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war – laut Evarts– mehr wert als die ganze verdammte Gilde der Segelmacher in Plymouth, die zwar Segel zuschnitt und nähte, aber sich besser mit der Fabrikation von Bettsäcken beschäftigen solle. Also war er laut Evarts ein guter Mann.

      Warum denn diese Augen, in denen soviel Haß funkelte? Der Taubstumme begegnete dem eisblauen Blick des Seewolfes, drehte sich abrupt um und schlenderte auf die Backbordseite der „Marygold“ hinüber. Dort blieb er stehen und starrte über die See – ein einsamer Mann, der von der Welt ausgeschlossen war und vielleicht deswegen Haß empfand.

      Hasard wollte ihm nachgehen und auf die Schulter klopfen, aber irgend etwas hielt ihn zurück. Vielleicht war es das drekkige Grinsen Gordon Browns, das ihn ansprang und zum zweiten Male stutzen ließ.

      Gordon Brown, schmuddelig, schmierig wie eh und je; hockte auf einer Stufe des Niedergangs, der zum Achterkastell hochführte, und spielte mit einem Stilett. Sein Grinsen zeigte die verwüsteten Zähne und entblößte wieder ein Gesicht, das Hasard zutiefst verabscheute.

      „Na, du großer Held?“ sagte Gordon Brown.

      „Na, du Wanze?“ sagte der Seewolf angewidert.

      „Der Kapitän hält große Stücke auf dich, wie?“

      „Mag sein“, erwiderte Hasard. „Was dagegen?“

      „Ich mag keine jungen Hüpfer“, sagte Gordon Brown und hob das Stilett.

      Nur Zehntelsekunden später flog es über das Schanzkleid und verschwand in der See. Hasard hatte kurz und hart zugetreten.

      Gordon Brown starrte auf seine leere Rechte, rieb sein Handgelenk mit der Linken und sah feige und dennoch mörderisch aus. Seine Stummelzähne verschwanden zwischen zusammengepreßten Lippen, als er zu Hasard hochstarrte.

      „Du Ratte“, sagte Hasard kalt, „vergiß nicht, daß du noch eine Rechnung zu begleichen hast.“

      Edwin Carberry, der Profoß, stampfte wie ein wütender Stier über das Deck und fuhr dazwischen.

      „Gordon Brown!“ fauchte er und hielt ihm die geballte Rechte unter die Nase. „Du bist zwar gut, um mit der Neunschwänzigen Dresche zu verteilen, aber wenn du meinst, hier an Bord der „Marygold“ gute Männer anstänkern zu müssen, dann schlag ich dir deine verdammten Stummelzähne in den Hals, und du hast morgen Verdauungsstörungen, ist das klar, wie, was?“

      „Scheiße“, sagte Gordon Brown.

      Und darauf zeigte der narbige Carberry, warum er zum Profoß auf der „Marygold“ aufgestiegen war. Seine Rechte krachte unter das Kinn Gordon Browns, lüftete den sitzenden Mann an und beförderte ihn im Überschlag rückwärts einen Yard höher auf das Deck des Achterkastells. Es war ein furchtbarer Hieb. Gordon Brown landete mit ausgespreizten Armen und Beinen wie eine plattgeschlagene Scholle auf dem Achterdeck. Dort blieb er still liegen.

      „Ha“ sagte Carberry zufrieden und rieb sich über die Handknöchel seiner Rechten, „das tut gut.“

      Über die Flasche mit dem Schottischen, die er vorsichtigerweise am Schanzkleid abgestellt hatte, war Burnaby bereits hergefallen. Und dann Smoky. Und Blacky hatte hinter dem breiten Kreuz von Carberry begeistert dessen Boxhieb – natürlich in die Luft – mitgeschlagen und sich um seine eigene Achse gedreht, weil seine Faust keinen Widerstand fand.

      So stand er keuchend, mit abgeschwungener Faust, vor Hasard und sagte: „Ist das schön!“

      „Was ist schön?“ fragte Hasard.

      „Alles“, sagte Blacky, „diese ganze Scheißseefahrt, die Dons, der alte Drake – und daß jemand Zunder kriegt, der nach Verwesung stinkt.“

      Nach Verwesung stank Gordon Brown zweifelsohne.

      Und dann soffen sie den Schottischen aus. Nicht nur Hasard und Burnaby, Blacky und Smoky. Carberry und die Männer der „Marygold“ tranken mit, weil vier von ihnen den „Don“ im Handstreich gekapert hatten.

      Dieser Don barg in seinen Frachträumen Truhen mit indianischem Schmuck, dessen Silber- und Goldwert das Schätzvermögen der Drake-Männer glatt überforderte. Der größte Teil davon würde in den Schatzkammern der königlichen „Lissy“ – Elisabeth I. von England – verschwinden. Den anderen Teil erhielten die Eigner der „Marygold“ und jenes Konsortium hoher Herren, deren vornehmste Aufgabe es war, als sogenannte „Privateers“ – private Unternehmer – jene kühnen Kaperzüge zu finanzieren und für Schiffe, Mannschaften, Ausrüstung und Bewaffnung zu sorgen. Das geschah natürlich mit geheimer Billigung Ihrer Majestät, der Königin, die indessen offiziell die Klagen des spanischen Botschafters über das räuberische Unwesen auf See jedesmal dahin abtat, daß die Schuldigen ganz bestimmt keine ihrer Untertanen seien—allenfalls Englisch sprechende Schotten, aber man werde die Verbrecher, wenn man ihrer habhaft werde, ganz bestimmt einer rechtmäßigen Bestrafung zuführen. Ausreden hatte die kluge „Lissy“ immer bei der Hand.

      Die spanische Galeone wurde als Prise von Kapitän John Thomas, einem Freund Francis Drakes, nach Plymouth gesegelt. Und mit ihm fuhren zehn Männer der „Marygold“ als Prisenmannschaft. Die Spanier blieben als Gefangene an Bord der Galeone. Nur ihr Captain blieb als persönlicher Gefangener Drakes an Bord der „Mary gold“.

      Die Galeone segelte eine Stunde später nordwärts. Die „Marygold“ stieß indessen nach Südwesten zu den Azoren vor.

      7.

      Zwei Tage später begannen merkwürdige Dinge an Bord der „Marygold“. Zunächst verschwand eines nachts ein Mann der Besatzung auf Nimmerwiedersehen. Er hatte seine Mitternachtswache noch angetreten, dann hatte ihn niemand mehr gesehen. Das ganze Schiff wurde durchsucht, aber der Mann blieb verschwunden.

      Vielleicht war er über Bord gegangen, eine andere Möglichkeit gab es nicht. Bei Tage auf Gegenkurs zu gehen und die See nach ihm abzusuchen, entsprach etwa der Suche nach der berühmten Nadel im Heuhaufen. Bei Nacht traf das erst recht zu.

      Mac Pellew, der Koch, unkte in seiner miesgrämigen Art was von geheimnisvollen Seeungeheuern, die nachts an Bord stiegen und brave Männer verspeisten.

      Worauf Carberry, der Profoß, ihn aufsuchte, er solle sich lieber darum kümmern, einen besseren Fraß zu kochen. Und überhaupt, was Mac da von geheimnisvollen Seeungeheuern schwafele, das sei hirnrissige Spinnerei, wie was?

      Am nächsten Tag schlurfte Mac Pellew mit Leichenbittermiene zum Achterkastell und meldete, er habe für die Kombüse Trinkwasser gebraucht und sei unten in der Vorpiek gewesen.

      „Na und?“ fuhr ihn der Profoß an.

      „Alle vier Fässer sind leer“, sagte Mac Pellew mit Grabesstimme. „Hier geht ein Geist um.“

      „Was denn – leer? Alle vier Fässer leer?“

      „Sag ich doch“, erwiderte Mac Pellew brummig.

      „Das ist doch gar nicht möglich“, sagte Carberry fassungslos. „Die saufen wir doch nicht mal in einem Monat leer.“

      „Sie sind aber leer, verdammich.“

      Der Profoß überquerte die Kuhl und stieg in die Vorpiek hinunter. Er öffnete den ersten, den zweiten, den dritten, den vierten Zapfhahn – nichts, kein Wasser, nicht mal ein Tröpfchen. Unsinnigerweise hämmerte er mit der Faust gegen die Fässer. Sie klangen hohl, also waren sie leer.

      Carberry fluchte wild und stieg wieder an Deck.

      In einem der Räume unter dem Achterkastell befanden sich zwei Reservefässer. Er kontrollierte sie. Sie waren voll. Er riegelte den Raum ab und sicherte ihn mit einem riesigen Schloß.

      Dann meldete er dem Kapitän, daß die vier Wasserfässer in der Vorpiek auf unerklärliche Weise entleert worden seien.

      „Meinen Sie, jemand habe die Zapfhähne absichtlich aufgedreht?“ fragte der Kapitän scharf.

      Carberry zuckte mit den Schultern.

      „Eins

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