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Seewölfe Paket 24. Roy Palmer
Читать онлайн.Название Seewölfe Paket 24
Год выпуска 0
isbn 9783954399925
Автор произведения Roy Palmer
Жанр Языкознание
Серия Seewölfe - Piraten der Weltmeere
Издательство Bookwire
Von wegen – Vater werden ist nicht schwer! Ein Martyrium war das. Achtmal war alles glattgegangen, doch jetzt hatte der Satan persönlich die Sache in die Hand genommen und zahlte es ihm heim.
Eine glühende Sonne raste auf ihn zu, ein feuriger Ball aus Glut und greller Lohe. Dicht vor seinen Augen flog sie auseinander, berstend und krachend, zersplitternd und dröhnend, als würde die gesamte Welt in Fetzen gerissen.
Das mußte jetzt die dritte oder vierte Beule auf seinem Schädel sein, schätzte er. Mindestens drei riesige Hörner wuchsen ihm.
Die Dösigkeit übermannte ihn fast. Er fühlte sich wie einer, der viel zuviel gesoffen hatte und jetzt mit einem riesigen schmerzenden Schädel herumrannte.
Ein feiner Tag war das heute! Wenn er davon nur die geringste Ahnung gehabt hätte, dann wäre er gar nicht erst aus der Koje gestiegen.
Old O’Flynn bemitleidete sich selbst. Er hatte die Nase voll von den bunten feurigen Sternchen, die ihn dauernd umkreisten. Er konnte einfach nicht mehr.
Ha! Aber die Heiligen konnten ihm vielleicht noch helfen. Er hatte sie nur selten gebraucht, weil er sich immer selbst geholfen hatte. Aber für was waren die Burschen schließlich da!
Er versuchte es erst mit dem guten Sankt Elmo, weil der schon öfter mal auf dem Schiff gehockt und sie erschreckt hatte.
„Hol mich raus aus der Hölle!“ flüsterte der Alte so leise, daß es keinen Widerhall gab.
Doch Sankt Elmo ließ nichts von sich hören, jedenfalls unternahm er nicht das geringste, um den geplagten Alten aus seiner mißlichen Lage zu befreien. Vielleicht aber war er auch gerade anderweitig beschäftigt.
Old O’Flynn lauerte noch ein bißchen, doch Sankt Elmo schwieg sich sehr gründlich aus.
Na, es gibt ja noch mehr, dachte er unwirsch. Einer von ihnen würde ihm wohl aus seiner brenzligen Situation helfen.
Ziemlich ungeduldig wandte er sich an den heiligen Nothelfer Antonius. Der war eigentlich für Wind und Wetter verantwortlich, so daß Old O’Flynn bezweifelte, daß er hier etwas ausrichten konnte.
„Hilf mir, wenn du so ein Mann bist, wie man von dir sagt“, murmelte er vor sich hin.
Das Murmeln klang nun schon etwas lauter als das Flüstern. Daher bestand die Antwort des heiligen Antonius auch nur aus einem hohl klingenden Gemurmel, das sich eine ganze Weile fortsetzte. Damit ließ es der Patron aber auch bewenden.
Old O’Flynn überlegte angestrengt. Klar, er konnte sich noch an den vornehmsten Patron der See wenden, und das war der heilige Nikolaus, aber der gehörte den Franzosen und hatte im fernen Frankreich offenbar genügend zu tun. Oder er war nicht bereit, einem in der Klemme sitzenden Engländer zu helfen.
„Wenn du mir nicht hilfst“, knurrte Old Donegal erbittert, „dann sei darauf gefaßt, daß dein Ansehen bei mir arg leiden kann. Genauer gesagt, dann hast du bei mir endgültig Verschissen!“
So haderte und schimpfte er mit den Heiligen, die partout nicht auf sein Anliegen eingehen wollten.
Hm, überlegte er, wenn die Kerle zu faul zum Helfen waren, konnte man es ja mit der Santa Barbara versuchen. Die war die Patronin der Artillerie und hatte gewissermaßen ja auch mit ihnen zu tun.
War wohl nichts, dachte er nach einer Weile. Dann griff er sich gedanklich den heiligen Sankt Michael heraus.
Als der sich auch nicht meldete, wurde Old O’Flynn giftig.
Was, zum Teufel, bildeten sich diese Kerle eigentlich ein, ihn hier unten hocken und vergammeln zu lassen! Brauchte man sie nicht, dann waren sie gleich scharenweise zur Stelle, erflehte man aber ihre Hilfe, dann versteckten sie sich.
Jetzt überlegte er ernsthaft, ob er sich nicht an Old Nick persönlich wenden sollte. Den Höllenfürsten hatten ja schon viele Seeleute überlistet, und da Old O’Flynn ein geriebenes Schlitzohr war, konnte er Old Nick vielleicht auch auf irgendeine Weise austricksen.
Er mußte ihm dann allerdings schon seine Seele verschreiben, darauf würde dieser Schwefelstinker ganz sicher bestehen. Aber den Zeitpunkt konnte er ziemlich lange hinausschieben, und bis dahin fiel ihm sicherlich noch ein ganz mieser Trick ein.
„Old Nick“, hauchte er zaghaft, „ich will hier raus, verdammt!“
Old Nick hatte natürlich ein Einsehen. Der war immer gleich zur Stelle, wenn es etwas abzustauben gab. Der Teufel ließ sich kein Geschäft entgehen.
Wie üblich kündigte er sich mit so lautem Getöse an, daß Old O’Flynn fast zu Tode erschrak.
Es polterte und rumpelte, und dann schien die Welt einzustürzen.
In seinen Ohren kreischte es, Gegenstände flogen umher und rollten mit wahnwitzigem Tempo an ihm vorbei.
Der vom Aberglauben geplagte Old O’Flynn war einem Zusammenbruch nahe. Er hatte den Teufel beschworen, dachte er ängstlich, und der pfiff ihm was, der kassierte gleich seine Seele, ohne irgendeine Vorleistung zu geben.
Schnell und bedenkenlos wandte er sich erneut an Sankt Elmo, und der hatte glücklicherweise ein Einsehen. Das Poltern hörte auf, aber erst, nachdem Old O’Flynn noch ein kräftiges „Misericordio!“ dazugebrüllt hatte. Die Sache mit Old Nick konnte er vergessen, die war viel zu gefährlich.
Aber Sankt Elmo hatte diesmal rechtzeitig geholfen, oder es war sein Talisman, den er ständig um den Hals trug. So genau ließ sich das nicht unterscheiden.
Old Donegal wußte nicht, daß ein paar Yards entfernt oberhalb von ihm ein Stalaktit aus der Decke gebrochen war, ein jahrhundertealter Kalkzapfen, der die Erschütterungen nicht überstanden hatte. Das Gepolter des zerbrechenden Zapfens hatte er für die Annäherung Old Nicks gehalten.
Aber jetzt herrschte endlich wieder Ruhe, wenn er von dem nachrollenden Echo absah, das noch eine Weile lang grummelte.
Old O’Flynn hatte sich so in seine Geisterwelt und Phantasie eingesponnen, daß er alles für bare Münze nahm. Er hätte Stein und Bein darauf geschworen, daß Old Nick hiergewesen war, und er hielt jetzt noch jede Wette, daß er sich im Vorhof zur Hölle befand, ziemlich dicht am Mittelpunkt der Erde. Dabei hatte er noch das unvorstellbare Glück gehabt, nicht tiefer zu fallen oder auf der anderen Seite einfach hinauszufliegen. Dann würde er jetzt vielleicht auf dem Mond hocken und konnte seine „Empress“ von dort oben aus betrachten.
Krampfhaft überlegte er wieder, was jetzt zu tun sei. Er konnte jedenfalls nicht hier hocken und bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag warten. Andererseits konnte er sich mit dem zersplitterten Holzbein aber auch in dieser unbekannten Umgebung nicht richtig bewegen. Bestenfalls konnte er auf den Knien rutschen.
Und wohin? In die Finsternis, wo er sich vielleicht zum zehnten Male den Schädel stieß?
Er tastete mit den Händen vorsichtig um sich und zuckte heftig zusammen, als ihm erneut ein Wassertropfen auf den Schädel fiel.
Verdammt naß und kühl ist es in diesem Backtrog, dachte er angewidert. Wie in einer Gruft lag er darin.
Dann fiel ihm ein, daß er Feuerstahl, Flint und Zunder in seinen Taschen bei sich hatte. Das hatte er immer dabei, denn es war oft erforderlich, ein Feuer oder eine Fackel zu entzünden. Jeder Seemann trug so etwas mit sich herum, genau wie sein Messer.
Unendlich vorsichtig, um nicht wieder anzuecken, schob er sich aus der nassen Mulde und hockte sich etwas abseits auf den Boden, der grob und uneben war. Da wuchsen überall kleine Hörner und Zacken. Manche Stellen waren aber auch glatt und wie poliert.
Sein Holzbein war zwar nur noch ein zersplitterter Stecken, aber es konnte ihm noch gute Dienste leisten, wenn er sich hier orientieren wollte. Er mußte herausfinden, wo er gelandet war, sonst wurde er am Ende noch wahnsinnig. Ganz dicht davor, den Verstand zu verlieren, war er ja schon.