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war. Das Antwortsignal erfolgte auf der Stelle, nur der Sichtschirm blieb grau. Zardioc atmete auf.

      »Hallo, Leanda. Was ist mit dem Bild los?« erklang die gewohnte helle Stimme.

      »Hier ist Zardioc. Wir haben ebenfalls einen Bildausfall.«

      »Ha, wie sollen wir das verkraften, auf Leandas hübsches Gesicht verzichten zu müssen?«

      »Dummer Schwätzer,« knurrte Leanda aus ihrer Ecke.

      »Ich brauche nur eine Auskunft, Theobald. Unsere Verbindung zu Goldentor ist abgebrochen. Habt ihr noch Kontakt zu der Stadt?«

      »Das ist ja nicht zu glauben! Jetzt fang du nicht auch noch mit dieser Geschichte an. Leanda hat mir schon die Ohren vollgejammert mit ihren Funkproblemen. Wir haben jedenfalls keine Schwierigkeiten, weder mit Goldentor, noch mit dem Schweren Lager oder Woltan. Ich sage euch, es liegt an eurer Anlage. Das alte Ding ist defekt. Lasst jemand von den Bastlern kommen, der kann sie euch wieder zusammenflicken.«

      Zardioc war überrascht von dem rüden Ton, den Theobald anschlug. Er kannte den Obmann als einen eher unterkühlt wirkenden Mann.

      »Das heißt, du nimmst die Sache nach wie vor nicht ernst?« Leanda hatte dem Kartenmagier das Mikrofon aus der Hand genommen.

      »Genau das heißt es. Lass die Anlage reparieren, dann sprechen wir uns wieder.«

      Damit beendete der Obmann das Gespräch.

      Das ist reine Verstocktheit,« regte sich Zardioc auf. »Wie kann er einfach über unsere Argumente hinweggehen?«

      »Seitdem ich ihm davon erzählt habe, verhält er sich so abweisend, und er ist kein Einzelfall. Es ist ihm nicht zu verübeln, dass er skeptisch ist. Er glaubt, ich weigere mich zuzugeben, dass meine Funkanlage defekt ist, obwohl ich ihm versichert habe, dass alles doppelt durchgecheckt wurde und ich keine Störungsquelle gefunden habe. Seine Starrköpfigkeit ist seltsam. Er ist einfach nicht bereit, eine andere Möglichkeit in Betracht zu ziehen.«

      »Hast du auch mit anderen darüber gesprochen?«

      »Natürlich. Aber ich stieß überall auf ähnliche Reaktionen.«

      »Aber was beweist das?« überlegte Zardioc laut. »Ich werde einen letzten Versuch mit Sheita machen.«

      »Sie wird dir nichts anderes sagen.«

      »Trotzdem.«

      Der Kartenmagier blieb hartnäckig. Sheita stellte für ihn eine Autorität dar. Die derzeitige Vorsitzende des Kommunikationsrates der matrilinen Dorfgemeinschaften übte eine eigenartige Faszination auf ihn aus mit ihrem selbstsicheren Auftreten.

      Der Kontakt kam sofort zustande, doch wiederum ohne Bildverbindung. Es dauerte eine Weile, bis Sheita aufgetrieben werden konnte. Zardioc bedauerte schon sein übereiltes Vorhaben und machte sich auf eine Abfuhr gefasst. Er wurde nicht enttäuscht. Nachdem er ihr gegenüber sein Anliegen wiederholt hatte, reagierte sie schroff und unzugänglich.

      »Du gehst mir auf die Nerven, Zardioc. Ich habe schon dreimal mit Leanda über diese Sache gesprochen, und ich habe ihr immer wieder erklärt, dass wir keine Probleme haben. Ich habe gerade jetzt Wichtigeres zu tun und möchte nichts mehr davon hören.«

      »Aber ... «

      »Unterbrich mich nicht, ich war noch nicht fertig! Ich schätze Leanda und habe die Angelegenheit gestern im Rat eingebracht. Es hat sich eine Interessentin gefunden, die sich der Sache annehmen will. Ich gebe euch jetzt Firlin, dann könnt ihr mit ihr alles weitere besprechen.«

      »Das ist eine neue Entwicklung.«

      Leandas Neugier war geweckt. Ihre Resignation war wie weggeblasen und ihre gewohnte Zielstrebigkeit brach wieder durch. Zardioc übergab ihr das Mikrofon und beglückwünschte sich im Nachhinein zu seinem Einfall.

      Kurz darauf meldete sich eine dunkle, weiche Frauenstimme.

      »Hier spricht Firlin. Ich bedaure, dass die Bildleitung gestört ist, aber passt das nicht zu den Auffälligkeiten, die du festgestellt hast? Sheita hat davon berichtet, und ich denke, es muss etwas daran sein, wenn du dich deswegen so bemühst. Ich halte dich nicht für jemanden, die wegen Nebensächlichkeiten den Äther unsicher macht. Also habe ich darüber nachgedacht und kann vielleicht einige Puzzlestücke dazu beitragen.«

      »Von welchem Puzzle sprichst du?«

      Leanda war die Spannung in der Stimme anzuhören.

      »Ich möchte nicht gern über Funk darüber Auskunft geben. Es ist merkwürdig genug, dass bei euch immer mehr Funkverbindungen ausfallen, und ich traue dieser Art Kommunikation nicht mehr.«

      »Gut, dann schlage ich vor, du kommst hierher. So kannst du dich gleich an Ort und Stelle überzeugen.«

      »Nein, das dauert zu lange. Es ist besser, wenn wir uns auf halber Strecke treffen können.«

      Leanda zögerte einen Moment.

      »Das ist nicht so einfach. Ich kann hier nicht weg ... doch warte ..., ich werde Zardioc schicken.«

      »Was?« Der Kartenmagier stieß sich vor Überraschung den Kopf an der niedrigen Decke. »Da habe ich wohl auch noch ein Wort mitzureden.«

      »Dann rede!« forderte ihn Leanda auf.

      »Also ich ... das müsste ich mir erst überlegen.«

      »Es ist nicht viel Zeit zum Überlegen. Traust du deinen eigenen Karten nicht?«

      Ein Dutzend Gedanken schossen Zardioc gleichzeitig durch den Kopf. Konnte er so einfach fortgegen? Was war mit seiner Ausbildung, dem Zorn der Gilde ... und nicht zuletzt mit Arnia? Außerdem hatte er sich noch nie weiter als einige Kilometer von Farewell entfernt. Er würde auf fremde Menschen treffen, Menschen, die nicht in Familien, Sippen und Gilden lebten, deren Verhaltensweisen er nicht verstand, die ihm Angst einflößten ...

      Er merkte, dass er sich verrannte, dass er begann Ausflüchte zu suchen, die eine positive Entscheidung verhinderten. Und war es nicht auch eine Chance? Eine Möglichkeit, dem eintönigen Dahinleben in Farewell zu entfliehen? Ein Abenteuer, das ihn aus dem Alltag riss, ihn etwas erleben ließ? Eine verborgene Saite klang in ihm an, eine neugierige Spannung, die er nie zuvor gespürt hatte ... Und natürlich würde es gefährlich werden. Die Karten, die abgerissenen Funkverbindungen und die Andeutungen Firlins ließen keinen Zweifel daran. Aber die Gefahr würde ihn auch in Farewell einholen, das stand ebenfalls fest.

      »Gut, ich werde gehen.«

      Seine Worte klangen nicht so entschlossen, wie er es beabsichtigt hatte. Er bemerkte das Lächeln auf Leandas Lippen und das Aufblitzen ihrer Augen. Plötzlich hatte er das Gefühl, als wäre eine Last von ihm abgefallen, als wäre er von einem Druck befreit. Da erst war er sich der Richtigkeit seiner Entscheidung sicher. Innerlich hatte er sich wohl schon längst von dem einschnürenden Leben in Farewell entfernt, es hatte nur der Auslöser gefehlt. Wahrscheinlich hätte er es sonst niemals geschafft, sich von den alten Bindungen zu befreien.

      Firlin zeigte sich ebenfalls erfreut darüber, dass die Idee in die Tat umgesetzt werden konnte, und kündigte an, falls sie nicht selbst kommen könnte, einen Stellvertreter zu schicken. Es wurden Zeit und Treffpunkt verabredet, dann erfolgten die nötigen Vorbereitungen.

      Es war nicht viel, was Zardioc zusammenpackte, aber er tat es in aller Heimlichkeit. Er hatte weder Zeit noch Lust, sich auf lange Auseinandersetzungen in der Sippe einzulassen, er konnte sich das Geschrei um die Hirngespinste einer Ausgestoßenen lebhaft vorstellen. Sie würden ihn beschwören, nicht alles hinzuwerfen, was er sich in Jahren erarbeitet hatte, eine Karriere in der Magier-Gilde würde ihn zu einem angesehenen Mann machen.

      Er schlich sich aber auch nicht heimlich davon, verabschiedete sich mit wenigen Worten von seiner fassungslosen Familie und stellte sich dann dem harten Wortgefecht mit den Gilde-Meistern. Sie redeten endlos von Prinzipien und Gehorsam, Gesetzen und Disziplin, bis er es aufgab, seine Argumente zu verteidigen, da ihm doch niemand zuhörte. Es wurde ihm deutlich gemacht, dass er noch während seiner Abwesenheit aus

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