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große Höhen vor. Sie waren nicht vorbereitet auf die Auswirkungen der akuten Hypoxie. Glaisher gibt in seinem Buch „Travels in the Air“ eine packende Beschreibung seiner Erlebnisse während einer Fahrt im Jahre 1862. Nachdem Glaisher bewusstlos im Korb zusammengebrochen war, sah sich sein Begleiter Coxwell gezwungen, den Ballon durch das Lüften von Wasserstoff herunterzubringen. Aber Coxwell hatte die Kontrolle über seine Hände verloren, woraufhin er die Schnur, mit der das Ventil bedient wurde, mit seinen Zähnen ergriff. Mit zwei bis drei Kopfbewegungen gelang es ihm, das Ventil zu öffnen. Nachdem der Ballon sicher gelandet war, verspürten die beiden Pioniere rasch keine Beeinträchtigungen mehr, so dass sie in der Lage waren, die mehr als zehn Kilometer bis zum nächsten Dorf zu Fuß zurückzulegen.

      2.6.2 Anatomie und Hirngefäße

      Das zentrale Nervensystem wird in drei große funktionale Abschnitte unterteilt. Das Rückenmark hält die Verbindungen des Gehirns mit den Organen und Muskeln aufrecht. An das Rückenmark schließt sich der Hirnstamm an. Er umfasst das Rhomb-, Met- und das Mesenzephalon (Mittelhirn). Das Vorderhirn, der funktional höchstrangige Gehirnteil, umfasst die Strukturen des Telenzephalon (Neokortex, Riechkolben, Basalganglien und limbisches System) und die Hirnregion des Dienzephalon (Thalamus, Hypothalamus, Epithalamus und Epiphyse).

      Die Hirngefäße haben die Aufgabe, eine Blutversorgung des Gehirns in Ruhe und bei körperlicher und psychischer bzw. mentaler Belastung sicherzustellen. Im Schädelinneren vereinigen sich die beiden Vertebralarterien zu der Arteria basilaris, die Hirnstamm, Kleinhirn und die hinteren Abschnitte des Großhirns versorgt. Vertebralis und Basilaris bilden mit ihren Ästen den vertebrobasilären (hinteren) Hirnkreislauf. Die Arteria carotis interna gibt im Schädelinneren als wichtige Hauptäste die A. cerebri media und die A. cerebri anterior ab. Diese beiden Gefäße versorgen die überwiegenden Anteile des Großhirns und bilden mit ihren Ästen den vorderen Hirnkreislauf.

      An der Schädelbasis existiert eine kreisförmige Verbindung zwischen den Gefäßen des vorderen und hinteren Hirnkreislaufes, des Circulus arteriosus Willisi. Diese kreisförmige Verbindung soll als anatomisch angelegter Umgehungskreislauf eine Blutversorgung der beiden Hirnhälften dahingehend absichern, dass einer Hemisphäre im Falle einer Mangeldurchblutung Blut von der anderen Hirnhälfte zur Verfügung gestellt werden kann.

      2.6.3 Hypobare Hypoxie

      Mit zunehmender Höhe sinkt der Atmosphären- oder Barometerdruck (PB). Höhenexposition geht mit einer Abnahme des Sauerstoffpartialdrucks pO2 der Atemluft, des alveolären Blutes palvO2 und des arteriellen Blutes partO2 einher. Die Folgen sind Hypoxämie und Hyperkapnie. Höhenexpositionen über der Schwellenhöhe von 2500 m Seehöhe bewirken aufgrund des daraus resultierenden Sauerstoffmangels im Gewebe einen Zustand von Hypoxie. Hypobare Hypoxie gilt als starker Stressor und führt einerseits zu einer zerebralen Gefäßdilatation sowie andererseits zu einem Anstieg der Gehirndurchblutung. Dem wirkt eine aus einer hypoxischen Hypokapnie resultierende Gefäßkonstriktion entgegen. Die Sauerstoffabgabe an das ZNS ist somit das Resultat einer Balance zwischen Vasodilatation und Vasokonstriktion, wobei die zerebrale Gefäßdilatation üblicherweise überwiegt.

      Hinweis. Zur Abschätzung der Gewebeoxygenierung kann die pulsoxymetrische Bestimmung der arteriellen Sauerstoffsättigung (SaO2) herangezogen werden. Diese korreliert mit der Ausprägung der Höhenleistungsfähigkeit bzw. der Höhensymptomatik im Sinne der Acute Mountain Sickness (AMS).

      2.6.4 Zentrales Nervensystem

      Die zerebrale Reaktion auf den verringerten Sauerstoffpartialdruck des arteriellen Blutes partO2 ist eine Steigerung der Durchblutungsgeschwindigkeit. Zusätzlich kommt es, im Zusammenspiel mit einer Permeabilitätsveränderung der Blutgefäße, initial während der Phase der subakuten Hypoxie zu einer lokal begrenzten Gehirnschwellung im Met- und Dienzephalon, die sich bei zunehmender Hypoxie über weite Teile des Gehirns ausweitet. Nach magnetresonanztomografischen Befunden (MRT) betrifft diese Schwellung ausschließlich die weiße Substanz (Substantia medullaris der Faserverbindungen wie das Corpus callosum). Die Schlüsselrolle spielt dabei die endotheliale Blut-Hirn-Schranke, die unter Hypoxämie undicht wird.

      Bei schweren Hypoxien durch Herz- oder Atemstillstand kommt es in der Folge vor allem zu einem Zellverlust im Hippocampus, Corpus amygdaloideum und im anterioren Thalamus sowie zu neuropsychologischen Beeinträchtigungen der mnestischen Leistungen. Bei meist unauffälligem CT-Befund ergibt die Positronen-Emissions-Tomografie (PET) Hinweise auf Stoffwechselstörungen im mediobasalen (mesialen) Temporallappen. Auch transiente amnestische Episoden nach Schleudertraumen oder Migräneanfällen mit retrograden Gedächtnisstörungen stehen in Verbindung mit einer verminderten regionalen Hirnversorgung der mediobasalen Temporallappen. Als häufigste Ursache werden flüchtige Ischämien im Versorgungsgebiet der A. vertebrobasilaris gefunden.

      In EEG-Untersuchungen zeigt sich unter Hypoxie – als Folge der Gehirnschwellung – eine signifikante Zunahme der langsamen Aktivität im Bereich der Delta-Power- (0,5–3 Hz) und weniger ausgeprägt der Theta-Power- (4–7,5 Hz) sowie eine Abnahme der Alpha-Aktivität (7,5–13 Hz, vor allem im Bereich der 7,5- bis 10,5-Hz-Frequenzen). Außerdem findet sich im EEG eine Abnahme der langsamen Beta-Aktivität (13–16 Hz) wie auch eine Zunahme der Beta-Power in den Frequenzen 20–25 und 30–35 Hz, was insgesamt auf Veränderungen der Vigilanz und des Arousals deutet.

      2.6.5 Funktionelle Asymmetrie

      Es gibt physiologische und anatomische Unterschiede zwischen den Hemisphären. Die rechte Hirnhälfte (RH) ist gewöhnlich ein wenig größer und schwerer als die linke Hemisphäre (LH) und hat mehr weiße Substanz als die LH. Zudem weisen die Temporallappen eine ausgeprägte Asymmetrie auf. Diese Asymmetrie des Temporallappens entspricht der funktionellen Asymmetrie des dienzephalen Thalamus. Die Valenzhypothese stellt fest, dass die LH dominant für positive und die RH dominant für negativ getönte Emotionen, Empfindungen und Körperzustände ist. Dies gilt sowohl für die Wahrnehmung, als auch für den Ausdruck. Dabei betrifft die Überlegenheit der RH eher basale Aspekte wie die autonomen Reaktionen (z. B. Blutdruck) auf emotionale Stimuli und Stressoren.

      Untersuchungen von Otto et al. (in Chandramouli et al. 1993) belegen eindeutig die Aktivierung der RH durch aversive Bedingungen wie Depression oder Schmerzen. Patienten mit rechtshirnigen Läsionen tolerieren Schmerzen länger als Kontrollpersonen im Vergleich mit linkshirnig geschädigten Patienten. Der rechte Thalamus wird durch negative Erlebnisse intensiver aktiviert als der linke Thalamus. Die Amygdala, eine limbische Struktur im anterioren Teil des Temporallappens und das Zentrum der „angeborenen“ affektiven Funktionen, zeigt eine vergleichbare Asymmetrie. Stressfaktoren führen durchwegs zu einer deutlich stärkeren Aktivierung (Überreaktion) der rechten Amygdala.

      Hypoxie gilt als starker Stressor. Im Rahmen von „Projekt Silberpyramide“ wurde überprüft, ob sich das EEG unter Hypoxie als prädiktiver Marker für das Auftreten von AMS eignet. Mit jeweils 24 Elektroden, angeordnet nach dem internationalen „10–20“-System, untersuchten Feddersen et al. (2007) 32 Personen auf 3450 m und 5050 m Höhe. Diejenigen (n = 12), die auf 5050 m Symptome der AMS entwickelten, reagierten unter subakut hypoxischen Bedingungen in 3450 m mit einem signifikanten Anstieg der Delta-Aktivität (T4-Elektrode) in der rechtstemporalen Region, während bei den anderen Personen (non-AMS) eine Abnahme der rechtstemporalen Delta-Aktivität im Powerspektrum verzeichnet wurde. Zusätzlich kam es bei den AMS-anfälligen Personen zu einem signifikanten Anstieg des Blutflusses in der rechten A. cerebri medialis von 51 cm/s in Baselinehöhe (100 m) auf 58 cm/s in 3450 m und 71 cm/s in 5050 m Meereshöhe. Die linksseitigen Flusswerte stiegen nicht an. Eine Quantifizierung der regionalen Sauerstoffsättigung (rSO2) mittels transkranieller Nahinfrarotspektroskopie zeigte neben der zu erwartenden generellen Reduktion der zerebralen Sättigung eine Umkehrung des unter Normoxie bestehenden „LH>RH“-Musters: Unter Hypoxie wurde initial eine höhere Sauerstoffsättigung in den Gefäßen der rechten Hemisphäre gemessen. Nachdem sich die Personen an die Höhe angepasst hatten – meistens nach 24 bis 48 Stunden – normalisierte sich das Muster wieder und die LH zeigte die bessere Sauerstoffsättigung.

      2.6.6 Vegetatives Nervensystem

      Hypoxämie bewirkt eine sympathoadrenerge Tonussteigerung bzw. Steigerung der Pars sympathica des vegetativen Nervensystems (VNS).

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