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(paO2) ist nicht linear (O2-Dissoziationskurve). Das bringt in Bezug auf akute Hypoxieeinwirkung den Vorteil, dass beispielsweise auf einen 50%igen Abfall des paO2 in 5500 m Höhe nicht gleich ein 50%iger Abfall der Sauerstoffsättigung des Hämoglobins folgt oder dass eine akut krankheitsbedingte Verminderung des paO2 beispielsweise im Rahmen eines Höhenlungenödems nicht zwangsläufig zu einer lebensbedrohlichen Sauerstoffentsättigung führt (s. Abb. 2.6). Als bedeutsame Einflussfaktoren auf die Beziehung von paO2 und SaO2 gelten bekannterweise die H+-Ionenkonzentration (pH-Wert), die Körpertemperatur, der paCO2 und der 2,3-DPG-Gehalt der Erythrozyten, wobei eine Rechtsverschiebung der Sauerstoffdissoziationskurve durch eine Erhöhung, eine Linksverschiebung durch einen Abfall obiger Parameter hervorgerufen wird.

      Die initiale Höhenalkalose führt zu einer Linksverschiebung der Sauerstoffbindungskurve. Bereits nach einem wenige Stunden dauernden Höhenaufenthalt erfolgt eine Rechtsverschiebung der O2-Bindungskurve und Abnahme der O2-Affinität, wobei vor allem das erythrozytäre Glykolyseprodukt 2,3-Diphosphoglyzerat (2,3-DPG) eine maßgebende Rolle spielt. Durch Bindung vor allem an reduziertes Hämoglobin vermag 2,3-DPG die O2-Affinität im Bereiche der alveolokapillären Diffusionsstrecke herabzusetzen. Dabei verbessert sich die Abgabefähigkeit des Hämoglobins für O2 in den peripheren Geweben.

      2.4.2 Respiratorische Veränderung im Laufe der Akklimatisation

      Im Rahmen eines längeren Höhenaufenthaltes bildet sich die initiale Stresssituation zeitabhängig zurück, das heißt auch, dass sich die Atemsowie Herz-Kreislauf-Funktion auf einem deutlich niedrigeren Niveau einpendeln und sich die Alkalose durch verstärkte renale Bikarbonatausscheidung und tubuläre Rückresorption von H+-Ionen rückläufig verhält. Die Sauerstoffversorgung wird im Vergleich zur Ankunft in der Höhe im Verlauf von 2–3 Wochen auch durch eine Zunahme der Erythrozytenmasse erhöht. Damit verbessert sich auch die physische Leistungsfähigkeit, abzüglich des 10%igen Höhenleistungsverlusts (VO2max) pro 1000 Höhenmeter. In etwa dem gleichen Zeitraum tritt eine Verschiebung der HVR ein („ventilatorische Akklimatisation“). Diese führt zu einer Verbesserung der Sauerstoffsättigung um bis zu 10 %. Als ein weiteres erkennbares Zeichen der Akklimatisation gilt ein verbesserter Nachtschlaf sowie die Abnahme nächtlicher periodischer Atemmuster (Cheyne-Stokes-Respiration/CSR: kurze zentrale Apnoen < 10 sec sowie Hypopnoen), verbunden mit einer verbesserten Sauerstoffsättigung des Hämoglobins.

      Abb. 2.10: Fingerpulsoximetrie zur perkutanen Messung der Sauerstoffsättigung (SaO2) und des peripher-arteriellen Pulses (Foto: W. Domej)

      Heute ist es relativ leicht, die Sauerstoffsättigung transkutan zu messen und dabei den Akklimatisationseffekt nachzuvollziehen (Abb. 2.10).

      Hinweis. Die nichtlineare Beziehung zwischen paO2 und SaO2 bildet die Grundlage, dass sich der Mensch akut in großen und extremen Höhen aufhalten kann. Mit zunehmendem Akklimatisationsgrad wird die respiratorische Alkalose durch die Niere (erhöhte Bikarbonatausscheidung) kompensiert. Die initial nach links verschobene Sauerstoffdissoziationskurve im Rahmen der Sofortreaktion bewegt sich durch die Erhöhung des 2,3-DPG in den Erythrozyten nach rechts. Die Sauerstoffsättigung (SaO2) nimmt mit zunehmender Höhe und Belastung ab.

      Weiterführende Literatur

      Smith CA, Dempsey JA, Hornbein TF: Control of breathing at altitude: In: Hornbein T, Schöne R (eds.): High altitude. New York: Marcel Dekker, 2001, pp. 139–173.

      2.5 Ernährung und Verdauung in großen und extremen Höhen

       A. Morrison

      2.5.1 Gastrointestinale Funktion

      Da jegliche Nahrung zunächst einmal den Mund passieren muss, sollte man daran denken, dass rechtzeitig vor Aufbruch zu einer Bergtour oder Expedition eine zahnärztliche Überprüfung durchgeführt und alle suspekten Befunde ausreichend behandelt wurden. Das sollte alle temperaturempfindlichen Zähne sowie das Zahnfleisch einschließen.

      Zu achten ist auch darauf, dass alle Vorerkrankungen, die in irgendeiner Weise mit dem Verdauungstrakt in Verbindung stehen, wie beispielsweise chronisch entzündliche Darmerkrankungen (z. B. Morbus Crohn), sich in einem absolut stabilen Stadium befinden. In akuten Krankheitsphasen sollte man keinesfalls in große Höhe gehen, erst recht nicht auf Trekkingtouren oder Expeditionen.

      Oberhalb von etwa 3000 m werden die Gase des Magen-Darm-Trakts durch den verminderten äußeren Luftdruck spürbar expandieren (sog. Dysbarie). Man wird sich gebläht fühlen und eventuell satt oder appetitlos. Es ist daher sinnvoll, blähende Speisen wie Bohnen oder eine sehr faserreiche Ernährung für zwei Tage vor dem Aufstieg über 3000 m Höhe zu vermeiden. Dies werden auch die Bergkameraden, mit denen man das Zelt teilt, zu schätzen wissen. Trockennahrung sollte immer ausreichend „eingeweicht“ werden, bevor sie gegessen wird, damit sie nicht Flüssigkeit aus dem Verdauungstrakt aufsaugt und so eventuell schmerzhafte Bauchkrämpfe verursacht.

      Das Risiko, als Reisender in Entwicklungsländern eine Reisediarrhoe zu erleiden, liegt abhängig von der Region zwischen 20 und 80 %. Eine gute Nahrungsmittelhygiene vermindert dieses Risiko zwar, doch auch wenn man seine Hände regelmäßig wäscht, bevor man irgendwelche Nahrungsmittel berührt oder isst, muss außerdem darauf geachtet werden, dass diese Regel auch von denen befolgt wird, die den Reisenden die Nahrung zubereiten.

      Einige Gedanken zum Magen-Darm-Trakt: Würde man seine Oberfläche flach ausbreiten, so würde sie etwa die Fläche eines Tennisplatzes einnehmen. Diese Oberfläche wird sowohl von nützlichen als auch von potenziell schädlichen Bakterien besiedelt, und das Verhältnis beider zueinander beeinflusst unmittelbar die Funktion des Magen-Darm-Traktes, und zwar in jeder Höhe. Im Idealfall überwiegen die nützlichen Keime und das Organsystem befindet sich in einem leistungsfähigen Gesundheitszustand. Man könnte auch sagen, dass die Oberfläche wie ein Golfplatz aussieht, mit dem grünen Gras als Symbol für die nützlichen Bakterien wie Bifidobacillus oder Lactobacillus und den Sandbunkern als Symbol für die Nester potenziell schädlicher Keime wie Escherichia coli (Abb. 2.11). Alle Bakterien können nebeneinander und ohne Probleme für den Menschen existieren, wenn Erstere in der weit überwiegenden Mehrzahl sind. Im Falle einer schweren Diarrhoe ist dann die Mehrzahl der Bakterien zerstört, was für jeden neu eindringenden Keim geradezu perfekte Lebensbedingungen bietet. Daher sollte man möglichst schnell reagieren, um weitere Gesundheitsbeeinträchtigung und möglicherweise zukünftig eintretende Nahrungsmittelintoleranz zu vermeiden. Es sollten Elektrolytlösungen getrunken werden, um den Flüssigkeitshaushalt im Gleichgewicht zu halten (Details hierzu im Kap. „Allgemeine und Trinkwasserhygiene“, insbesondere im Abschnitt „Reisedurchfall“) und – falls möglich – zusätzlich prä- oder probiotische Nahrung gegessen werden (z. B. Joghurt oder fermentierte Produkte).

      Abb. 2.11: Ein Golfplatz als Symbol für die Verhältnisse im Verdauungstrakt: Solange die nützlichen Keime (grüner Rasen) weitaus in der Überzahl und die potenziell schädlichen als lokale Nester (Sandbunker) in der Minderheit sind, ist der Platz gut bespielbar bzw. das Verdauungssystem intakt (Foto: A. Morrison)

      Jüngere Forschungsergebnisse mit probiotischer Nahrungsergänzung über 5 Tage vor und während der Expedition haben gezeigt, dass so die Reisediarrhoe entweder ganz verhindert oder in ihrem Ausmaß jedenfalls reduziert werden konnte. Dieser Effekt besteht auch bei extremen Umgebungsbedingungen. Ein Präbiotikum wirkt sozusagen wie Dünger für das Wachstum nützlicher Bakterien, während Probiotika konkret entsprechende Bakterienstämme enthalten. Wissenschaftlich gut untersuchte probiotische Kulturen, die effektiv das Wachstum und die Adhäsion potenziell schädlicher Keime an die Darmwand behindern, enthalten neben anderen Saccharomyces boulardii und Enterococcus faectum SF 68. Für beide ist belegt, dass sie auch einen durch Antibiotika verursachten Durchfall verhindern oder zumindest verkürzen.

      2.5.2 Leber und metabolische Funktion

      Das wohl wichtigste Schlagwort

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