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– ich bin zwar Stückmeister, Sir“, sagte Burnaby, „aber so ein Schuß ist doch verdammte Glückssache.“ Er holte tief Luft und spuckte es aus: „Der Seewolf ist besser als ich, Sir, das wollte ich damit sagen.“

      Die scharfen grauen Augen blitzten zu Hasard hinüber, der unbeteiligt über die See starrte und den Spanier beobachtete.

      „Killigrew!“

      „Sir?“

      „Trauen Sie sich einen solchen Schuß zu?“

      „Aye, aye, Sir. Ich schlage aber vor, nicht den Ruderkopf zu zerschießen, sondern etwa zwei Handbreit darüber zu halten.“

      „Darüber?“ Erstaunen spiegelte sich im Gesicht des Kapitäns.

      „Aye, Sir.“ Hasard grinste unverschämt. „Dann fällt der Rudergänger um, aber der Ruderkopf bleibt heil.“

      „Und die Pinne wird vom nächsten Rudergänger besetzt, wie?“

      „Nicht doch, Sir. Erst mal wird im Ruderhaus des Dons ein heilloses Durcheinander herrschen – Zeit genug, daß die ‚Marygold‘ von achtern aufläuft, wir längsseits gehen und entern. Das war doch Ihr Plan, oder?“

      „Exakt“, sagte der Kapitän. „Haben Sie diesen Trick bei Sir John gelernt?“

      „Bei wem sonst, Sir?“ Hasard hatte wieder sein unverschämtes Grinsen. „Das alte Rauhbein war in dieser Beziehung ein Genie.“

      Jetzt lächelte auch der Kapitän.

      „Gut, besetzen Sie vorn die Steuerbord-Serpentine. Ich werde den Don so ansteuern, daß wir hinter ihm im Kielwasser hochluven. Dann folgen wir ihm, und sie feuern bei etwa fünfzig bis sechzig Yards Entfernung. Dann gehen wir noch höher an den Wind und fallen von der Luvseite über ihn her. Alles klar?“

      „Aye, aye, Sir.“

      „Ausguck!“ rief der Kapitän zu Dan hoch.

      „Sir?“

      „Noch irgendwelche Segel in Sicht?“

      „Nichts, Sir.“

      „Den Don genau im Auge behalten. Alles melden, was er tut. Ist das klar?“

      „Aye, aye, Sir, alles melden, was er tut. Zur Zeit hält er stur Kurs.“

      Der Spanier lief über Steuerbordbug von Westen heran. Er segelte mit halbem Wind, der sich etwas gedreht hatte und jetzt aus der Nordrichtung wehte.

      Die „Marygold“ segelte fast platt vor dem Wind und rauschte von Norden mit voll geblähten Segeln wie ein wütender Schwan auf den Spanier zu.

      Der Stückmeister hatte – nach der Entscheidung des Kapitäns den Spanier zu entern – aus der Waffenkammer Handwaffen an die Entermannschaft verteilt: langklingige Entermesser, Kurzsäbel, Pistolen, Äxte, Dolche, dazu Enterhaken mit scharf und spitz gekrümmten ankerförmigen Eisenteilen, die an langen Tampen befestigt waren, sowie Hellebarden.

      Hasard hatte sich einen Kurzsäbel geschnappt, der gut in der Faust lag und zweiseitig geschliffen war. Die beiden Schneiden waren rasiermesserscharf. Dann hatte er die Steuerbordserpentine überprüft und gleichfalls die Waffe auf der Backbordseite. Man konnte nie wissen. Die Lunten waren klar, beide Serpentinen – Vorderlader – hatten ihre Pulverladung und davor im Rohr eine zweipfündige Eisenkugel.

      Smoky, der ehemalige Decksälteste, und Blacky, der seine Rechte bei der Auseinandersetzung mit dem Seewolf in das Querschottholz gehämmert hatte, waren bei ihm – und Barry Burnaby, der Stückmeister, der so aufgeregt war wie eine Jungfrau vor der Hochzeitsnacht.

      „Wenn du vorbeiballerst“, sagte er, „reißt mir der Alte den Kopf ab.“

      „Mir auch“, sagte Hasard gleichmütig und peilte dabei über das Geschützrohr. Dann zog er die Flasche mit dem Schottischen unter dem Hemd hervor, reichte sie Burnaby und grinste.

      Burnaby kriegte Stielaugen, langte zu und soff.

      „Blacky und Smoky auch“, sagte der Seewolf.

      Die Flasche wanderte wieder—wie vordem in der Kombüse—von Hand zu Hand.

      Die beiden Schiffe segelten inzwischen aufeinander zu – das heißt, die „Marygold“ lag auf einem Kurs, der den der spanischen Galeone fast schnitt.

      Hasard sagte: „Geit die Blinde auf, ich hab sonst kein Schußfeld.“

      Burnaby zögerte.

      „Aber …“ sagte er.

      „Aufgeien“ befahl Hasard kurz und scharf.

      Blacky, Smoky und der Stückmeister machten sich über die Geitaue her und holten die Blinde, das Segel unter dem Bugspriet hoch.

      Von achtern brüllte Ben Brighton: „Geit die Blinde auf!“

      Hasard grinste die anderen an.

      „Na bitte“, sagte er, „man muß immer um eine Idee schneller als die anderen sein – dann ist man vorn.“

      „Aye, aye, Sir“, sagte Burnaby mit Inbrunst und war weit davon entfernt, Hasard als einen Decksmann zu betrachten. Hier vorn, vor dem Bugkastell, hatte der Seewolf das Kommando.

      „Ist noch was in der Flasche drin?“ fragte Hasard.

      Smoky hatte sie und peilte den Pegel.

      „Glaube ja“, sagte er.

      „Sauf sie aus“, sagte Hasard und blickte ihn scharf an. „Wenn ich den Rudergänger weggeputzt habe, luvt der Kapitän an. Das heißt, daß wir hier auf der Back als erste den Don querab haben. Und was tun wir dann, Smoky?“

      „Wir springen ’rüber und räumen den Don von achtern auf.“

      „Exakt“, sagte Hasard, „und zwar springe ich als erster, und du, Smoky, jumpst sofort hinter mir her und hälst mit den Rükken frei. Barry und Blacky folgen – links und rechts von mir – und decken unsere Flanke.“

      „Und du?“ fragte Smoky atemlos.

      „Ich säble mich zu dem Kapitän durch und kitzle seinen Hals, damit er schön friedlich wird.“

      „Mann“, sagte Smoky, „dann entern nur wir vier den Don?“

      „Klar“, erwiderte der Seewolf, „wenn wir vier das Achterkastell im Griff haben, braucht der Kapitän nur noch die Leinen herüberzugeben und kann bequem an Bord steigen.“

      „Exakt“, sagte Smoky und leerte die Flasche. Mit weitem Schwung holte er aus, um sie in die See zu werfen.

      Hasard langte zu und griff nach der Flasche.

      „Nicht doch“, sagte er und zeigte sein Gebiß. „Die brauche ich noch.“ Er klemmte sie unter seinen Gurt.

      „O Mutter Maria“, sagte Burnaby, „wenn das nur gutgeht.“

      „Bist du ein Katholischer?“ fragte Hasard.

      „Ja.“

      „Barry“, sagte Hasard, „die Mutter Maria war bestimmt nicht die Stammesmutter der Dons, die waren zu der Zeit noch gar nicht auf der Zeitrechnung. Sie ist die Mutter aller Christen, also auch unsere. Laß sie aus dem Spiel, wenn wir zur See fahren. Hier sind wir Freie. Hier gibt’s keinen Weihrauch und fromme Sprüche. Hier sind wir alle gleich – ob Katholiken oder nicht. Hier regiert die See, und der Wind ist ihr Diener. Ist das klar?“

      „Aye, aye, Sir“, sagte der Stückmeister Barry Burnaby, der seit fünf Jahren bei Francis Drake fuhr und über zehn Jahre älter als der Seewolf war.

      „Na denn“, sagte Hasard und spähte voraus. „Ich glaube, in einer Viertelstunde können wir dem Don das Fürchten beibringen.“

      „Deck!“ schrie Donegal Daniel O’Flynn aufgeregt vom Hauptmars herunter. „Der Don luvt an und geht höher an den Wind!“

      Die

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