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länger als eine Woche in dem Bottich und war offenbar immer wieder benutzt worden.

      „Kipp bloß das Zeug über Bord“, sagte der Kutscher. „Ich glaube, wir brauchen mindestens zehn Bottiche Wasser, bis wir diesen Stall einigermaßen wieder sauber haben.“

      Bill hievte den schweren Bottich ein Stück hoch, dann ließ er ihn wieder sinken.

      „Das schaffe ich nicht allein“, sagte er. „Ich hole Stenmark und Blacky.“

      Der Kutscher hörte schon nicht mehr hin. Er war jetzt wieder in seinem Element. Für einen Augenblick hatte er ein ungutes Gefühl, daß er diesen Pet einfach aus seiner Kombüse hinausgeworfen hatte, aber dann sagte er sich, daß es auch zum Besten der französischen Mannschaft war. Alle an Bord hatten sich über den schlechten Fraß des schmierigen Mannes beschwert.

      Bill hörte Stimmen, als er die Kuhl betrat. Er vernahm das quäkende Organ des Koches, der auf ein paar andere Männer einredete. Er verstand kein Französisch, aber er wußte sofort, daß sich Pet über die demütigende Behandlung durch die Engländer beschwerte.

      Rufe der Empörung wurden laut. Einer der Männer, die sich am Großmast zusammengeschart hatten, entdeckte Bill, als dieser an ihnen vorbei zum Vorschiff wollte.

      Ein schriller Ruf wurde laut.

      Bill begriff, daß Pet den anderen erzählte, daß er dabeigewesen war, als man ihn aus seinem Reich hinausgeworfen hatte.

      Im Nu war Bill der Weg versperrt. Der Decksälteste baute sich vor ihm auf und sagte etwas auf Französisch.

      „Nix verstehen“, sagte Bill und wollte vorbei.

      Eine große Faust zuckte vor und kriegte Bill am Arm zu fassen. Er schrie auf. Der Griff war brutal.

      Der blonde Bootsmann trat vor.

      „Ihr verfluchtes Engländerpack!“ stieß er hervor. „Was bildet ihr euch eigentlich ein? Dies ist immer noch ein französisches Schiff. Wenn Pet auch ein miserabler Koch ist, so kocht er immerhin französisch. Meinst du, einer von uns hätte Lust, jeden Tag Hafermehlbrei, ausgelutschten Schinken und glitschige Pfannkuchen zu fressen?“

      „Der Kutscher ist ein ausgezeichneter Koch!“ rief Bill, dem das Hemd zu eng wurde. „Er kann auch französische Gerichte! Und er furzt wenigstens nicht in die Speisen!“

      Es nutzte alles nichts. Die Wut der Franzosen steigerte sich immer mehr. Für Bill war das Ganze unbegreiflich. Er konnte ja nichts von den Gesprächen zwischen Breton, Marteau und Marchais, dem Giftzwerg wissen, die inzwischen auch alle anderen aufgewiegelt hatten. Die Sache mit Pet hatte das Faß endgültig überlaufen lassen.

      Bill ließ sich geschickt sinken, trat Marteau vors Schienbein und huschte an dem Bootsmann vorbei, als der Decksälteste ihn jaulend losließ. Einem der Kerle rammte Bill den Kopf in den Leib, einem anderen wischte er mit einem Rundschlag einen Belegnagel aus der Faust.

      Dennoch hätten sie Bill zu fassen gekriegt und vielleicht sogar massakriert, wenn nicht plötzlich zwei große Schatten aufgetaucht wären, hinter denen Bill eine leichte Verschnaufpause einlegen konnte.

      Carberry hatte die Arme vor der Brust verschränkt. Die Muskelpakete an seinen Oberarmen schienen die Franzosen im ersten Moment zu schocken. Sie wichen zurück. Offensichtlich erwarteten sie, daß sich ihre beiden Stärksten, Marteau, der Hammer, und der Bretone um die muskelbepackten Engländer kümmern würden.

      Carberry grinste Ferris Tucker an, der neben ihm stand.

      „Die Schneckenfresser scheißen sich in die Hosen“, sagte er. „Im Märchenerzählen sind sie ganz großartig, aber wenn es zur Sache geht, ziehen sie immer sehr schnell den Schwanz ein.“

      Der Bretone, der genau verstanden hatte, was Carberry gesagt hatte, spuckte Gift und Galle.

      „Dein freches Maul muß man auch noch extra totschlagen, wenn du schon in der Hölle schmorst, Narbengesicht!“ stieß er wütend hervor. „Wir haben die Schnauze voll von euch Engländern. Die ‚Mercure‘ ist unser Schiff, auf dem Franzosen das Sagen haben und keine nachgemachten Normannen!“

      Carberry holte schon aus, aber Ferris Tucker hielt ihn zurück. Er warf einen kurzen Blick hinter sich, um sich zu vergewissern, daß alle Seewölfe vollzählig versammelt waren und keiner von ihnen in einen Hinterhalt geraten konnte.

      Stenmark und Jeff Bowie waren da, ebenso Bill, Luke Morgan und Blacky. Nur der Kutscher fehlte.

      Seitlich von den Seewölfen standen Jack Finnegan und Paddy Rogers, aber sie schoben sich nun näher an die Gruppe der Engländer heran und bekundeten damit, daß sie gewillt waren, sich auf ihre Seite zu stellen, sobald es hart auf hart ging.

      „Wo ist der Kutscher?“ fragte Ferris leise.

      „In der Kombüse“, flüsterte Bill zurück. „Wir haben diesen furzenden Schmierfinken dort rausgeschmissen, damit wir endlich mal was Vernünftiges zu essen kriegen.“

      Ferris Tucker blickte zu den Franzosen hinüber. Der schmierige Koch stand mitten unter ihnen. Offensichtlich dachte niemand daran, sich um den einen Engländer in der Kombüse zu kümmern.

      Aus den Augenwinkeln sah Ferris den Kapitän Pierre Delamotte an der Galerie zum Achterdeck stehen. Er schaute interessiert zur Kuhl hinunter, unternahm aber nichts, um die drohende Auseinandersetzung zu verhindern. Für einen Moment glaubte Ferris, sogar ein leichtes Grinsen auf seinem Gesicht zu entdecken.

      „Ihr seid nichts weiter als Schleimscheißer“, sagte Ferris Tucker zu den Franzosen. „Wenn ihr anständige Kerle wärt, müßtet ihr zugeben, daß jeder von uns besser ist als der stärkste Ochse von euch. Aber was soll man schon von Kerlen erwarten, die ihren Verstand in den Fäusten spazieren tragen …“

      Das war für den Bretonen zuviel. Er stieß einen Schrei aus und gab damit das Signal zum Angriff. Einer der Franzosen zauberte eine Pistole unter seinem Hemd hervor, aber bevor er abdrücken konnte, krachte ein Schuß auf dem Achterdeck.

      Alles erstarrte und blickte zum Achterdeck hinauf. Alain Duval, der Steuermann, stand an der Galerie und hielt eine Pistole in der rechten Hand, aus der noch Pulverdampf quoll. Vom Kapitän war nichts mehr zu sehen.

      „Der Kapitän hat sich zu einem Schläfchen hingelegt“, sagte Duval mit ruhiger Stimme. „Er möchte keinen Lärm an Deck. Außerdem haßt er es, wenn sich Männer mit Messern und Pistolen auseinandersetzen. Er wird jeden hart bestrafen, der einen anderen mit einer derartigen Waffe verwundet, verstanden?“ Er drehte sich um und verschwand.

      Die Männer auf der Kuhl sahen sich grinsend an. Pistolen und Messer polterten auf die Planken. Noch bevor das Klappern des letzten Messers auf den Planken verklungen war, holte der Bretone zu einem fürchterlichen Rundschlag aus, der Ferris Tucker von den Beinen holen sollte.

      Ferris war nur eine Idee schneller. Er ging seinerseits zum Angriff über. So wirbelte die Faust des Bretonen hinter Ferris’ Schultern nur Luft auf, während der Bootsmann ein paar harte Brocken zu schlucken kriegte.

      Da der Steuermann Lärm verboten hatte, vollzog sich die Auseinandersetzung, die die Machtverhältnisse an Bord der „Mercure“ ein für allemal klären sollte, in völliger Lautlosigkeit. Manch einer konnte einen Schmerzensschrei nicht ganz unterdrücken mußte sich dafür aber vorwurfsvolle Blicke der anderen gefallen lassen.

      Carberry und Ferris Tucker kristallisierten sich als Mittelpunkt dieses mittleren Gemetzels heraus. Fast alle sechzehn Franzosen hatten sich zugleich auf die beiden gestürzt.

      Ed war in seinem Element. Marteau, der wie ein Baum auf der Stelle stand und seine beiden Hämmer wirbeln ließ, traf öfter seine eigenen Leute als den verhaßten Gegner. Immer, wenn er einen Heumacher in den Wind gejagt hatte, spürte er die kräftigen Fäuste Carberrys, die vielleicht nicht ganz so groß waren wie die Marteaus, aber ebenso hart zuschlagen konnten.

      Die anderen Seewölfe hätten eigentlich in aller Ruhe zuschauen können, bis Carberry und Ferris Tucker mit den anderen aufgeräumt hätten, aber das gefiel ihnen nicht.

      Jeff

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