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unheimliche Teufelsfinger, die nach ihm griffen.

      Old O’Flynn war zwar ein eisenharter Kerl, der vor sichtbaren Gegnern nicht die geringste Angst hatte. Aber hier war das alles ganz anders. Hier glich er einem schlotternden Nervenbündel, denn die Geister, die um ihn herum waren, konnte er nicht fassen. Sie lauerten unsichtbar und versteckt auf ihn. Das war es, was ihn so nervte.

      Wieder sah er übergangslos schummrige Helligkeit. Ihm war, als befände er sich tief unter Wasser, wo alles verzerrt wirkte.

      Da hingen kreuz und quer farbige leuchtende Zapfen von einer unsichtbaren Decke herab, da wuchsen Säulen und Wülste von unten nach oben, und da blitzte und funkelte es grell.

      Dann war wieder Nacht, und er schloß erneut krampfhaft und leise fluchend die Augen.

      Seine Rutschpartie wurde jählings beendet. Irgendwo in der Dunkelheit wuchs wieder eine dieser schimmernden Säulen auf, und die beendete seine unglückliche Reise abrupt.

      Mit dem Holzbein voran landete er unter ohrenbetäubendem Krachen und Poltern an einem dieser bizarren Gebilde. Es gab einen heftigen Ruck, ein Krachen und Splittern folgte. Old O’Flynns rechtes Holzbein zersplitterte und flog auseinander.

      Aber das war noch nicht alles. Irgendwo in der Dunkelheit stand da noch eine weitere Säule, und an die stieß er voller Wucht mit seinem ohnehin geplagten Schädel.

      Ein wilder Schmerzensschrei entfuhr ihm. Da war die Bratpfanne seiner lieben Mary aber wesentlich sanfter gewesen. Vor seinen Augen zerplatzte die Welt in einem farbigen Reigen. Wieder sah er Sterne, die explosionsartig nach allen Seiten davonstoben.

      „Hölle und Teufel“, krächzte er, doch die Worte wurden nur noch ein hilfloses Lallen.

      Für Old O’Flynn gingen nach dem Feuerzauber sämtliche Lichter aus. Er fiel in eine bodenlose Finsternis und verlor das Bewußtsein. Er merkte auch nicht mehr, daß er in einer flachen, muldenartigen Wanne lag, in der sich Tropfwasser aus der Kalksteinhöhle sammelte.

       5.

      Als Old Donegal wieder zu sich kam, war er noch dösiger als vorher und begriff nicht gleich, was eigentlich vorgefallen war.

      Er glaubte, grelle Lichter zu sehen, Feuerschweife, die auf ihn zurasten, dann brach wieder Finsternis herein, und eine entsetzliche Stille herrschte.

      Tropf-tropf, hörte er, und nach jedem Tropfen vernahm er ein leises Platschen. Monoton und unheimlich klang das. Es hörte sich jedesmal an, als kichere jemand unsichtbar im Hintergrund oder lache ihn aus.

      Es dauerte nochmals eine ganze Weile, bis ihm einfiel, daß er farbige Säulen gesehen hatte und jetzt eigentlich im Mittelpunkt der Erde sein müsse.

      Er zuckte heftig zusammen, als ihm etwas auf den Schädel fiel. Kalt und naß war es wie eine ins Wasser gefallene Kakerlake, die nun langsam über seinen Schädel kroch. Es schüttelte den Alten richtig.

      Ein zweiter Wassertropfen landete auf seinem Schädel, genau auf der empfindsamen „Bratpfannenbeule“. Und wieder glaubte er, das hämische Kichern in der einsamen Stille zu hören.

      Schwatzten da nicht ein paar unsichtbare Männchen miteinander?

      Unter ihm war es ebenfalls naß, feucht und kalt. Als ihm der dritte Tropfen auf den Schädel klatschte, fuhr der Alte entnervt zusammen.

      „Himmel, Arsch!“ brüllte er wild. „Bei allen Heiligen …“

      „Heiligen“, tönte es flüsternd zurück. Das Flüstern verstärkte sich und wurde immer lauter. Von überall her riefen Geisterstimmen das letzte seiner Worte pausenlos zurück. Dann war ein Schmatzen und Gurgeln zu hören, das ihm fast den Verstand raubte.

      Schaurig und hohl klang es. Jetzt wanderte die Stimme weiter und verlor sich in endloser Ferne erneut zu einem Wispern.

      Ihm gefror vor Angst das Blut in den Adern. Er sah sich noch etwas rammdösig und benommen um, konnte jedoch absolut nichts von seiner Umgebung erkennen. Da war alles schwarz, rabenfinster wie in einem Holzkohlensack.

      Endlich war auch die Geisterstimme verklungen, vor der er sich so fürchtete. An ihrer Stelle war da ein leises Wispern und Raunen, das aus der Unendlichkeit zu stammen schien.

      Jetzt schlichen sie heran, die geschwänzten Beelzebuben, die kleinen Teufelchen, bei denen er zwangsläufig zu Gast war. Sie kamen, um ihn zu holen und in den großen Kessel zu werfen, wo sie seine Seele so lange kochten, bis sie pechschwarz war.

      „Nein!“ brüllte er.

      Augenblicklich bereute er, daß er den Mund aufgetan hatte. Denn nun setzte wieder dieser schaurige Effekt ein, der seine Worte verzerrte, sie verstärkte und zu einem lauten Dröhnen werden ließ.

      „Nein – nein – nein“, ertönte es von allen Seiten zu seinem Entsetzen. Sie verhöhnten ihn, die Gnomen, Trolle oder Erdmänner, die sich hier ein unsichtbares Stelldichein gaben. Oder die Teufel waren es, die so schaurig und schrecklich all seine Worte nachäfften.

      Aus dem abwehrenden „Nein“ wurde ein Konzert, eine Kakophonie schaurig klingender Töne, die wie in einer riesigen Kathedrale widerhallten. Mal wurden sie lauter, dann leiser, dann kehrten sie zurück, bis die gesamte Umgebung heftig vibrierte.

      Am liebsten wäre er wieder in eine wohltuende Ohnmacht gefallen, aber wie es aussah, mußte er wohl all die Schrecken bei vollem Bewußtsein durchstehen und erleben.

      Reglos blieb er noch eine Weile in der Nässe liegen. Er fluchte jetzt auch nur noch lautlos, damit ihn die Geister nicht hörten.

      Wo bin ich bloß? fragte er sich immer wieder beklommen. Was befindet sich um mich herum?

      Er fand darauf keine Antwort. Er verhielt sich jetzt absolut still und ruhig. Wenn er sich nicht bemerkbar machte – so seine abstrusen Vorstellungen –, dann würden ihn „die anderen“ vielleicht auch gnädigerweise in Ruhe lassen und das Interesse an ihm verlieren.

      Aber selbst das hielt er nicht lange in dieser fürchterlichen Umgebung aus. Zudem konnte er nicht auf ewig in der Finsternis liegen und auf ein Wunder warten.

      Nach endlos langer Zeit erhob er sich und wollte aufstehen.

      Da merkte er, daß es nicht ging. Sein Holzbein war beim Teufel und zersplittert. Richtig, vorhin hatte es auch so entsetzlich laut gekracht und gesplittert.

      Auch das noch! dachte er verbiestert. Jetzt konnte er nicht einmal mehr laufen. Völlig hilflos war er.

      Verdammt, verdammt, warum hatte ihm Mary auch diese lausige Bratpfanne auf den Schädel hauen müssen! Daß er die Reaktion selbst herausgefordert hatte, kam ihm überhaupt nicht in den Sinn. Jetzt war seine bessere Ehehälfte an allem schuld. Jetzt konnte sie auch sehen, wie sie mit den Drillingen fertig wurde. Ja, ganz sicher würden es Drillinge werden. Zwei Söhnchen kamen selten allein.

      Mit einem Ruck richtete er sich auf. Schließlich war er ein O’Flynn, und die waren hart im Nehmen und Austeilen.

      Daß über ihm ein riesiger Stalaktit von der Decke hing, konnte er nicht ahnen. Er hatte auch noch nie etwas von Stalaktiten oder Stalagmiten gehört.

      Jetzt schloß er erneut ihre Bekanntschaft.

      Ein gewaltiger Gong begann zu hallen, als wenn in Old O’Flynns malträtiertem Schädel eine riesige Glocke geschlagen würde. Ein spürbares Schwingen und Vibrieren pflanzte sich nach allen Seiten fort, und wieder klang es geisterhaft hohl von allen Ecken zurück.

      Diesmal war der Alte so benebelt und rammdösig, daß er nahe daran war, seinen Geist aufzugeben.

      Ein wilder, furchtbarer Schmerz durchzuckte seinen Schädel, und zum dritten Male brannte ein Feuerwerk vor ihm ab, das ihn bis ins Mark seiner Knochen erschütterte. Der heilige Bimbam selbst schien mit einem funkensprühenden Hammer zugeschlagen zu haben.

      Ächzend sank Old O’Flynn in die muldenähnliche Vertiefung zurück.

      Nein,

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