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Schottland angetan hat.“

      „Wenn er nicht bis dahin schon Fuß aufs Land gesetzt hat!“, bemerkte Ascanio pessimistisch.

      „Gott stehe uns bei, dass er das nicht getan hat. Wir würden unser Gesicht vor den Chinook verlieren, wenn sie eine Schlachterei miterleben müssten! Der Morgentanz wird zum Totentanz verwandelt!“

      Wir hatten die Basis schnell erreicht, und noch nie waren die Wachen so dankbar, uns endlich zu sehen.

      „Sprich, Gernot!“

      „Sie sind keine zwei Meilen von hier an Land! Geschätzte sechzig bis siebzig Mann!“

      „Verdammt!“, fluchte ich wütend. „Habt Ihr einen Spähtrupp dorthin geschickt?“

      „Natürlich, mein Admiral. Wir müssen sie im Wald überraschen. Oder hier abwarten, bis sie ankommen, und sie dann aus dem Hinterhalt angreifen.“

      „Dazu darf es nicht kommen. Wir müssen sie im Wald vernichten. Die Leichen dann auf den Kahn und in der See versenken. Es dürfen keine Spuren hinterlassen werden, habe ich mich klar genug ausgedrückt?“

      „Natürlich, mein Admiral!“

      „Also los, zu den Waffen. Dies ist eine freie Jagd. Keine Gefangenen außer ihrem Führer, und wenn es geht, so leise wie möglich!“

      Wir begaben uns in den Wald und nahmen Bogen und Armbrust mit. Wie die Wölfe verteilten wir uns innerhalb des Forstes und rannten dem Feind entgegen. Wir hörten sie auch schon, obwohl sie sich wie Füchse anschlichen. Dann hörte ich die ersten Armbrustbolzen zischen und zwei oder drei Körper dumpf zu Boden fallen. Dann die ersten Schwerter, die aufeinanderprallten, und wieder dieser dumpfe Todesfall eines zum Teufel geschickten Kriegers, der hoffentlich einer von ihnen war.

      Und plötzlich sah ich ihn, diesen rothaarigen Riesen. Als er mich erblickte, ließ er einen Schrei los, der durch Mark und Knochen ging, und rannte auf mich zu. Beide hatten wir die Schwerter gezogen und wir prallten mit voller Wucht aufeinander. Stahl auf Stahl, bis die Funken sprangen. Fliegende Bolzen und Pfeile, vermischt mit dem Eisen, das Funken sprühte, der Tod war hier allgegenwärtig. Die Nordmänner dachten, sie hätten leichtes Spiel, da sie an der Überzahl waren. Doch unsere Waffen machten dieses Verhältnis wett und die ersten flüchteten in den Wald und rannten um ihr Leben.

      „Lasst sie nicht entkommen. In Gottes Namen, lasst sie nicht entkommen!“, schrie ich, während ich mit Erik kämpfte und seinen stinkenden Heringsatem spüren musste jedes Mal, wenn er das Maul aufmachte und schrie. Gernot, François und andere rannten in den Wald und jagten den fliehenden Nordmännern hinterer. Genauso Rauk, Sven, Thiere, Enar und Lars. Sie jagten sie wie Schakale durch den dichten, dunklen Busch und man konnte die Rennenden atmen hören. Sie rannten einen sinnlosen Lauf, denn der Befehl war klar: keine Gefangenen außer ihrem Anführer. Rauk war der Erste, der einen niederstreckte, und er rannte weiter, sobald er sein Schwert aus den Rippen des Getöteten gezogen hatte.

      Der ganze Wald war wie von Geistern besessen. Hyänenhaft näherte sich François einem armen Teufel und rammte ihm im Lauf seinen Dolch in den Hals. Dieser fiel gurgelnd zu Boden, doch die Jagd war nicht zu Ende. Sträucher und Busch hielten Jäger und Gejagte nicht auf, und Blut tränkte diesen friedvollen Boden und verdarb ihn bis zu den tiefsten Wurzeln, die sich einst nur vom Wasser nährten. Satan hatte sich hier nun eingenistet und den Frieden dieses Landes entweiht. Mutter Erde weinte in dieser Nacht, denn ein Gewitter zog auf und es regnete so stark, dass man vor Nässe nichts mehr sehen konnte.

      Doch das Morden ging weiter. Dann aber fiel plötzlich einer von uns und wurde niedergestreckt. Sven war im vollen Lauf in ein Schwert hineingerannt, das er nicht kommen sah. Weit waren seine Augen aufgerissen, als der den brennenden Schmerz spürte. Dabei spielte es keine Rolle, dass Enar seinen Mörder daraufhin niederstreckte. Sven würde nun nach Walhalla reisen und mit Thor aus dem goldenen Horn trinken.

      „Sven, Sven …!“, rief Enar. Doch Sven war tot, und so ließ er den Körper des jungen Sven zu Boden gleiten und rannte weiter, bis der Letzte dieser Tunichtgute getötet war. Der Regen nahm zu und Blitze schlugen ein, als ob Gott uns seinen Zorn vermitteln wollte. Doch was hätte ich tun sollen? Diese Barbaren hätten ebenso die Chinook auf dem Gewissen, hätten wir nicht eingegriffen. Und wer meinte, wir würden nicht von ihnen, den Chinooks, beobachtet, der sollte sich einen naiven Narren nennen. Die Todesschreie und das Rennen der Fliehenden hatten jeden geweckt und jeder hatte es gesehen. Doch nicht jeder floh, denn es wurde auch gekämpft. Inzwischen erreichte der Kampf die Basis, und das Verhältnis schlug um. Bis in die Morgenstunden ging der Kampf, doch es war keine Übung mehr. Kein Morgentanz. Es war, wie befürchtet, ein Todestanz.

      Übrig blieben Erik und zwei seiner Anhänger. Die anderen wurden getötet. Kein Flehen und kein Wimmern halfen, denn auch sie hatten kein Erbarmen gezeigt, als sie unschuldige, unbewaffnete Mönche massakrierten damals im Norden Britanniens.

      Die Leichen der Feinde wurden wie befohlen auf die Magdalena geladen. Unsere Toten wurden in der Basis aufgebahrt, bis wir Zeit genug hatten, sie zu begraben, nachdem wir diese Schweine bearbeitet hatten.

      „Wie viele Tote auf unserer Seite, Gernot?“

      „Zwölf, mein Admiral!“

      „Allmächtiger …!“ Da war ich wieder. Eine Leere umgab mich wie jedes Mal, wenn ich Männer, meine Männer, in den Tod geführt hatte. Ich versank in tiefer Trauer und meine Gedanken schwirrten richtungs- und bedeutungslos in den Raum.

      „Stelle eine Liste auf, Gernot. Lass dir von François helfen und dann bring sie mir!“

      „François, mein Admiral, kann mir nicht mehr helfen. Er ist unter den Gefallenen!“

      „Ich verstehe!“, nickte ich entsetzt. Wir hatten fast die Hälfte der Männer verloren. Was sollte ich noch hier. Mit 23 Mann waren wir zu wenige, um uns zu halten. Doch ich musste mich fassen. Jetzt würde zunächst Gericht gehalten.

      „Bringt mir die Anführer und Rauk sowie die anderen!“

      „Zu Befehl, mein Admiral!“

      Als auf dem Hof der Basis alle versammelt waren, schaute ich mich um. Ich war dem Allmächtigen dankbar, dass Cortez, Ascanio, Ralf de Saddeleye und auch Richard Cornwall blutverschmiert in der Menge standen. Ich bemerkte, dass Sven und auch Thiere fehlten. Ein großer Verlust für uns und die freundlichen Nordmänner aus Island, die hier als Templer gefallen waren.

      „Ich halte Gericht über diese drei Gefangene, deren Namen ich nicht einmal in den Mund nehmen werde!“

      Rauk übersetzte es in die Landessprache der Feinde.

      „Dabei werden sie nicht für die heutige Tat verurteilt, nein, denn dies war eine Schlacht gegen verfeindete Krieger. Wäre der Grund für unsere Feindschaft nicht so gravierend, so würde ich Gnade vor Recht ergehen und sie wieder ziehen lassen. Jedoch ist diese Feindschaft schon vor Jahren entstanden, als in Schottland ein Kloster überfallen und dessen Mönche auf grausamste Weise gehäutet und geblendet wurden, man ihnen ihre Lungen aus dem Rücken herausholte und wie Engelsflügel zur Schau stellte und sie einem sehr langsamen Tod überließ. Menschen, die sich nicht wehren konnten und nur einem dienten: Jesus Christus. Einen Mönch jedoch habt ihr übersehen. Er berichtete uns von euren Taten und beschrieb mir sehr wohl die Gestalt des Führers dieser mordenden Bande. Ich habe damals geschworen, euch so lange zu jagen, bis ich euch finden und ich mich für die toten Mönche rächen konnte, obwohl ich mir sicher sein durfte, dass sie euch in ihrer unendlichen Liebe vergeben hatten. Nun, ihr habt uns den Weg erspart und seid stattdessen zu uns gekommen. So hört mein Urteil. Ihr werdet an Bord der Magdalena an den Masten gehängt so lange, bis euer letzter Atemzug aus euren Körpern entfleucht ist und eure verrotteten Seelen dem Teufel übergeben sind zusammen mit den anderen eurer mordenden Brut, die wir im Wald getötet haben. Sie werden euch in die Hölle folgen. Dieses Urteil ist endgültig und wird sofort ausgeführt. Rauk, übersetze es bitte!“

      Rauk verbeugte sich und übersetzte meinen Wortlaut. Als er fertig war, schrie dieser Erik lachend und sprach ebenso in der isländischen Sprache. Dabei bemerkte ich, wie Rauks Gesicht sich färbte und wie Tränen

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