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bewirkt insgesamt eine Leistungssteigerung des Organismus (Ergotropie). Er versetzt den Körper in hohe Leistungsbereitschaft und bereitet ihn auf Angriff oder Flucht oder andere außergewöhnliche Anstrengungen vor (Stressreaktion). Unter Hypoxie kommt es zu einem Anstieg der Herzfrequenz, des Blutdrucks, des systemischen Gefäßwiderstandes, der Sensitivität der Barorezeptoren und der Ventilation sowie zu einer Reduktion der Herzfrequenzvariabilität. Die hypoxiegetriggerte Sympathikusaktivierung induziert (multiple) somatische Beschwerden wie Kurzatmigkeit und Atemnot, Schwächegefühle, Schwindel, Herzklopfen, Benommenheit, Kopfschmerzen und zeigt dabei große Ähnlichkeit mit dem Hyperventilationssyndrom, einer über den Bedarf gesteigerten Lungenbelüftung, die mit einer Abnahme des Kohlenstoffdioxid-Partialdruckes (CO2) und einem pH-Anstieg (respiratorische Alkalose) im Blut einhergeht.

      Zu den häufigsten vegetativen Reaktionen bei Hypoxie gehört ein Anstieg des systolischen Blutdrucks, während der diastolische Blutdruck unverändert bleibt. Systolischer Blutdruckanstieg korreliert positiv mit einer Aktivierung der RH. Elektrische Stimulierung von verschiedenen Kortexarealen bei Primaten führt 1–2 sec nach Stimulierung des anterioren Temporallappens, insbesondere des Temporalpols, zur größten Veränderung im Blutdruck. Dieses Resultat legt nahe, dass sich die beiden Hirnhälften in ihrer Fähigkeit, den Blutdruck zu steuern, unterscheiden. Die rechte Hemisphäre spielt eine größere Rolle bei der Wahrnehmung und Regulierung von Aktivität im autonomen, vegetativen Nervensystem und scheint spezialisiert zu sein für die Verarbeitung von afferenter Information aus dem kardiovaskulären System. Die funktionelle Asymmetrie geht dahin, dass die RH primär zu Arousal im VNS (Blutdruckanstieg) führt, die LH dagegen eher eine inhibitorische Funktion (Blutdrucksenkung durch Aktivierung des Parasympathikus) ausübt.

      2.6.7 Individuelle AMS-Anfälligkeit

      Die zerebrale Antwort auf Hypoxämie besteht aus einer Aktivierung im Sinne einer Überreaktion der RH und hat eine vegetative bzw. neurosomatische Symptomatik zur Folge. In der Höhe ist uns diese Symptomatik als Acute Mountain Sickness (AMS) oder Bergkrankheit bekannt. Menschen unterscheiden sich in ihrer Vulnerabilität für den Stressor Hypoxie, die individuelle AMS-Anfälligkeit ist nicht ausschließlich physiologischer Natur. Neuropsychologische Faktoren, die sich auf die emotionale, affektive Struktur einer Person beziehen, spielen eine große, wenn nicht dominante Rolle bei der Entstehung von AMS. An erster Stelle steht die sog. Angstveranlagung oder „Ängstlichkeit als Eigenschaft“ (engl.: „trait anxiety“ oder TA). Menschen mit einem ausgeprägten TA-Faktor reagieren früher und insgesamt intensiver auf den Stressor Hypoxie als Personen mit geringer Angstveranlagung. Je größer der individuelle TA-Faktor, umso stärker fällt die AMS-Symptomatik bei Höhenaufenthalten bis ca. 6000 m aus. Der zentrale „AMS-Mechanismus“ umfasst neben dem anterioren Temporallappen die tiefen, limbischen Strukturen des Thalamus, des Corpus amygdaloideum (Amygdala, Mandelkern) und des Hippokampus.

      2.6.8 Kognitive und psychomotorische Leistung

      Die durch die Hypoxämie-Hypoxie provozierte Gehirnschwellung kann sich zum einen in mentalen Leistungseinbußen, zum anderen in Störungen des Antriebs und der Affektivität äußern. Das Hirnorganische Psychosyndrom (HOPS) beschreibt die psychische Symptomatik (Tabelle 2.8). Ab einem gewissen Schweregrad können Desorientiertheit in Bezug auf Zeit, Person und Ort, Störungen der Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit, der Konzentration, Urteilsschwäche, allgemeine Verlangsamung der Denkprozesse, erschwerte Auffassung oder eine Bewusstseinstrübung beobachtet werden.

      Tabelle 2.8: Symptomatik des HOPS (modifiziert nach Böther)

Psychische EinbußenWesensveränderung
KonzentrationsminderungAffektlabilität
MerkfähigkeitsschwächeDysphorie
Wortfindungsschwierigkeitennachlassende emotionale und affektive
SchlafrhythmusstörungBelastbarkeit
schnelle Ermüdbarkeitaffektive Starre
VitalverlustVerstimmung
Desorientiertheitcharakterliche Vergröberung
VerwirrtheitVerlust ethischer Normen

      Fallbeispiel. Litch und Bishop (1999) berichten über ein amnestisches Syndrom bei zwei Bergsteigern in Höhen von ca. 4000 m. Die Betroffenen wissen noch verschiedene autobiografische Details wie ihren Namen, ihr Alter oder vielleicht ihre Telefonnummer, aber sie können nicht sagen, wo sie sich gerade aufhalten, was sie vor 2 Stunden gegessen oder was sie in den letzten 24 Stunden erlebt haben. Das episodische Kurzzeitgedächtnis ist wegen lokaler Gehirnschwellung vorübergehend gestört, es kommt zu einer anterograden amnestischen Episode, die in tieferen Lagen rasch abklingt. Andere neuropsychologische Defizite können ein amnestisches Syndrom begleiten.

      Zur Objektivierung der Leistungsminderung können kognitive und psychomotorische Leistungstests herangezogen werden, die thymopsychischen Parameter lassen sich mittels standardisierten psychiatrischen Skalen und Fragebögen erfassen.

      2.6.9 Mittlere bis große Höhen (≤ 4000 m)

      Eine wichtige Frage ist die nach der niedrigsten Höhe, in der aufgrund von subakuten hypoxischen Bedingungen geringfügige Veränderungen der neuropsychologischen Funktionen gemessen werden können. In einer Literaturübersicht über die Periode 1950–1963 stellt Tune (1964) fest, dass es allgemein akzeptiert ist, dass die psychomotorische Leistung in einer Höhe bis 3000 m nicht beeinträchtigt ist. Auch Green und Morgan (1985) fanden in einer Druckkammerstudie, in der 30 Probanden innerhalb von 3–5 min auf eine simulierte Höhe von 3050 m geführt wurden, keine Leistungseinbußen in einer logischen Denkaufgabe. Die Ergebnisse einer eigenen Feldstudie in 3050 m am Piz Buin (Waanders u. Riedmann 1994) lassen ebenfalls den vorläufigen Schluss zu, dass – trotz Absinken der arteriellen Sauerstoffsättigung auf ca. 90 % – bei gesunden Personen sowohl kognitive als auch psychomotorische Prozesse in einer Höhe von gut 3000 m nicht beeinträchtigt sind. Eine Sättigung des Hämoglobins im arteriellen Blut von ca. 90 % entspricht dabei einer Reduktion des Sauerstoffpartialdrucks der Atemluft von 25 % und scheint die Grenze zum subakuten HOPS zu markieren.

      Auch präsentieren sich in Höhen von gut 3000 m nur äußerst selten die schwereren Formen der Bergkrankheit. Laut Hochstrasser et al. (1986) entwickelt ca. einer von viertausend Bergsteigern, die in 3000 m übernachten, ein Höhenlungenödem (HAPE) und/oder ein Höhenhirnödem (HACE), während die Inzidenz eines Höhenhirnödems in 4559 m bei ca. 1 pro 600 Nächtigungen bedeutend höher liegt. Gewöhnlich kommt es am 4. oder 5. Tag der Höhenexposition zur lebensbedrohlichen Ödemsymptomatik. Aufgrund dieser Zahlen dürfen wir schließen, dass ein Aufenthalt in 3000 m relativ sicher ist, vor allem während den ersten 24 bis 48 Stunden.

      Die Auswirkung von Höhen zwischen 3000 und 4000 m auf Noo- und Thymopsyche wurden eher selten untersucht. Diese Höhen scheinen in Bezug auf Hypoxie und AMS eine sog. Grauzone bzw. einen Übergangsbereich darzustellen. In einer der wenigen Studien kommen Paul und Fraser (1994) zum Schluss, dass die Fähigkeit, neue Aufgaben zu lernen, bis in einer (simulierten) Höhe von 3658 m nicht beeinträchtigt ist. Nähern wir uns jedoch der „magischen“ 4000-Meter-Grenze, so wird die Wahrscheinlichkeit, dass sich neuropsychologische Defizite mittels psychometrischer Testverfahren nachweisen lassen, immer größer.

      2.6.10 Große Höhen (4000–5500 m)

      In einer simulierten Höhe von 4500 m fand Cahoon (1972), dass die Effizienz in einer Kartensortieraufgabe während der ersten 3 Stunden reduziert war und sich anschließend verbesserte. In einer anderen Unterdruckkammerstudie wurde ein schnelles Aufsteigen auf 4300 m simuliert. Crowley et al. (1992) fanden, dass kognitive Leistungen und die Stimmung während der ersten 8 Stunden am meisten beeinträchtigt waren und sich anschließend wieder besserten. Bergsteiger, die während der ersten 6 Stunden ihres Aufenthaltes in 4559 m getestet wurden, zeigten im Vergleich zu Versuchspersonen, die nach 7 oder mehr Stunden Aufenthalt untersucht wurden, signifikant schwächere Werte im Syndromkurztest und im Stäbchentest.

      In einer anderen Studie in einer Höhe von 4559 m wurde beobachtet, dass Personen mit beginnenden Symptomen der AMS auch Veränderungen in der Stimmung und im kognitiven

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