich wieder, daß Plymmie bei diesem Unternehmen von unschätzbarem Wert für die Arwenacks war. Sie führte den Trupp sicher durch den Kiefernwald. Die Mannen entfernten sich wieder von dem gefährlichen Abgrund. Bald gelangten sie an eine breite Geröllhalde, die relativ sanft in die Tiefe führte. Hier konnten sie den Abstieg wagen. Nur mußten sie darauf achten, daß die Pferde nicht ins Rutschen gerieten.

      „Die Burg ist von hier nicht sichtbar“, sagte Dan nach einem neuerlichen Rundblick. „Folglich können uns die Kerle von dort aus ebenfalls nicht bemerken.“

      „Ich glaube, dieser Hang führt in einen Seitenarm der Schlucht“, sagte der Seewolf. „Gibt es in der Schlucht genug Vegetation, Dan?“

      „Ich habe vorhin Bäume und Büsche gesehen“, erwiderte Dan O’Flynn. „Da können wir uns einigermaßen gut anschleichen, ohne daß uns die Sarden auf Anhieb entdecken.“

      Weiter ging es – die Geröllhalde hinunter bis in die Nebenschlucht. Ein kleiner Zwischenfall ereignete sich, als Shanes Pferd plötzlich anfing zu stolpern. Shane stieß einen leisen Fluch aus. Fast schien es, als würde das Tier in den Vorderläufen einknicken. Aber dem Schmied von Arwenack gelang es im buchstäblich letzten Augenblick, das Pferd wieder abzufangen.

      Bald darauf bewegten sich die Pferde im Schrittempo durch die Nebenschlucht. Der Tag neigte sich seinem Ende entgegen. Das Licht wurde diffus, blaß. Mit jedem Schritt, den die Reiter zurücklegten, rückten die Schatten der Nacht von Osten näher, während die Sonne im Westen als milchigroter Ball hinter den Bergen wegtauchte.

      „Jetzt ist es nur noch eine Frage von Augenblicken, dann wird es ganz dunkel“, sagte der Seewolf zu seinen Männern.

      „Für uns ist das nur von Vorteil“, erwiderte Don. Juan. „Wir haben zwar größere Schwierigkeiten, uns zurechtzufinden. Aber wichtiger ist, daß uns die Sarden nicht entdecken.“

      „Im übrigen haben wir Plymmie“, sagte der Seewolf.

      „Ich frage mich, wo die Späher der Banditen sitzen“, murmelte Batuti. „Sind die etwa so unvorsichtig, die Burg von außen völlig unbewacht zu lassen?“

      „Möglich wäre auch das“, sagte Hasard. „Sie fühlen sich hier völlig sicher. Trotzdem müssen wir höllisch aufpassen. Wir dürfen jetzt nicht den winzigsten Fehler begehen.“

      Von der Nebenschlucht gelangten sie in die große Schlucht. Im Büchsenlicht ritten sie zwischen Kiefern, Pinien und struppigem Gebüsch dahin. Nach wie vor ließ sich kein Gegner blicken. In der Burg des Scheitans flammten Lichter auf, Fackeln und Öllampen. Sie wiesen den Seewölfen den Weg.

       8.

      Ein ganzer Tag war vergangen, seit die Brüder Porceddu mit ihren Kumpanen aus Üsküdar in die Burg des Scheitans zurückgekehrt waren. In der letzten Nacht hatten sie eine gewaltige Orgie gefeiert, von der sie sich bis in den Nachmittag hinein hatten erholen müssen. Jetzt hockten Dario und Silvestro bei einem Humpen Bier zusammen und beratschlagten, wie der Plan im Hinblick auf den Kampf gegen die Haydar-Familie und deren Verbündete aussehen sollte.

      „Wir warten noch bis morgen früh“, sagte Silvestro. „Es hat wenig Sinn, im Dunkeln loszureiten und zu riskieren, daß sich die Gäule die Knochen brechen.“

      „Einverstanden“, erwiderte Dario.

      „Wir sind uns also einig?“

      „Wie immer.“

      „Ich will dir was sagen“, erwiderte Silvestro. „Ich hatte in Üsküdar schon das Gefühl, du wolltest mich ausbooten. Das hat mir schwer zugesetzt.“

      „So was!“ Dario lachte und hieb seinem Bruder auf die Schulter. „Das hättest du mir zugetraut? Mann, dazu wäre ich nie in der Lage!“

      „Dann ist ja alles in Ordnung“, brummte Silvestro. „Laß uns heute abend noch ein wenig feiern. Mir steht der Sinn danach.“

      „Ja, von mir aus. Aber vor morgen mittag wird aus dem Aufbruch nichts, wenn wir uns heute nacht wieder sinnlos vollaufen lassen.“

      Silvestro grinste. „Dann lassen wir uns eben sinnvoll vollaufen.“

      „Gut gesprochen“, sagte Dario lachend.

      Er verließ den Saal und ging in seine Kammer. Er wusch sich das Gesicht und überlegte dabei. Er würde in Zukunft sehr vorsichtig sein müssen. Silvestro hatte Verdacht geschöpft.

      Natürlich war es Darios Plan, den Bruder auszubooten und allein den Befehl über die Bande zu übernehmen. Silvestro wurde alt, und manchmal schien er nicht mehr ganz richtig im Kopf zu sein. Brodzu hatte das auch bereits gemerkt. Die anderen Kerle noch nicht.

      Wenn alle spitzkriegten, daß Silvestro am Rande des Wahnsinns stand, würde sie sich sehr schnell von den Porceddu-Brüdern abwenden. Das mußte verhindert werden. Dario wußte, was er zu tun hatte, aber er mußte aufpassen, daß Silvestro ihm nicht in die Quere geriet.

      Dario verließ die Kammer und stieg in das Kellergewölbe hinunter. Heute nacht bist du dran, Salome, dachte er, endgültig.

      In der vergangenen Nacht hatte Dario das Mädchen eigentlich holen wollen, doch er hatte so viel Spaß mit einer dickbusigen Rothaarigen gehabt, daß er Salome darüber vergessen hatte. Die Rothaarige war eine von denen, die lieber bei den Sarden als Hure diente, als im Harem zu leben. Noch zwei, drei andere Weiber hatten die gleichen Ansichten.

      Der Rest – sieben Frauenzimmer – mußte immer wieder ausgepeitscht und traktiert werden, damit sie nicht wie Salome auf dumme Gedanken verfielen. Sie waren Sklavinnen der Liebe und wurden wie solche gehalten.

      Dario öffnete die Tür zum Kerker. Eine Fackel spendete Licht.

      „Salome“, sagte er. „Sei ein braves Mädchen.“

      Salome wich vor ihm zurück. „Ich will sterben!“

      „Nein, sei doch nicht so dumm.“ Dario lächelte und streckte die Hand aus. Er hatte sich überlegt, wie er das Mädchen am besten überrumpeln konnte. „Hör zu, ich habe nur eine Bitte an dich. Tanze heute abend für uns. Du sollst nur tanzen, verstehst du?“

      „Nur – tanzen?“ Salome glaubte, nicht richtig gehört zu haben. Das konnte doch nicht sein Ernst sein. Aber vielleicht hatte es sich der Kerl wirklich anders überlegt. Sie nickte. „Gut. Ich komme. Freiwillig.“

      „Sehr vernünftig.“ Dario führte sie nach oben.

      Aus dem Saal tönten ihnen die Stimmen der Männer und Frauen entgegen. Es roch nach gebratenem Fleisch, Wein und Bier. Eine der Frauen spielte auf einer Leier, eine andere blies auf einer Flöte. Die Kerle grölten und klatschten in die Hände. Das Fest hatte begonnen.

      Als Dario und Salome den Raum betraten, richteten sich alle Blicke auf sie. Brodzu kicherte.

      „Oh, unser Jungfräulein!“ stieß er hervor. „Was für

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